Assassin's Creed II (Ubisoft/Ubisoft Montreal) ist für PlayStation 3 und Xbox 360 erschienen. Im März 2010 folgt eine Fassung für PC.

Foto: Ubisoft
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2007 überzeugte "Asssassin's Creed" mit einer spektakulären Inszenierung und mit cleveren Ideen. Doch als Spiel wirkte die Mischung aus Historie, Free-Roaming und Schleichspiel noch etwas unausgegoren. Zu monoton waren die Herausforderungen an den Spieler. Mit der Rückkehr des mysteriösen Attentäters soll nicht nur alles größer werden, sondern auch viel frisches Blut für Auflockerung sorgen.

Back to the past

Miles Desmond wird abermals dazu genötigt, über die Wundermaschine Animus (diesmal 2.0) in den Körper eines seiner Vorfahren zu schlüpfen. Der Rahmenhandlung nach liegt es an einem in die Vergangenheit zu reisen, um den in der Gegenwart zu gefährlich gewordenen "Templern" einen Strick durch die Rechnung zu machen.

Ende des 15. Jahrhunderts wird man im schmucken Florenz also als Ezio Auditore da Firenze, Banker-Sohn und enger Vertrauter der Familie Medici wiedergeboren. Der Lebewohl wird rasch mit seiner wahren Bestimmung vertraut gemacht. Der Vater und die Söhne werden Opfer einer weit gestrickten Intrige und öffentlich hingerichtet. In die Kluft seines Vaters geschlüpft und mit Dolchen und akrobatischen Fähigkeiten bewaffnet, schwört man als Ezio Rache und den Rest seiner Familie zu schützen, während man als Miles dem Lauf der Dinge folgt und hofft, die Geschichte neu schreiben zu können.

Kunstvoll

Es dauert nicht lange, bis man auf der Suche nach den Übeltätern über die Dächer springend, das famose Handwerk der Schöpfer erkennt. Fiktion und Historie wurden nahtlos zusammengeschweißt. Die Renaissance erstrahlt in ihrem besten Licht. Historische Monumente werden zum Spielplatz und tragischen Schauplatz zugleich. Auf der Ponte Vecchio in Florenz kommt es zum ersten lehrreichen Gemenge mit den verfeindeten Pazzi, während es einen später noch ins ländliche San Gimignano und ins Karneval treibende Venedig verschlägt. Kathedralen, Paläste und Brücken wurden penibel genau nachgezeichnet und in einem Minimundus der Renaissance eingebettet. Wer schon einmal selbst die Schauplätze besucht hat, wird sie im Spiel wiedererkennen. Im Detail mag AC II nicht ganz mit  grafischen Vorzeigewerken wie "Uncharted 2" mithalten können - insbesondere die Gesichtsanimationen enttäuschen - besticht dafür mit gigantischer Weitläufigkeit. Praktisch jede Turmspitze kann erklommen werden.

Tod auf leisen Sohlen

Die beeindruckende Kulisse ist natürlich nur Mittel zum Zweck. In rund 100 Missionen des Haupthandlungsstranges und weiteren 100 Nebenmissionen erfährt man die Hintergründe zur Schicksalstat und lernt seine Fähigkeiten punktgenau einzusetzen. Trägt man zunächst lediglich Briefe aus, um seine Beinarbeit zu verfeinern, nutzt man die Wendigkeit später, um Wachen und Zielpersonen aus allen Himmelsrichtungen zu überraschen und auf flinken Sohlen Patrouillen zu entwischen. Die Steuerung ermöglicht mit wenig Aufwand die waghalsigsten Stunts, obgleich sie zur Übersensibilität neigt. Da kann es schon passieren, dass man aus Übermut eine Tür hochklettert, anstatt sie zu öffnen.

Die Akrobatik dient insbesondere der stillen Ermordung jeglicher Feinde. Mit korrupten Politiker und ihren Handlangern wird kurzer Prozess gemacht. Zur Waffe wird alles, was einem in die Hände kommt. Wachen stößt man von Häuserdächern oder rammt ihnen eine Klinge in den Hals. Wer kein Blut sehen kann, sollte lieber wegschauen, denn die Schaffer haben die Folgen von Nahkämpfen mit Dolch, Schwert und Axt penibel genau dokumentiert. Ein Kontersystem fördert schmerzhaft anzusehende Tötungsanimationen zu Tage. Der eigentliche Reiz des Spiels ist es jedoch, so wenig Blut wie möglich zu vergießen. Dann brilliert das Konzept des Attentäters. Die Konfrontationen mit mehreren Feinden gleichzeitig werden wie bereits beim ersten Teil zu eher zähen Angelegenheit.

Mehr Leben, mehr Kniffe

Der einstigen Eintönigkeit wurde mit Variation begegnet. Vom Diebstahl bis zum Auftragsmord gibt es mit 14 bis 16 unterschiedlichen Missionstypen nun dreimal so viel zu erleben, wie es mit Altair der Fall war. Dazu bei tragen zahlreiche neue Interaktionsmöglichkeiten. Etwa kann man nun Schwimmen und seine Mitmenschen besser einbinden. Beispielsweise lassen sich Prostituierte und Taschendiebe bestechen, um Soldaten abzulenken und jede Gruppe an Passanten dient dazu unterzutauchen. Neben den Monumenten treiben die vielen historischen Persönlichkeiten die Illusion an die Spitze. So lernt man den geschäftigen "Leonardo DaVinci" kennen und dessen Erfindungen schätzen. Wann kann man sonst von sich behaupten, dass eines der bedeutendsten Genies aller Zeiten sein persönlicher Q ist. Die berühmte Flugmaschine DaVincis wird auf diese Weise Realität, genauso wie unzählige weitere nützliche Gadgets. Utensilien, Rüstungen und Waffen lassen sich hingegen in gewöhnlichen Shops kaufen. Rauchbomben vernebeln die Sicht der Feinde und der Morgenstern lässt in ihren Köpfen die Glocken läuten.

Wanted

Auf seiner Reise durch die Toskana - sei es nun hoch zu Ross oder per Schiff - und in den Städten sollte man versuchen, seinen Kopf unten zu halten. Daher gilt es sich mit der Umgebung vertraut zu machen und Fluchtwege zu studieren. Sorgt man für Wirbel, werden Fahndungsplakate ausgehängt und Suchtrupps ausgeschickt. Hier helfen Verstecke in Heuhaufen oder die Bestechung von Stadträten. Plakate mit dem eigenen Gesicht drauf werden am besten heruntergerissen. Als Hort der Ruhe und Rückzugspunkt dient die Familien-Villa in San Gimignano.

Zwischen Futurismus und Historie

Vielleicht ist es Geschmackssache, doch was für manche Spieler die Illusion, tatsächlich in die Vergangenheit eingetaucht zu sein, zerstören wird, ist das omnipräsente futuristische Interface. Um Miles und Ezios Verbundenheit zu visualisieren, geizen die historischen Schauplätze nicht mit High-Tech-Effekten. Zielpersonen werden mit einem leuchtenden Halo umrandet, ein Radar hilft bei der Wegfindung und ständig funkelt irgendwo der digitale Raster durch die geschichtsträchtigen Mauern hervor. Das sieht im Einzelfall zwar sehr schick aus, nimmt einem in der Masse leider irgendwo die Fantasie.

Allerdings ist die Technik auch hilfreich. Über den Animus bekommt man Tipps von seinen Gehilfen in der Gegenwart und in einem Archiv kann man Informationen zu bekannten Bauwerken und Persönlichkeiten abrufen.

Fazit

Assassin's Creed II ist ein monumentales Werk. Die Kulisse, die Persönlichkeiten und die Geschichte sprechen für sich selbst. Die dahinter stehenden Entwickler gehören zu den ganz wenigen Branchenvertretern, die sich tatsächlich den Kopf über eine interessante Handlung zerbrochen haben. Die spielerischen Schwächen des ersten Kapitels versuchten sie mit Quantität und Variation zu begegnen und erzielten damit wenigsten Teilerfolge. Ezios Italien ist mit seinen Straßenkünstlern, Shops, Gadgets und abwechslungsreichen Reisezielen weit unterhaltsamer als Altairs Jerusalem. Allerdings werden sich manche Action-orientiere Spieler nach wie vor am Kampfsystem stoßen, das stets am schmalen Grat zwischen zähen Massenkeilereien und spannenden Auftragsmorden wandert.

Wer vorerst einmal in die Geschichte von Assassin's Creed II hereinschnuppern möchte, kann dies auch ohne Spiel tun. Zum Start hat Herausgeber Ubisoft unter dem Titel "Assassin's Creed: Lineage" die Vorgeschichte als Film veröffentlicht. Das Werk kann kostenlos auf dem Videoportal Youtube betrachtet werden.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 22.11.2009)