Melbourne/Graz - Um dem Stimmungstief entgegenzuwirken, das sich bei Müttern nach der Geburt eines Kindes oft einstellt, helfen Bewegung und Maßnahmen, die das Wohlbefinden fördern. Das berichten australische Forscher in der Zeitschrift "Physical Therapy". Sie untersuchten Frauen, die nach der Geburt unter Physiotherapeuten-Anleitung einen Kurs durchliefen, und verglichen die Ergebnisse bei einer Kontrollgruppe. Die Zahl der Wochenbettdepressionen betrug bei den Kursteilnehmerinnen nur die Hälfte.

Hormonumstellungen bei der Geburt

Die Zeit nach der Entbindung ist bei fast allen Frauen mit großen Stimmungsschwankungen verbunden. Diese auch als "Babyblues" bezeichneten Verstimmungen gehen auf Hormonumstellungen bei der Geburt zurück. Der überwiegende Teil der Frauen erholt sich nach der ersten Wochen wieder, während bei 10 bis 20 Prozent depressive Störungen auftreten, die bis zu einem Jahr andauern können. Als Anzeichen dafür gelten Schuldgefühle und fehlender Selbstwert, Desinteresse, Angst, Hoffnungs- und Antriebslosigkeit sowie innere Unruhe.

An der australischen Studie nahmen 161 werdende Mütter teil, die vor der Geburt ihres Kindes nicht an Depressionen gelitten hatten. Ein Teil davon erhielt acht Wochen lang Gymnastikübungen unter Anleitung eines Physiotherapeuten und dazu auch Elternkurse. Den restlichen Frauen gab man bloß Broschüren mit denselben Informationen in gedruckter Form. Auf Grundlage von psychologischen Skalen erhob man am Kursende nach acht Wochen sowie ein Monat später, wie sich das Wohlbefinden der Frauen entwickelte, welche depressiven Symptome auftraten und auch das Ausmaß der Bewegung.

Vorsorge stärkt in kritischer Zeit

"Wir konnten bei der Kursgruppe deutliche Verbesserungen im Wohlbefinden sowie auch in Sachen Depressionen gegenüber der Kontrollgruppe feststellen", berichtet Studienleiterin Emily Norman von der Universität Melbourne. Die Anzahl der Mütter, bei denen eine Intervention für postnatale Depression nötig war, sank um die Hälfte, und dieser positive Effekt hielt auch noch ein Monat nach Kursende an.

Bisher ist noch nicht ganz geklärt, was zu dieser seelischen Erkrankung führt. Häufiger betroffen sind Mütter, die schon in der Schwangerschaft depressiv waren, ein Zusammenhang dürfte es auch geben mit schlechtem sozialen Rückhalt, mangelnder Unterstützung durch das Umfeld, Geburtskomplikationen oder dem übertriebenen Wunsch, eine perfekte Mutter zu sein. Wenn auch der extremste Verlauf dieser Depression - die Entwicklung einer Psychose - äußerst selten ist, ist betroffenen Frauen unbedingt zu empfehlen, professionelle Hilfe zu suchen. Das Problem kann durch Gynäkologe, Hausarzt, Psychotherapeut oder Psychiater sehr gut behandelt werden.

Wenn die Mutter Hilfe sucht, kommt das nicht zuletzt auch dem Kind zugute. "Jede Beeinträchtigung der Emotionalität der Mutter hat Auswirkungen auf ihre Interaktion mit dem Kind. Diese ist in den ersten Lebensmonaten ganz besonders entscheidend für die weitere Entwicklung", erklärt Wolfgang Kaschnitz, Leiter der Ambulanz für Psychosomatik an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz. (pte)