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SETI-Radioteleskope suchen nach Signalen von Außerirdischen - bislang jedoch vergebens.

Foto: Reuters

Standard: Herr Davies, seit 50 Jahren sucht das Seti-Projekt nun nach intelligentem Leben auf anderen Planeten - bisher ohne Erfolg. Zeit, aufzugeben?

Davies: Im Gegenteil, wir sollten unsere Aktivitäten sogar ausdehnen. Natürlich gleicht das der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, und wir wissen nicht einmal, ob da überhaupt eine Nadel ist. Aber der Seti-Pionier Frank Drake hat einmal gesagt, dass Seti eigentlich eine Suche nach uns selbst ist, wer wir sind und wie wir in dieses Universum gehören. Das sind wichtige Fragen.

Standard: Angenommen, Seti entdeckt ein Signal von Außerirdischen. Was passiert dann?

Davies: Man muss zwei Szenarien unterscheiden. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass wir nicht eine Nachricht erhalten, sondern lediglich einen Beweis für außerirdische Technologie finden. Das Entscheidende ist, dass wir dann auf einen Punkt am anderen Ende der Galaxie deuten können und sagen: Wir sind uns zu 99 Prozent sicher, dass es dort intelligentes Leben gibt.

Standard: Das zweite Szenario?

Davies: Das wäre ein Signal mit einer Nachricht. Die müsste man erst einmal auswerten, was sehr schwierig sein könnte. Innerhalb von Stunden würde das aber sicher an die Öffentlichkeit gelangen. Dann wäre es unmöglich für die Forscher, in Ruhe zu arbeiten. Man bräuchte wohl Polizeiabsperrungen.

Standard: Wer sollte auf die Nachricht antworten?

Davies: Zunächst ist es entscheidend, dass nicht bekanntgegeben wird, wo genau die Botschaft herkam. Damit nicht jeder selbsternannte Sprecher der Menschheit eine Nachricht losschicken kann. Wir sollten uns gut überlegen, wer antwortet. Mein Gefühl ist, dass Wissenschafter die Entscheidungen treffen sollten, nicht Regierungen. Die interessieren sich zurzeit ja auch nicht für Seti.

Standard: Aber wir haben doch längst Nachrichten ins All geschickt, etwa mit der "Voyager"-Sonde 1977, die eine Datenplatte mit Fotos und Musik trägt.

Davies: Ich bin da sehr kritisch. Es handelt sich ja nicht nur um eine andere Kultur, sondern um eine völlig andere Spezies. Was können wir überhaupt senden, das sie verstehen? Das Einzige, dessen wir uns sicher sein können, sind Mathematik und Physik, weil die universell sind. Wenn diese Wesen mit Radio kommunizieren können, dann müssen sie auch einiges von Physik verstehen. Am besten wäre, sich zu überlegen, dass die Menschheit in zehn Jahren ausgelöscht wird und wir der Nachwelt hinterlassen wollen, worauf wir am stolzesten sind.

Standard: Beethovens neunte Symphonie? Shakespeares gesammelte Werke?

Davies: Natürlich, das sind tolle Dinge. Aber Musik und Kunst sind eng an die menschliche Wahrnehmung gebunden. Das wird anderen Spezies nichts sagen. (Kai Kupferschmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 29. 4. 2010)