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Grundlagenforscher und beliebte Medienikone: Anton Zeilinger.

Foto: APA/EPA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Anton Zeilinger wird am 13. Mai in Jerusalem mit einer der angesehensten Wissenschafts-Ehrungen, dem Wolf-Preis, ausgezeichnet. Der Wiener Experimentalphysiker, der am 20. Mai seinen 65. Geburtstag feiert, wird die Ehrung in der Knesset - dem israelischen Parlament - von Israels Staatspräsidenten Shimon Peres entgegennehmen. Zeilinger erhält den mit 100.000 Euro dotierten Preis für Physik gemeinsam mit Alain Aspect (Frankreich) und John Clauser (USA) für "grundlegende konzeptionelle und experimentelle Beiträge zu den Grundlagen der Quantenphysik", so die Begründung der Wolf Foundation.

Der Wolf-Preis wird für "Verdienste zum Wohle der Menschheit und freundschaftliche Beziehungen unter den Völkern" in den Fachbereichen Physik, Chemie, Medizin, Mathematik, Agrarwissenschaft und Kunst vergeben. Er gilt als eine der nach dem Nobelpreis bedeutendsten Auszeichnungen. Seit 1978 haben 45 Physiker diese Ehrung erhalten, darunter rund ein Dutzend spätere Nobelpreisträger. Zu den Wolf-Preisträgern für Physik zählen etwa Victor Weisskopf, Roger Penrose, Stephen Hawking, Benoit Mandelbrot oder Peter Higgs.

Anerkennung von "beiden Communities"

"Für mich ist das eine besondere Auszeichnung, eine der besten, die ich bekommen habe", sagt Zeilinge. Besonders freue ihn, dass er mit dem Wolf-Preis und dem saudi-arabischen "King Faisal Preis" (2005) nun Anerkennung von "beiden Communities" im Nahen Osten erhalten habe, "es gibt nicht viele Leute, die beide Preise haben". Es sei dies nicht nur eine Anerkennung für ihn persönlich, sondern für seine ganze Gruppe und auch für das Fachgebiet. Schließlich sei es das erste Mal, dass die Quanteninformation mit dem Wolf-Preis ausgezeichnet werde, betonte Zeilinger, der Professor für Experimentalphysik an der Universität Wien und einer der Direktoren des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist.

Clauser, Aspect und Zeilinger hätten "einen wesentlichen Beitrag zu den Grundlagen und unserem Verständnis der Quantenphysik geleistet, würdigte Zeilingers Innsbrucker Kollege Peter Zoller in einer Aussendung die Leistungen der drei Laureaten. Sie hätten "aufbauend auf den theoretischen Beiträgen von John Bell die in den 1930er-Jahren von Albert Einstein und anderen formulierten Paradoxa ins Labor gebracht und in Experimenten überprüfbar gemacht". Mit seinen Experimenten zur Teleportation und zur Quantenkryptografie habe Zeilinger dieses Gebiet auch noch weiter in Richtung Anwendung vorangetrieben, so Zoller.

-> Zeilingers Werdegang

Anton Zeilinger hat nach eigenem Bekunden "keine einzige Stunde eine Vorlesung zur Quantenphysik besucht" und musste sich sein Wissen darüber aus Büchern aneignen. Am 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis (OÖ) geboren, studierte er Physik und Mathematik an der Universität Wien und schrieb seine Doktorarbeit am Atominstitut bei Helmut Rauch, der als "Urvater der Quantenoptik in Österreich" gilt. Nach der Promotion (1971) arbeitete Zeilinger noch als Assistent bei Rauch, schon bald folgten aber Forschungsaufenthalte u.a. am Massachusetts Institute of Technologie (M.I.T.).

1990 kehrte er in seine Heimat zurück, als Ordinarius der Universität Innsbruck. Bei seiner Berufungsverhandlung setzte er sich erfolgreich für die Rückkehr von Peter Zoller auf den vakanten Innsbrucker Lehrstuhl für Theoretische Physik ein - womit das Fundament für den Erfolg der Quantenphysik in Österreich gelegt war.

Die neue Wirkungsstätte

1998 wechselte Zeilinger an das Institut für Experimentalphysik der Uni Wien. Seit 2004 ist er einer der wissenschaftlichen Direktoren des von ihm gemeinsam mit Physiker-Gruppen der Universität Innsbruck gegründeten Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Fachlich gilt Zeilinger unter Kennern vor allem als großer Experimentator, dem es in ausgefeilten Versuchen gelingt, neue Zusammenhänge aufzudecken und gängige Theorien zu bestätigen oder zu widerlegen, wobei er sich auch immer wieder an Grundfragen der Quantenphysik vorwagt. Grundlage für seinen Aufstieg waren seine sogenannten Teleportations-Experimente, die auf dem Phänomen der Verschränkung von Teilchen beruhen - was schon Albert Einstein als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnet hatte. Abseits der physikalischen Fachwelt wird Teleportation oft mit dem aus der Science Fiction bekannten Begriff "Beamen" verglichen und vielfach auch gleichgesetzt.

Grundlagen und Anwendung

Anton Zeilinger ist oft in den Medien vertreten - Publicitygier wurde ihm gerade in Zusammenhang mit den Teleportationsexperimenten immer wieder vorgeworfen, doch das scheint nie ein Beweggrund für seine Vermittlungsarbeit gewesen zu sein, für die er bereits 1996 zum "Wissenschafter des Jahres" gekürt wurde. Vielmehr ist es der Enthusiasmus für sein Fach, "er kann Begeisterung vermitteln, weil er selbst ein Begeisterter ist", wie Beobachter meinen.

Und wenn Zeilingers Arbeit auch Grundlagenforschung par excellence ist, so scheut er sich auch nicht vor dem Kontakt mit der Anwendung. So ist das IQOQI nicht zuletzt angetreten, die sogenannte Quantenkryptographie zur Anwendungsreife zu bringen. Auch am Quantencomputer bzw. dessen Grundlagen wird eifrig gearbeitet - auch wenn der Weg noch weit zu sein scheint.

Doch zu Zeilingers Eigenschaften zählt Hartnäckigkeit - und die macht sich bezahlt. Der Physiker, der sich nie gescheut hat, zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen, hat über Jahre hinweg konsequent die Idee verfolgt, eine Elite-Einrichtung in Österreich zu gründen, wo Spitzenwissenschaft möglich sein soll. Heute ist das Institute of Science and Technology (IST) Austria Realität, als dessen geistiger Vater Zeilinger gilt.

Auszeichnungen

Immer wieder wird Zeilinger als Nobelpreis-Kandidat gehandelt. Auch wenn ihm diese höchste Wissenschaftsauszeichnung bisher verwehrt geblieben ist, wurde der Physiker in den vergangenen Jahren mit Ehrungen geradezu überhäuft. Neben dem Israelischen Wolf-Preis, der ihm am 13. Mai verliehen wird, hat Zeilinger den saudiarabischen "King Faisal Preis" (2005) erhalten. 2007 zeichnete ihn das renommierte "Institute of Physics" (IOP) mit der neu geschaffenen "Isaac Newton Medaille" aus. 2001 erhielt er durch die Aufnahme in den Orden "Pour le Merite" die höchste Wissenschaftsauszeichnung Deutschlands. Im selben Jahr empfing er mit dem Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst die höchste Auszeichnung für Wissenschafter Österreichs. Und dass man jenseits der 60 nicht nur Ehrenbekundungen erhält, sondern auch für aktuelle Forschungsarbeit preiswürdig ist, zeigen der Descartes-Preis der Europäischen Kommission (2004) und eines "Advanced Grants" des European Research Council (2008) an Zeilinger.
 (APA/red)