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Diskussionsobjekt Luger-Denkmal: Darf der Vogelmist künftig leicht schräg übers Gesicht laufen?

Foto: APA/Schlager

Wien - Die Universität für angewandte Kunst will Statue samt Hauptsockel des Wiener Lueger-Denkmals um 3,5 Grad nach rechts kippen - gemäß dem Siegerprojekt des offenen Wettbewerbs, der im vergangenen Dezember von der Universität ausgerichtet wurde. Der 1982 geborene Wiener Klemens Wihlidal setzte sich gegen 220 weitere Einreichungen aus dem In- und Ausland durch. Das Kippen symbolisiere die Unsicherheit der Stadt im Umgang mit ihrem ehemaligen Bürgermeister Karl Lueger und zeige zugleich den aktuellen Stand der Diskussion. Schließlich befänden sich sowohl die Person Lueger als auch ihre Rezeption in einer Schieflage, so die Begründung der Jury für ihre Wahl.

Der Arbeitskreis des Wettbewerbes fordert nun die Umsetzung des Konzepts, weshalb man den Entwurf an die Stadt übergeben werde. Alle Entwürfe, darunter auch drei Ideen aus den USA und eine aus China, werden zugleich für eine Präsentation auf der Internetseite www.luegerplatz.com aufbereitet. Dem Gremium gehörten unter anderen Schriftsteller Doron Rabinovici, Künstlerin Lisl Ponger oder Aleida Assmann, Kulturwissenschaftlerin von der Universität Konstanz, an. Ziel des Wettbewerbes war die "Umgestaltung des Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus in Österreich".

Politik sperrt sich

Lueger (1844-1910), 1893 Gründer der Christlich-sozialen Partei, war von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister. In seine Amtszeit fallen zahlreiche kommunale Großprojekte, von denen die Stadt Wien noch heute nachhaltig profitiert. Die dunkle Seite seiner historischen Rolle: Seine erfolgreichen Wahlkämpfe bestritt Lueger mit einer massiven antisemitischen Rhetorik.

ÖVP-Kultursprecher Franz Ferdinand Wolf wandte sich nach Bekanntwerden des Siegerprojekts gegen einen "Denkmalsturz". Wenn man Denkmäler aus heutiger Perspektive beurteilte, wären viele betroffen: "So war etwa Goethe aus heutiger Sicht betrachtet, als Legationsrat des Erbprinzen Carl August Repräsentant eines totalitären, repressiven, autoritären und undemokratischen Systems." Man solle die bestehenden Denkmäler mit Erläuterungen versehen und sich im Falle Luegers mit dessen politisch instrumentalisiertem Antisemitismus auseinandersetzen.

Auch FPÖ-Mandatarin Veronika Matiasek trat gegen eine Umgestaltung auf. Zwar könne das Wirken Luegers durchaus kritisch hinterfragt werden, das 1926 errichtete, "kulturhistorisch bedeutsame" Denkmal dürfe jedoch nicht angetastet werden. Es sei schließlich "aus seiner Zeit heraus zu verstehen".

Bürgermeister Michael Häupl hatte im Dezember im Gemeinderat geäußert, dass er sich zwar eine "erklärende Auseinandersetzung" mit dem Denkmal etwa in Form einer Tafel vorstellen könne, eine Umgestaltung des Denkmals hingegen ablehne. (APA)