Ein Fußballklub von internationalem Format. Das war zu Beginn der 1970er Jahre das Ziel der Stadtväter von Den Haag. Der Traditionsverein ADO wurde zu einer Fusion mit dem Lokalrivalen Holland Sport gedrängt, die Bündelung der Kräfte sollte die Stadt, immerhin Sitz der niederländischen Regierung, zumindest im Fußball auf gleiche Augenhöhe mit Amsterdam, Rotterdam oder Eindhoven bringen. Als Karotte baumelte das Versprechen der Gemeinde "ordentlich Geld reingeben" zu wollen unwiderstehlich vor den Funktionären.

Der FC Den Haag kam in die Welt, der Name ADO verschwand (vorerst!) aus den Tabellen. Seit 1905 gab es den Verein, dem seine Gründer das lobenswerte Motto "Alles durch Übung" (Alles Door Oefening) voranstellten. Selbst der exakte Ort des Geschehens ist in den Chroniken vermerkt: das Café "Hof von Berlin" in der Haager Papestraat. Der bescheidene Beginn in der dritten Liga des Haagschen Fußballverbandes führte zumeist nach oben, in der Saison 1908/09 sprang man gar auf einen Schlag von der dritten in die erste Klasse der Regionalliga. Zehn Jahre mussten allerdings noch ins Land gehen, ehe ADO sich erstmals auf nationale Ebene hochgeübt hatte. Damals trugen die Haager bereits lange ihre rotgrünen Trikots, Farben die bis 1996 das Markenzeichen des Klubs bleiben sollten. 1925 wurde das Wandererdasein der ersten 20 Jahre beendet und nach insgesamt neunmaligem Wechsel der Spielstätte das Zuiderstadion bezogen. In der seither mehrfach umgebauten und erweiterten Arena spielt man immer noch. 1927 schaffte ADO den Aufstieg in die erste Liga.

Die Kriegsjahre 1941 bis 1943 sahen die bis heute erfolgreichste ADO-Mannschaft. Zweimal nacheinander konnte die Meisterschaft unter Wim Tap (als Aktiver mit 33 Einsätzen Rekordnationalspieler der Haager) gewonnen werden. Großer Anteil daran wird dem österreichischen Trainer Otto Hoss zugemessen. Bis 1936 im Amt, legte er durch sein besonderes Augenmerk auf die Förderung junger Talente die Grundlagen der späteren Großtaten. Heute nur noch mit Anstrengung vorstellbar, waren Österreicher bis in die späten 1960er Jahre als Entwicklungshelfer im niederländischen Fußball gern gesehen. Gleich drei – Franz Gutkas, Friedrich Donenfeld und natürlich Ernst Happel (von '62 bis '69) – sollten ADO durch die Jahre begleiten.

Professionalisierung

Der Klub war federführend bei der Etablierung des Profitums, das gegen den hinhaltenden Widerstand des niederländischen Verbandes (KNVB) durchgesetzt werden musste. Für ADO nicht zuletzt eine Notwehrmaßnahme, um der Abwanderung der besten Spieler ins Ausland (insbesonders nach Frankreich) einen Riegel vorzuschieben. In der Saison 1954/55 beugte sich der KNVB einem Ultimatum der Klubs: Ende Oktober wurde die bereits in vollem Gang befindliche Meisterschaft gestoppt und stante pede die die erste Runde der Profiliga aufs Gleis gesetzt. Das erste Jahr der Ehrendivision ging 1956 allerdings ohne die Haager in Szene. Das erste Mal seit 1927 war man nicht auf höchster Ebene vertreten. Nur zwei Jahre später wurde fast alles wieder gut, das erste Cupfinale war erreicht, ging aber mit 4:1 gegen VVV den Bach hinunter.

Die 1960er Jahre waren von der Ära Happel geprägt. Nach drei Jahren Anlauf hatte er eine Mannschaft beisammen, die in der Spitze mithalten konnte. 1965 nur von Ajax und Feyenoord überflügelt, verhalf der dritte Platz ADO zur Premiere auf internationalem Parkett namens Intertoto. Ein Jahr später fühlte man sich dort offenbar bereits heimisch und wurde erst im Endspiel von Slovan Bratislava gestoppt. 1968 gewann das Happel-Team seinen ersten Titel, Ajax musste im Cupfinale den Zuiderpark als Verlierer verlassen.

Amerika

Ein Jahr zuvor absolvierte ADO eine Tournee in den USA. Die Mission der unter dem Namen Golden State Gales auftretenden Niederländer: den Soccer in den Staaten zu popularisieren. Damals mit dabei war auch Dick Advocaat. Der heutige Bondscoach galt, gerade 18-jährig, als großes Talent und Happel versäumte nicht, bleibenden Eindruck bei ihm zu hinterlassen. In einem Interview mit dem Blatt "De Telegraaf" sagte er über seinen maulfaulen Chef: "Ich war tief beeindruckt von seinem Charisma." Und erzählt eine Anekdote aus dem Amerika-Abenteuer: Einmal sollte die Mannschaft auf einem Universitätscampus untergebracht werden. "Als Happel die Unterkunft sah, dreht er sich um und sagte er bloß: 'Wo ist der Bus?'". Dann dirigierte er das Team zurück auf den Flughafen, er wollte nach Hause. Advocaat: "Alles war in Panik, außer Happel. Der schaffte es auf die Art, dass wir in einem tollen Hotel in San Francisco einquartiert wurden."

1969 verabschiedete sich Happel nach Rotterdam zu Feyenoord und in den Haag wurde wenig später das Unternehmen Großklub gestartet. Doch statt nach den Sternen griff man ins Leere, dann bald war klar, dass man das Match mit den kapitalkräftigen Platzhirschen nicht gewinnen konnte. Graues Mittelmaß wurde nur ab und an durch aufblitzende Funken Erfolgs erhellt. Im so sehr erstrebten UEFA-Cup schaffte es der FC immerhin in die Rekordbücher, als Aad Mansveld in einem Match gegen West Ham als erstem Verteidiger ein Hattrick gelang.

Krise und neue Hoffnung

Schließlich konnte nicht einmal mehr die Zugehörigkeit zur nationalen Elite garantiert werden. Mehr als einmal musste Den Haag in den 1980er Jahren aus der Ehrendivision absteigen. Zudem hatte der Verein mit einem ernsthaften Hooliganproblem zu kämpfen. 1982 steckten, frustriert durch die drohende Relegation, Anhänger eine Tribüne im Zuiderpark in Brand, ein Match gegen Ajax konnte nach der Halbzeitpause aus Sicherheitsgründen nicht mehr fortgesetzt werden.

Nach dem Rückzug des Hauptfinanziers war gar die Weiterführung des bezahlten Fußballs ernsthaft in Frage gestellt. 1994 konnte nur mit Mühe die Pleite vermieden werden. Dazu trug auch der Verkauf der talentiertesten Spieler bei, die man angesichts der finanziellen Bedrängnis ohnehin nicht hätte halten können. 1996 schließlich war der FC Den Haag am Ende. Die gute alte ADO wurde wiederbelebt und startete runderneuert in ihr zweites Leben.

Dieses nach über zehnjähriger Abwesenheit wieder in der Ehrendivision zu führen, ist das große Ziel der Vereinsführung. Die nunmehr Grüngelben versuchen sich als Klub für die ganze Region Haageland zu positionieren und haben eine Reihe von Projekten initiiert, um die Interaktion mit der Bevölkerung zu verstärken. Besonders hervorzuheben ist dabei das Projekt "De Held" (Der Held), in dessen Rahmen Schulklassen zur Diskussion mit ADO-Spielern eingeladen werden. Dabei soll ein Beitrag zum Abbau rassistischer Vorurteile und Gewalttätigkeit geleistet werden. Die Aktion ist inzwischen von mehreren anderen niederländischen Vereinen übernommen worden.

Eine Vereinbarung zur Live-Übertragung von Heimspielen im Regionalfernsehen ist eine weitere Pioniertat der Haager. Letztlich entscheiden jedoch harte wirtschaftliche Fakten über das nachhaltige Gelingen der Renaissance von ADO. Eine 1999 gegründete Business-Vereinigung arbeitet an der Verbreiterung der finanziellen Basis, der Bau eines neuen modernen Stadions nimmt konkrete Züge an. Die sportlichen Voraussetzungen jedenfalls, scheinen nun endlich erfüllt: ADO Den Haag führt die zweite Liga in der Saison 2002/03 hochüberlegen an. (Michael Robausch)