Bild nicht mehr verfügbar.

Hinter Hautkrankheiten stecken oft seelische Probleme und umgekehrt

Foto: APA/EPA/EPA/MAYA VIDON

Wien - Die Haut schützt nicht nur den Körper vor schädlichen Umwelteinflüssen und erfüllt wichtige Aufgaben für Stoffwechsel und Immunabwehr, sie vermittelt auch Sinneseindrücke und steht in enger Beziehung zu unserem Seelenleben. Die Beziehung zwischen Haut und Seele ist eng und funktioniert in beide Richtungen: Zum einen erzeugen Hautkrankheiten einen erheblichen psychischen Leidensdruck, zum anderen äußern sich psychische Probleme oft in Hautsymptomen. Die große Gruppe der psychokutanen Krankheiten wird in psychiatrische, psychosomatische und somatopsychische Krankheitsbilder unterteilt.

Psychosomatische Hauterkrankungen

Bei psychosomatischen Hauterkrankungen handelt es sich um Erkrankungen, für deren Entstehung und Verarbeitung psychosomatische Aspekte eine bedeutende Rolle spielen. Hier sind unter anderem Psoriasis, Neurodermitis, Akne sowie Nesselsucht (Urtikaria) aber auch Fieberblasen (Herpes labialis) zu nennen. Stress spielt dabei oft eine große Rolle: "Psychologischer Stress ist unbestreitbar ein wesentlicher Triggerfaktor für entzündliche Dermatosen. Geschätzt rund ein Viertel aller behandelten Patienten in der Ambulanz finden sich mit psychosomatischen Haut-Problemen belastet. Etwa 30, 40 bzw. 70 Prozent der Neurodermitis-, Psoriasis- beziehungsweise Akneschübe scheinen durch Stressfaktoren ausgelöst zu sein", fasst Josef Auböck von der  Abteilung für Dermatologie und Venerologie, Allgemeines Krankenhaus der Stadt Linz, zusammen. Stress wirkt sich aber auch auf die Wundheilung aus. "Wie eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt, ist Stress sogar mit einer verschlechterten Wundheilung beziehungsweise mit der Dysregulation von wundheilungs-assoziierten Biomarkern vergesellschaftet", so der Dermatologe.

Hoher Leidensdruck, soziale Ausgrenzung, Suizid als Folge

Bei den somatopsychischen Hauterkrankungen stehen körperliche Aspekte im Vordergrund und die seelischen Probleme entstehen bei der Krankheitsbewältigung. In diese Gruppe fallen chronische, fortschreitende und entstellende Hautkrankheiten. Worunter beispielsweise auch das maligne Melanom, der schwarze Hautkrebs fällt, der am häufigsten tödlich verlaufende Hautkrankheit mit weltweit stark steigender Anzahl an Neuerkrankungen. Weiter fallen darunter aber auch der Lupus erythematodes, eine systemischen Autoimmunerkrankung, die sich durch Rötungen im Gesicht zeigt, die Wolfsbissen ähneln und vorwiegend Frauen im gebährfähigen Alter betreffen kann. "Die Betroffenen dieser Erkrankungen sind nicht nur körperlich geplagt, sondern müssen oft zusätzlich unter sozialer Ausgrenzung leiden. Bei Hautkrankheiten, die besonders entstellend sind, kann das über Depressionen oft bis zum Tod führen", fasst Auböck zusammen.

Bis zur Selbstverstümmelung

Bei den psychiatrischen Hauterkrankungen stehen psychische Aspekte im Vordergrund. Ursache können Traumatisierungen im Kindesalter und Persönlichkeitsstörungen wie das Boderline-Syndrom sein. In diese Gruppe fallen Störungen wie Pruritus sine materie, ein starker Juckreiz ohne organisch fassbarer Ursache, Dysästhesien, Sensibilitätsstörungen, bei der eintreffende Reize in ihrer Qualität verstärkt und auch meist als unangenehm oder schmerzhaft empfunden werden. Weiters fällt in diese Gruppe auch die Dermatitis artefacata. Bei diesem oftmals schwer zu erkennenden Krankheitsbild fügen sich die Betroffenen selbst Verletzungen auf der Haut zu, beispielsweise durch aggressive Substanzen, die Symptome von Hautkrankheiten imitieren sollen. „Leider gelingt das den Patienten oft allzu gut. Beispielsweise habe ich Patienten erlebt, die sich Fäkalkeime unter die Haut geführt haben. Dies hat zu schweren Schädigungen bis hin zur Amputation von Körperteilen geführt", erläutert Auböck.

Gründung einer Arbeitsgruppe für Psychodermatologie

Psychokutane Krankheiten nehmen zu. „Daher ist es auf jeden Fall wichtig, sich in der ursprünglich ‚rein organischen' Fachrichtung Dermatologie vermehrt mit seelischen und psychosozialen Problemen zu beschäftigen, d. h. mit den Ursachen, Auslösern, zu chronischem Verlauf beitragend, rückfallgefährdet - und vor allem mit Alltags-Beeinträchtigungen belastend. Dieser Entwicklung gilt es in der Arbeitsgruppe gerecht zu werden", so Dr. Auböck. Darüber hinaus soll die Arbeitsgruppe eine Gesprächsplattform für alle im Gesundheitsbereich tätigen Institutionen und Organisationen in Fragen Psychodermatologie schaffen. „Da viele Erscheinungen auf der Haut meist nur die Spitze des Eisberges sind, und von Hautkrankheiten oftmals auch innere Organe betroffen sind, ist die fächerübergreifende Arbeit in der Dermatologie besonders wichtig", so Auböck. (red)