Krätzmilben mögen es warm und fühlen sich daher in den Fingerzwischenräumen besonders wohl.

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Österreich wird alt. Zu diesem Schluss kommen Demografen bei der Auswertung diverser Statistiken. Bis 2075 wird das Land voraussichtlich 9,71 Millionen Einwohner verzeichnen, ein Drittel ist dann bereits jenseits der 65, also über dem erwerbsfähigen Alter. Viele davon dürfen sich freuen, können sie die Zeit des Ruhestands doch noch lange erleben. Der medizinische Fortschritt hat das möglich gemacht. Die Lebenserwartung des Menschen steigt in unseren Breiten stetig und mit ihr der Bedarf nach Pflegeheimen und Demenzzentren. 

Wo jedoch viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, fühlen sich auch Krankheitserreger außerordentlich wohl. Ganz besonders die Krätzmilbe - ihre Zukunft erscheint angesichts der demografischen Entwicklung geradezu rosig.

Leitsymptom Juckreiz

Die Krätze leitet sich vom Wort kratzen ab und beschreibt das Leitsymptom dieser Erkrankung. Es juckt und das teuflisch - denn als allergische Reaktion auf die Milben und Milbenprodukte juckt es überall und nicht nur dort, wo die Krätzmilbe persönlich für Hautveränderungen sorgt. 

„Von der Infektion bis zum Auftreten des Juckreizes dauert es zwei bis fünf Wochen", so Josef Auböck, Vorstand der Dermatologischen Abteilung im AKH Linz. Zeit, in der die kleinen Krätzmilben keineswegs untätig sind. Das Weibchen gräbt währenddessen mit seinen kräftigen Mundgliedmassen tunnelförmige Gänge durch die Hornschicht der Haut und ernährt sich auf ihrem Weg von Epithelzellen. In ihren unterirdischen Stollen scheidet das Tier reichlich Kotballen aus und deponiert täglich zwei bis drei Eier, aus denen nach wenigen Tagen sechsbeinige Larven schlüpfen. Diese fressen sich durch das Gangdach zur Hautoberfläche hindurch und entwickeln sich über Nymphenstadien zu geschlechtsreifen Parasiten. 

Im Freien findet dann auch die Paarung statt. Das Männchen verendet anschließend, während das Weibchen nun bevorzugt in die Tiefe der Haut zwischen Fingern und Zehen vordringt und in seiner achtwöchigen Lebenszeit das Tunnelsystem nicht mehr verlässt.

Keine Hygieneproblem

„Die Krätze hat genauso wenig mit hygienischen Problemen zu tun, wie die Verbreitung von Läusen", weiß Auböck. Wie auch, befinden sich doch die Milbenweibchen tief in der Dermis und sind auch mit Wasser und Seife nicht zu erreichen. Es existiert sogar der Begriff der gepflegten Skabies, eine Variante der Krätze, die zwar nicht mit weniger Juckreiz, dafür aber mit besonders intensiver Körperpflege einhergeht.

„Auf einem gesunden Körper finden sich selten mehr als 10-15 Milbenweibchen", beschreibt Auböck neben der gepflegten Scabies eine weitere milde Ausprägung der Infestation. Ganz anders die Borkenkrätze (Scabies norvegica), bei der abertausende Milben den menschlichen Organismus bevölkern. Die perfekte Ausgangssituation für so eine explosive Vermehrung finden Krätzmilben in Alters-, Pflege- und Demenzheimen, denn die Immunabwehr vieler Bewohner dort ist krankheits- oder altersbedingt ohnehin schon geschwächt. Und der Ausbreitung der Milben kommt der intensive Körperkontakt zwischen Pflegepersonal und Patienten zugute.

Verwechslung mit Schuppenflechte

Zwar imponiert die Borkenkrätze mit ihren stark verhornten Knötchen und Krusten im Gegensatz zur gepflegten Skabies, ziemlich auffällig. Bei der Diagnose hilft das jedoch nur bedingt, fehlt doch bei dieser Skabiesform manchmal der typische Juckreiz und ähnelt optisch zudem einer Schuppenflechte. Dazu kommt, dass die Haut im Alter an Feuchtigkeit verliert und ebenfalls häufig quälenden Juckreiz auslöst. 

Kein Wunder also, dass viele Häuser dem Problem Krätze noch relativ hilflos gegenüber stehen. Dabei sollte das Pflegepersonal heute über die Krätzmilbe schon so einiges wissen, unter anderem auch wie man die Parasiten erfolgreich eliminiert. Standardmäßig wird mit Perimethrin behandelt. Unabhängig davon ob Hautveränderungen vorliegen oder auch nicht werden außerdem sämtliche Kontaktpersonen ebenfalls antiskabiotisch therapiert. (Regina Philipp, derStandard.at, 13.01.2011)