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Mit dem CR-48 Notebook startet Google ein Chrome-OS-Pilotprogramm - leider nur für US-EinwohnerInnen.

Foto: BECK DIEFENBACH / REUTERS

Der Chrome Web Store ist seit kurzem online, Bezahlanwendungen gibt es derzeit allerdings nur für die USA.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die New York Times-Anwendung gibt es bereits kostenlos im Web Store.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Als Google vor wenigen Tagen Einladungen für einen Spezialevent rund um den eigenen Browser Chrome an die Presse verschickte, war es eigentlich schon keine großes Geheimnis mehr, worum sich die Präsentation drehen würde. Am Dienstag hat es der Softwarehersteller nun aber offiziell gemacht - und zwei zentrale Neuzugänge zum eigenen Portfolio vorgestellt, die noch dazu eng miteinander verknüpft sind: Den Chrome Web Store und das erste Gerät mit dem ganz auf die Internet-Nutzung ausgerichteten Betriebssystem Chrome OS.

Web Store

Mit dem Chrome Web Store will Google das Web als Anwendungsplattform forcieren, Programme können hier wie bislang vor allem aus dem Smartphonebereich bekannt als "Apps" vertrieben und installiert werden. Sowohl die EntwicklerInnen als auch die NutzerInnen sollen von einem solchen zentralen Anlaufpunkt profitieren. Für viele Service-BetreiberInnen sei es schwierig ihre neuen Angebote bekannt zu machen, hier fänden sie eine geeignete Plattform, betont Google. Die NutzerInnen bekommen dafür die Sicherheit ein zuverlässiges Service zu nutzen, ein vertrauenswürdiges Bezahlsystem und Bewertungen durch andere UserInnen. EntwicklerInnen bietet sich also die Möglichkeit ihre Apps über den Chrome Web Store zu verkaufen, dabei kann auch eine in der Länge frei definierbare Trial-Periode festgelegt werden. 

Beispiele

Im Rahmen der Präsentation hatte sich Google dann auch gleich einige Partner eingeladen, die erste Apps für den Chrome Web Store demonstrierten. So hat etwa die New York Times eine eigene Anwendung entwickelt, die grafisch erheblich aufwändiger als die gewohnte Webseite ist. Dabei kann man zwischen zehn verschiedenen Ansichten wählen, von der Bildershow über eine Schlagzeilen-Übersicht bis zu einer konventionellen Zeitungsdarstellung. Die Navigation kann neben der Maus auch über die Tastatur erfolgen, dank "Local Storage" können die gebotenen Inhalte sogar offline gelesen werden.

Kindle for the Web

Electronic Arts demonstrierte eine HTML5-Portierung des eigenen Spiels "Poppit", die laut dem Unternehmen übrigens fix mit Google Chrome 9 ausgeliefert werden soll. Von Amazon gab es nicht nur eine angepasste Variante des eigenen Webshops zu sehen, sondern auch "Kindle for the Web". Damit soll es ab Anfang des kommenden Jahres möglich sein, alle für den E-Book-Reader gekauften Werke auch direkt im Browser zu lesen - ganz ohne weitere Plugins. 

Übergreifend

Auf Nachfrage bestätigte Google dann, dass sich viele der Apps im Chrome Store natürlich auch mit anderen Browsern nutzen lassen, so diese denn aktuelle Webstandards ausreichend unterstützen. Im Kern sind sie ja "normale" Webseiten, der Web Store ist insofern also vor allem ein Frontend, dass sich um Bewertungen und die Integration mit dem Browser kümmert.

Launch

Der Chrome Web Store ist ab sofort verfügbar, Kaufanwendungen gibt es derzeit aber nur für die USA, weitere Länder sollen ab Anfang des kommenden Jahres unterstützt werden. Installierte Anwendungen werden in der "Neue Tab"-Ansicht zum Schnellzugriff angeboten, hier soll dann auch bei den NutzerInnen, die das noch nicht manuell aktiviert werden, nach und nach ein Web-Store-Icon vorfinden.

Chrome OS

Den Schwerpunkt der Veranstaltung legte Google dann aber auf etwas, das man als logische Weiterentwicklung von Chrome sieht - und dessem Web Store als Kernelement nutzt: Mit Chrome OS will man aktuelle Computer-Konzepte grundlegend hinterfragen. "Nichts als das Web" heißt denn auch das Motto, es gibt also keine lokalen Anwendungen, alle Programme laufen direkt im Web, der Browser ist das gesamte Interface. Während diese grundlegenden Ansätze schon seit einigen Monaten bekannt waren, zeigte man denn auch gleich den aktuellen Stand der Entwicklung - dies anhand des ersten Chrome OS-Laptops, des CR-48.

Pilotprogramm

Wie der recht sachliche Name schon nahe legt - und im Vorfeld bereits durchgesickert war - handelt es sich dabei um ein reines Testsystem, das gänzlich ohne Hersteller-Branding auskommt. Bisher wird es nur bei Google selbst und bei einigen ausgewählten Partnern getestet - darunter übrigens auch das US-Verteidigungsministerium. Ab sofort startet man aber auch ein öffentliches Pilot-Programm, mit dem sich externe EntwicklerInnen für ein solches Gerät bewerben können. Und um gleich entsprechende Hoffnungen zu zerschlagen: Leider ist dieses Angebot derzeit auf die USA beschränkt.

Laptop

Die Hardware des CR-48 bietet wenig Auffälligkeiten, es gibt ein 12,1 Zoll durchmessendes Display, Flash-Storage statt einer Festplatte und WLAN mit 802.11 b/g/n. Fix dabei aber auch eine "World-Mode"-3G-Anbindung, überhaupt sollen alle Chrome-OS-Notebooks von Haus aus mit mobilen Datenverbindungen ausgestattet werden. In den USA arbeitet man dafür mit dem Provider Verizon zusammen.

Jailbreak

Als eine der Kernstärken von Chrome OS betont man das eigene Sicherheitsmodell, so laufen nicht nur alle Anwendungen durch die Browser-Sandbox strikt von einander getrennt ab, es gibt auch sonst einige zusätzliche Ebenen um eine Kompromittierung des Systems zu verhindern. Und selbst wenn einmal etwas passiere, sei es leicht den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Wie auch bei Chrome werden Updates automatisch ausgeliefert und installiert. Um den EntwicklerInnen das Basteln am System zu ermöglichen, ist beim CR-48 allerdings eine Art eingebauter "Jailbreak" mit dabei - wie es Google übrigens selbst betitelte - nachdem dann auch das System verändert werden kann.

Beta

Die aktuell auf dem Laptop installierte Software bezeichnet man noch als Beta, zwar habe man in den letzten Monaten substantielle Fortschritte gemacht, es gebe derzeit aber noch die eine oder andere fehlende Baustelle. Dazu gehöre etwa der fehlende Umgang mit USB-Geräten wie Digitalkameras, auch müssen noch einige Fehler beseitigt werden. Für EndbenutzerInnen taugliche Geräte soll es dann in der ersten Hälfte 2011 geben, hier nennt man auch gleich Samsung und Acer als Partner, zu etwaigen Preisen wollte man verständlicherweise noch nichts sagen.

Speed

In Folge zeigte man dann zumindest einmal schon wie einfach so ein Chrome-OS-Notebook einzurichten ist, innerhalb von 60 Sekunden ist ein frisches Gerät im Einsatz, verspricht das Unternehmen. Die größte Hürde sei schon das Einloggen mit dem eigenen Google-Account. Auch sonst ist Performance ein wichtiges Entwicklungsziel, so demonstrierte man etwa das Aufwachen aus dem Schlafmodus, das im Demo praktisch umgehend erledigt war. Über die automatischen Updates sollen Chrome-OS-Geräte zudem ein im Computermarkt eher ungewöhnliches Verhalten an den Tag legen: Mit der Zeit immer schneller statt - wie vom Desktop gewohnt - langsamer zu werden. Zu den ebenfalls demonstrierten Funktionalitäten gehört ein "Guest Mode", in dem keinerlei Daten mitgeloggt oder lokal gespeichert werden.

 

Cloud Print

Bereits einige Stunden vor dem Event war ein Service live gegangen, der gerade für Chrome OS von zentraler Wichtigkeit ist: Mit Google Cloud Print erlaubt man es einen  Drucker direkt vom Web aus anzusprechen. So können dann Dokumente über die Cloud an einen lokalen Drucker geschickt - egal wo man gerade ist, und welches Gerät man dabei verwendet, das Ganze soll auf Dauer also auch das Drucken von Tablets und Smartphones aus erlauben.

Ablauf

Wer einen lokalen Drucker für Cloud Print freigeben will, braucht dafür die aktuellste Developer-Version von Google Chrome (9.0.597.1), zudem funktioniert diese "Server-Seite" derzeit nur mit der Windows-Version des Browsers. Mac- und Linux-Support sollen hier aber bald folgen, so dass dann auch diese die Druckanfragen aus dem Web abarbeiten können. Für Chrome OS ist dies deswegen wichtig, da man hier vollkommen auf Druckertreiber verzichtet.

Google Chrome

Neben den beiden großen Ankündigungen ging Google Vice President of Product Management, Sundar Pichai, auch auf den Browser, der die Basis für all diese Neuerungen darstellt, ein: Derzeit erlebe  Chrome ein geradezu rasantes Wachstum,  120 Millionen Personen würden weltweit bereits den Browser verwenden. Dies stelle ein Wachstum von 300 Prozent gegenüber dem Anfang des Jahres dar.

Stärken

Über Rückmeldungen wisse man, dass Speed der wichtigste Beweggrund für einen Umstieg auf Chrome sei, also wolle man auch weiter aggressiv in diese Richtung arbeiten, betont Pichai. Dies reiche von Chrome Instant, das analog zu Google Instant Seiten direkt beim Eintippen in der Omnibox lade, bis zum flinken integrierten PDF-Reader und der Hardwarebeschleunigung unter Nutzung der Grafikkarte.

"Crankshaft"

Nicht zuletzt durch Google Chrome habe sich die Javascript-Performance bei allen Browsern in den letzten Jahren um ein Vielfaches besser geworden. Jetzt wo die anderen langsam aufschließen, will man die Latte ein weiteres Stückchen höher legen: Dank "Crankshaft" soll die eigene Javascript-Lösung V8 in einigen Test bis zu doppelt so schnell werden. Vor allem komplexe Javascript-Aufgaben würden von der neuen Lösung profitieren, auch auf die Startzeit von Web-Anwendungen soll sich der optimierende Javascript-Compiler positiv auswirken. Crankshaft soll in den nächsten Tagen in die aktuellen Entwicklungsversionen des Browsers einfließen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 07.12.10)