Diese elektronenmikroskopische Aufnahme einer Tarnkappenstruktur zeigt das Polymer-Luft- Metamaterial (die "Holzscheite") in blau .

Foto: CFN

Bei dem Wort ist man automatisch verleitet, an Harry Potter und seinen Unsichtbarkeitsmantel zu denken; ganz so funktioniert die Sache freilich nicht, besonders weit ist man damit aber auch nicht von der Wahrheit entfernt: Tarnkappen sind Hightech-Materialien mit exotischen optischen Eigenschaften; sie sind in der Lage, Lichtwellen um ein zu tarnendes Objekt herumzulenken und somit für den Betrachter tatsächlich praktisch unsichtbar zu machen - nur funktioniert das Prinzip derzeit nur in winzig kleinen Dimensionen. Die speziellen optischen Qualitäten des Tarnmaterials werden mit komplexen mathematischen Werkzeugen berechnet, die denen der Einsteinschen Relativitätstheorie nicht unähnlich sind.

Erreicht werden diese durch eine besondere Strukturierung des Tarnmaterials. Diese muss kleiner als die Wellenlänge des Lichts sein, das abgelenkt werden soll. So kann beispielsweise für die relativ großen Rundfunk- oder Radarwellen ein Material verwendet werden, "das fast mit der Nagelschere produziert werden kann", meint Martin Wegener vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Deutschland.

Bei Wellenlängen, die für das menschliche Auge sichtbar sind, müssen dagegen Materialien mit Strukturierung im Nanometerbereich hergestellt werden - und das ist den beiden Physikern Joachim Fischer und Tolga Ergin am Center for Functional Nanostructures (CFN) des KIT gelungen.

Nano-Tarnkappe

Die winzige Tarnkappe, die Fischer und Ergin nun erzeugt haben, ist kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Sie lässt eine Wölbung in einem Metallspiegel flach erscheinen und dadurch ein darunter verstecktes Objekt unsichtbar werden. Das Metamaterial, das über diese Wölbung gelegt wird, sieht wie ein Holzstapel aus, besteht jedoch aus Kunststoff und Luft.

Die "Holzscheite" verfügen über präzise festgelegte Stärken im Bereich von 100 Nanometern. Durch sie werden Lichtwellen, die die Wölbung normalerweise ablenkt, so beeinflusst und geführt, dass das reflektierte Licht dem eines flachen Spiegels entspricht. "Würden wir es noch mal schaffen, den Strukturierungsabstand des roten Tarnmantels zu halbieren, hätten wir eine Tarnkappe, die das ganze sichtbare Lichtspektrum abdeckt", so Fischer.

Erste Tarnkappe in der dritten Dimension

Bereits im vergangenen Jahr präsentierte die Gruppe Wegener in der renommierten Science die erste 3D-Tarnkappe. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es lediglich Tarnkappen in Wellenleitern, die praktisch zweidimensional waren. Sobald man aus der dritten Dimension auf die Struktur schaute, war die Wirkung dahin. Die Karlsruher Tarnkappe konnte mit einer entsprechend filigranen Strukturierung für einen Wellenlängenbereich von 1500 bis 2600 Nanometern konstruiert werden. Dieser Wellenlängenbereich ist für das menschliche Auge noch nicht wahrnehmbar, spielt jedoch in der Telekommunikation eine große Rolle.

Den Durchbruch ermöglichte das am CFN entwickelte Verfahren des Direkten Laser Schreibens (DLS). Mit diesem Verfahren können winzige 3D-Strukturen mit optischen Eigenschaften erzeugt werden, die es in der Natur nicht gibt - sogenannte Metamaterialien.

Die KIT-Wissenschafter verbesserten im vergangenen Jahr das ohnehin schon extrem feine Verfahren des Direkten Laser Schreibens weiter. Dabei benutzten sie Methoden aus der Mikroskopie, welche dort zu fundamentalen Auflösungsverbesserungen geführt haben. Damit hatten sie das entscheidende Werkzeug zur Hand, das Metamaterial um einen Faktor 2 zu verfeinern und so die erste 3D-Tarnkappe für unpolarisiertes sichtbares Licht im Bereich von 700 Nanometern zu realisieren. Dies entspricht der Farbe rot.

Auswirkungen der Transformationsoptik

"Die nun entwickelte Tarnkappe ist ein attraktives Demonstrationsobjekt für die fantastischen Möglichkeiten, welche das recht neue Gebiet der Transformationsoptik und ihrer Metamaterialien offeriert. In den vergangenen Jahren haben sich hier Gestaltungsspielräume eröffnet, die lange für nicht möglich gehalten wurden", so Ergin. "Wir erwarten dramatische Verbesserungen in den lichtbasierten Technologien, wie Linsen, Solarzellen, Mikroskopen, Objektiven, der Chip-Herstellung und der Datenkommunikation." (red)