Wien - Wie wehrt sich der menschliche Körper gegen Streptokokken? Vor kurzem konnten Pavel Kovarik und Nina Gratz von den Max F. Perutz Laboratories (Uni Wien und MedUni Wien) gemeinsam mit Wissenschaftern des CEMM (Forschungszentrum für Molekulare Medizin) und der Medizinischen Universität Wien einige der Abwehrstrategien gegen den lästigen Erreger enthüllen und damit mögliche Ansätze für Therapien liefern. Die Arbeit wurde im internationalen Fachmagazin "PLOS Pathogens" publiziert.

Hintergrund

Streptococcus pyogenes ist weit verbreiteter bakterieller Erreger, der beim Menschen - meist harmlose - Mandel- und Rachenentzündungen, Scharlach oder Wundinfektionen auslösen kann. In manchen Fällen kann eine Streptokokkeninfektion aber auch schwerwiegende (Spät-)Folgen, wie rheumatisches Fieber und Nierenerkrankungen oder lebensbedrohliche Zustände wie Septischen Schock verursachen, hieß es in einer Aussendung.

Dringen fremde Erreger in den Körper ein, werden sie vom Immunsystem erkannt und die Immunabwehr wird gestartet. Wie die Erkennung im Fall von Streptokokken genau funktioniert, ist bisher jedoch nicht bekannt. "Wir wissen zwar noch nicht, welche Rezeptoren dafür verantwortlich sind, haben aber herausgefunden, dass es nicht die Standard-Mechanismen des Immunsystems sind", erklärte Nina Gratz, Erstautorin der Studie.

Bemerkenswerte Immunantworten

In der nun veröffentlichten Arbeit konnte sie mit ihren Kollegen ein weiteres Puzzlesteinchen der Immunabwehr entschlüsseln: Für die Erkennung der Eindringlinge sind Makrophagen und dendritische Zellen - beides "Fresszellen" des angeborenen Immunsystems - verantwortlich. Die Wissenschafter konnten nachweisen, dass die Zellen nicht etwa die spezifische Oberfläche der Erreger erkennen, sondern Nukleinsäuren (DNA und RNA) aus dem Inneren des Eindringlings. "Bemerkenswert ist dabei, dass verschiedene Immunzellen auf unterschiedliche Nukleinsäuren reagieren und in der Folge verschiedene Immunantworten auslösen. Sie verlassen sich also nicht nur auf eine einzige Strategie, sondern setzen gleich mehrere ein."

Eine dieser Abwehrmaßnahmen ist die Produktion von Typ I Interferon, einem immunstimulierenden Gewebshormon. Im Fall der Streptokokken-Infektion hat sich gezeigt, dass Typ I Interferon eine Schlüsselrolle bei der Abwehr spielt - die zweite wichtige Erkenntnis aus dem Projekt. Typ I Interferon ist ein Botenstoff, der die Immunabwehr stimuliert, indem er vermehrt Phagozyten (Fresszellen des Immunsystems) an die Infektionsstelle lockt. Wird die Ausschüttung von Typ I Interferon unterdrückt, kann sich der befallene Wirt kaum noch gegen die Infektion zur Wehr setzen. Diese Immunbotenstoffe dürfte hier vor allem die notwendige Balance der Abwehrreaktion gegen die Keime sichern.

Die Erkenntnisse des Forscherteams lassen darauf hoffen, dass sich Streptokokken-Infektionen künftig durch Interferone behandeln lassen. "Ob diese Substanzen eine vergleichbare Rolle beim Menschen spielen und ob eine Behandlung mit Typ I Interferonen bei Bakterieninfektionen Erfolge bringen kann, muss sich noch zeigen", so Kovarik. (APA)