Diese Bronze von Adriaen de Vries schmückte seit 1700 den Schlosshof St. Martin im Innviertel.

Foto: Christie's

Detail aus einem um 1700 datierten Kupferstich, der den Innenhof von Schloss St. Martin, einem der ältesten Adelssitze des Innviertels zeigt. Mittendrin der Brunnen mit der Bronzestatue von Adriaen de Vries.

Foto: Christie's

Wien/London - Bei einer Routine-Schätzung, die das Anwesen des Auftraggebers mitsamt aller beweglichen Güter umfasste, machten Christie's-Mitarbeiter im Herbst vergangenen Jahres eine grandiose Entdeckung, wie der STANDARD am Wochenende (2./3.7., Album S 5) berichtete. Konkret entpuppte sich die in einem Brunnen montierte 109 cm hohe Bronzestatue als ein der Fachwelt bislang unbekanntes Werk von Adriaen de Vries. Die signierte und 1626 datierte mythologische Figur des manieristischen Bildhauers sollte am 7. Juli im Rahmen einer Auktion bei Christie's in London versteigert werden.

Der eigens für Lot Nummer 20 publizierte Katalog führt eine deutsche Adelsfamilie als bisherige Besitzer an, nicht aber, dass die Figur bis vor wenigen Monaten in einem Schloss in Oberösterreich eine Heimat hatte. Erste Standard-Anfragen bei Christie‘s verliefen ergebnislos, mit Verweis auf Vereinbarungen mit dem Verkäufer könne und wolle man sich dazu nicht äußern. Exakt diese Vorgehensweise wählte Christie‘s in dieser Causa auch im Kontakt mit dem Bundesdenkmalamt (BDA), wie Christian Grund, Stv. Leiter der Rechtsabteilung bestätigt.

Seit 1700 in St. Martin

Die Angaben seien trotz mehrmaliger Nachfrage bei Christie's in Wien immer dürftig geblieben, das Objekt befände sich seit zumindest 100 Jahren in Privatbesitz einer deutschen Familie und der Zusammenhang mit einer denkmalgeschützten Sammlung sei wohl nicht gegeben. Im April, erklärt Grund, hat das BDA dem Ansuchen um Ausfuhr schließlich stattgegeben. Angela Baillou, Chefin der Wiener-Niederlassung, verweigert auf Anfrage des STANDARD eine Stellungnahme. Fakt ist, dass die von ihr gegenüber dem BDA dargelegten Fakten nicht nur nebulös, sondern schlicht falsch waren.

Dabei publizierte Christie's im zugehörigen Katalog einen ersten Hinweis für weitere Nachforschungen: Zwei Bildausschnitte von Kupferstichen aus den Jahren 1700 bzw. 1723, die besagten Schlosshof mitsamt der Figur zeigen.

Recherchen ergaben nun, dass es sich bei diesem Anwesen um das seit 1939 unter Denkmalschutz stehende Schloss St. Martin im Innkreis handelt. Das Österreich-Lexikon weist Riprand Graf Arco-Zinneberg als Eigentümer aus, dem entsprechend des angesetzten Schätzwertes zwischen fünf und acht Millionen Pfund (5,7-9 Mio. Euro) winken könnten. Johann Kräftner, Kurator der fürstlichen Sammlung Liechtenstein, die ebenfalls Werke des Niederländers besitzt, hält sogar einen Zuschlag in der Gegend um die 20 bis 40 Millionen für wahrscheinlich. Allerdings nur bei lupenreiner Provenienz. Das heißt, es geht nicht nur um viel Geld, sondern um ein Vermögen.

Und das erklärt vielleicht, warum man sich bei Christie's auf Diskretion berief, um nur ja die Ausfuhrbewilligung zu erhalten. Laut Christian Grund hätte Angela Baillou angegeben, die Familie wüsste von keinem Denkmalschutz. Auch das ist eine Falschinformation, wie man sogar bei Wikipedia nachlesen kann. Dem Vernehmen nach soll Familie Arco-Zinneberg außerdem vom Landeskonservatorat für Oberösterreich in den letzten Jahren Förderung für denkmalpflegerischen Mehraufwand erhalten haben. Das BDA fühlt sich vorsätzlich in die Irre geführt und peilt nun eine Rückführung nach Österreich an. Ob die Skulptur nun überhaupt zur Auktion gelangt, ist fraglich. (kron, DER STANDARD - Printausgabe, 5. Juli 2011)