Freie Netzwerke sind nicht-kommerziell ausgerichtet und gehören denjenigen, die sie betreiben. Foto: Eiegentümer bei der Arbeit.

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Ein Hauch von Science Fiction umweht das Metalab in der Rathausgasse im ersten Wiener Gemeindebezirk. Das Metalab kann als eine Art „Labor der Zunkunft" beschrieben werden: Kreative Köpfe - vorwiegend aus dem weiten Umfeld der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der neuen Medien - basteln hier an der Welt von morgen.

Überwiegend junge Männer sitzen mit konzentriertem Blick vor ihren Laptops. Die meisten von ihnen mit einer Flasche Club Mate. Das Getränk genießt in der Hackerszene Kultstatus.

Die Funkfeuer-Community

Der Verein Funkfeuer nutzt die Räumlichkeiten des Metalabs, um die Idee eines freien und unabhängigen WLAN-Netzwerks voranzutreiben. Freie Netzwerke sind nicht-kommerziell ausgerichtet und gehören denjenigen, die sie betreiben. Das heißt, es gibt keine übergeordnete Instanz, die eine Kontrollfunktion ausübt. Mit WLAN können große Bandbreiten zu geringen Kosten genutzt werden. Jeden Montag treffen sich die Netzaktivisten im Metalab, um sich über technische Fragen auszutauschen oder einfach um bei einer Flasche Club Mate zusammenzusitzen.

„Ich finde es gut, dass ich meinen eigenen Internetzugang habe und nicht von einem Provider abhängig bin. Außerdem konnte ich technisch dabei eine Menge lernen", sagt Alexander, der bereits seit drei Jahren regelmäßig zu den Funkfeuertreffen kommt.

Frei aber nicht gratis

Michael ist seit 2003 bei Funkfeuer dabei und war an der Gründungsarbeit beteiligt. Er erzählt, dass immer wieder Leute mit dem Anliegen „Ich bin da wegen dem Gratis-Internet" beim Montagstreffen vorbeikommen. Diese seien dann sehr erstaunt, dass man etwas für die Internetverbindung tun muss.

Frei ist in dem Sinne zu verstehen, dass es keine Zensur gibt. Die Infrastruktur gehört den Leuten, die sie betreiben und kann somit nicht zentral kontrolliert werden. Michael weist ausdrücklich darauf hin, dass Funkfeuer kein Internet Provider und auch nicht der Betreiber des freien Netzwerks sei. „Die Betreiber sind alle Menschen die teilnehmen."

Die ersten Schritte

Der erste Schritt, um bei Funkfeuer mitmachen zu können ist ein Ausflug aufs eigene Dach. Dort einfach den Laptop aufklappen und nachsehen, welche WLAN Netzwerke verfügbar sind. Wenn Ein Funkfeuer-WLAN aufscheint, bekommt man eine Verbindung. Der nächste Schritt ist ein Besuch beim Montagstreffen. „Das ist ein wichtiger Punkt, weil wir gerne die Leute sehen, die in diesem Netzwerk mitmachen. Auch, um sicherzugehen, dass sie die Grundideen dahinter verstanden haben", erklärt Michael.

Michael betont, dass Die Montagstreffen ein wichtiger Aspekt bei Funkfeuer seien: „Wir haben dieses technische Netzwerk, das ganz Wien überspannt, aber dazu gibt es auch eine soziale Gruppe von Menschen, die das Ganze aufgebaut hat und betreut."

Als nächsten Schritt besorgt man sich eine zum Empfang geeignete Antenne, die man meist auf dem Dach montiert und einen Router zu seiner Wohnung. Das klingt einfacher als es ist - einen eigenen Knoten aufzubauen erfordert Geduld und Spaß an der Sache. „Wenn es einem nur darum geht, eine Internetverbindung zu bekommen, ist es besser, man geht zu einem Provider", sagt Michael.

Die meisten Menschen würden im Laufe eines Monats zwei- bis dreimal beim Funkfeuertreffen vorbeikommen bis das Ganze steht. „Es gibt aber immer auch Leute, die bereit sind zu helfen."

Jedes Vereinsmitglied bekommt eine öffentliche IP-Adresse. Das heißt man bekommt von Funkfeuer einen vollwertigen Internetanschluss, mit dem man auch einen eigenen Server betreiben kann.

„Mesh Routing"

Funkfeuer funktioniert über das für mobile ad-hoc-networks gedachte Mesh-Protokoll „Optimised Link State Routing" (OLSR). Bei diesem ist jeder Empfangsknoten zugleich auch ein Sender, der sein Signal weiterreicht. Die Knoten verbinden sich automatisch mit den anderen Knoten im Netzwerk. Fällt ein Knoten aus, vernetzten sich die anderen erneut. Je mehr Leute mitmachen, desto enger und ausfallssicherer wird das Netzwerk.

Initiativen im ländlichen Raum

Initiativen gibt es nicht nur in Ballungszentren, sondern auch im ländlichen Raum, wo es noch kein Breitbandinternet gibt. „In den Städten hat man nicht oft das Problem, dass man keine Internetverbindung bekommt. Da sind es mehr technikinteressierte Freaks, denen es wichtig ist, dass sie ihre Infrastruktur kontrollieren", erklärt Michael. Laut ihm funktioniere die Datenübertragung über Funk am Land sogar besser als in der Stadt, weil es dort weniger Menschen gibt, die ein WLAN haben. Dadurch kommt es zu weniger Störungen.

Bei jedem Montagstreffen kommen auch immer wieder neue Leute vorbei, die einen Knoten aufbauen möchten. „Ich bin heute zum ersten Mal hier. Ich finde Funkfeuer ist ein interessantes Projekt und deswegen möchte ich gerne mitmachen. Da ich technisch interessiert bin, denke ich, dass ich das auf jeden Fall hinbekommen werde", sagt ein junger Mann und packt sein Netbook aus. „Es kommen nicht mehr so viele Leute wie zu Anfangszeiten. Das liegt zum Teil daran, dass wir eine gewisse Sättigung von Leuten erreicht haben, die sich für diese Dinge interessieren", erklärt Michael.

Freie globale Netzwerke

Immer mehr Menschen vernetzen sich in drahtlosen freien Bürgernetzen. Vorzeigeprojekte sind zum Beispiel Guifi.net im Raum Barcelona mit über 10.000 Knoten oder Athens Wireless mit Knoten in ganz Athen und Teile Griechenlands. In Wien sind es momentan über 200 Knoten. Funkfeuer-Initiativen gibt es aber auch in Graz, Salzburg, Klosterneuburg, Bad Ischl, Linz und im Weinviertel.

„Global gesehen ist das eine Sache, die entstanden ist, als WLAN groß und viel billiger geworden ist", erklärt Michael und spricht von den Jahren 2002/2003. Zu dieser Zeit wurde die Hardware, also die Router, billiger und umprogrammierbar. Auf die Router muss nämlich die eigene Software gespielt werden, damit sie das Routing im neuen Netzwerk verstehen.

Ein entscheidender Aspekt ist, dass eine eigene Software auf die Router gespielt werden muss, damit sie das Routing in diesem Netzwerk verstehen.

Die mobile Zukunft

„Es wäre sehr schön, wenn wir von den Dächern runterkommen. Ich würde es gerne sehen, dass wir in fünf Jahren auf öffentliche Plätze und in die Straßen kommen", sagt Michael.
Das Prinzip hinter der Technologie ist, dass die Leute, die mit ihren Geräten an den gleichen Orten sind, das Netzwerk untereinander weitergeben. Die Internetverbindung wird nicht schlechter, sondern besser, je mehr Menschen an einem Ort sind. „Das Internet ist auf einmal dort, wo es die Leute brauchen", erklärt Michael. (Elisabeth Mittendorfer)