Das "Melken" von Spinnen ist nicht jedermanns Sache. Hanna Wendt hält hier den kleinen Rahmen, auf den sie Seide der Goldenen Radnetzspinne, die im Hintergrund zu sehen ist, aufgespult hat.

Foto: MHH/Kaiser

Nicht nur als potenzieller Schutz gegen Projektile, wie ein Kunstprojekt zuletzt zeigte, kann Spinnenseide eingesetzt werden, auch als als Schlüssel zum erfolgreichen Züchten von künstlicher Haut kann das Material dienen. Hanna Wendt von der Klinik für Plastische Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) experimentierte im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit dem Stoff und wies nach, dass sich die Fasern vor allem für die Heilung chronischer Wunden und Verbrennungen eignen. Sie veröffentlichte ihre Ergebnisse im Journal PLoS ONE.

"Spinnenseide ist den Aufgaben der Haut bestens gewachsen: Sie ist sehr stark, trotzdem dehnbar und wird vom menschlichen Körper toleriert. Somit kann sie mehr leisten als andere Materialien, die bisher zur Züchtung künstlicher Haut untersucht worden sind", sagt die Wissenschafterin. Forscherinnen dieser Klinik hatten zuvor bereits herausgefunden, dass diese Seide bei der Regeneration von Nerven hilft und sich als Nahtmaterial eignet.

400 Meter Spinnenseide in 15 Minuten

Bei den dafür genutzten Spinnen handelt es sich um die Goldene Radnetzspinne (Nephila sp.) aus Tansania. Um die Tiere "melken" zu können, nutzen die Wissenschaftlerinnen den Haltefaden der Spinnen, dessen Produktion die Tiere nicht kontrollieren können. So können sie den von den Tieren produzierten Seidenfaden durch leichtes Ziehen auf einen Edelstahlrahmen von einem Quadratzentimeter Größe aufspulen, wobei eine Fläche aus kleinen Maschen entsteht. In zehn bis 15 Minuten Melkzeit pro Spinne gewinnen sie einen Strang von bis zu 400 Meter Länge.

Hautzellen, die Hanna Wendt auf diese Maschen aufgetragen und mit Nährstoffen, Wärme und Luft versorgt hat, wuchsen zu zwei übereinanderliegenden gewebeähnlichen Hautschichten heran: Keratinozyten bildeten eine Epidermis, die äußerste Hautschicht, Fibroblasten die darunterliegende Dermis. Im Tierversuch müsste sich nun zeigen, wie gut dieser Ersatz anwächst. Um Spinnenseide in der Klinik einsetzen zu können, müsste sie synthetisch hergestellt werden, damit sie in ausreichender Menge vorhanden ist. (red)