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Christoph Kolumbus Ankunft in der Neuen Welt  - hier auf einer kolorierten Gravur von Dietrich de Bry aus dem Jahr 1528 - löste letztlich ein Massensterben in der indigenen Bevölkerung aus.

Foto: Archiv

Etwa zur selben Zeit als am Beginn der Neuzeit die Europäer den Doppelkontinent erreichten, kam es in Nord- und Südamerika zu einem markanten Schwund der indigenen Bevölkerung. Wissenschafter der Universität Göttingen und der amerikanischen University of Washington konnten dies nun erstmals in einer umfassenden genetischen Studie nachweisen. Wie sich anhand der Analyse weiblicher Genome zeigte, gingen die Bevölkerungszahlen vor rund 500 Jahren zunächst um etwa 50 Prozent zurück. Etwas später begann die indigene Bevölkerung allerdings wieder zu wachsen.

Damit bestätigen sie historische Überlieferungen, nach denen Krankheiten, Krieg, Hunger und Versklavung, die mit den Europäern Einzug in die amerikanischen Kontinente hielten, schwerwiegende Folgen für die dort lebenden Menschen hatten. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA veröffentlicht.

Die Wissenschafter konnten nicht nur zum ersten Mal anhand von genetischen Daten einen deutlichen Bevölkerungsrückgang der amerikanischen Ureinwohner nachweisen, sondern auch die Intensität dieses Ereignisses bestimmen. Sie kombinierten in ihrer Studie genetische Informationen von "modernen" und prähistorischen Menschen aus Nord- und Südamerika. Insgesamt analysierten sie 137 moderne mitochondriale Genome und 63 alte Teilsequenzen dieses Genoms, wobei letztere zwischen 800 und 5.000 Jahre alt waren. Das mitochondriale Genom wird nur in der mütterlichen Linie vererbt. Mithilfe komplexer bioinformatischer Methoden konnten sie zeigen, dass die indigene Bevölkerung Amerikas vor etwa 5.000 Jahren einen Höchststand erreichte, der lange Zeit konstant blieb. Vor rund 500 Jahren brachen die Zahlen dann um etwa 50 Prozent ein.

Dicht besiedelte Gebiete am schwersten betroffen

"Die Verluste waren dabei nicht auf bestimmte Regionen beschränkt, sondern über beide amerikanische Kontinente verteilt, mit den schwersten Auswirkungen in den am dichtesten besiedelten Gebieten", erläutert der Anthropologe Lars Fehren-Schmitz von der Universität Göttingen. Der dramatische Einbruch war allerdings nicht von langer Dauer: Die indigene Bevölkerung begann schnell wieder zu wachsen. "Der erneute Anstieg deutet darauf hin, dass als Ursache für den Rückgang nur schnell und kurzfristig wirkende Faktoren in Frage kommen, zum Beispiel durch Europäer eingeschleppte Krankheiten in Kombination mit Krieg und Hunger, und nicht etwa Jahrhunderte dauernde Prozesse, wie oft angenommen", so Fehren-Schmitz.

Darüber hinaus gelang es den Wissenschaftern, in ihrer Studie die historische Bevölkerungsentwicklung beider Kontinente räumlich zu simulieren: Sie konnten zeigen, dass sich die ersten Siedler, die vor etwa 15.000 bis 17.000 Jahren von Asien über die mittlerweile unter dem Meeresspiegel liegende Bering-Landbrücke nach Amerika kamen, schnell entlang der Küsten über die Kontinente verbreiteten. Zu einem deutlichen Anstieg der Bevölkerungszahlen kam es erst deutlich später, nachdem sich die einzelnen Gruppen an ihre jeweiligen Lebensräume angepasst hatten. (red)