Rovaniemi gilt seit Jahrhunderten als das Tor zu Lappland. Das moderne Aussehen der Stadt hat Stararchitekt Alvar Aalto geprägt.

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Mehrere Linien bieten Flüge von Wien nach Rovaniemi via Helsinki an, zum Beispiel die Finnair, die zweimal täglich Richtung finnische Hauptstadt abhebt, oder Air Berlin.

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Von Helsinki kann man auch mit dem Zug direkt nach Rovaniemi fahren, allerdings muss man sich darauf einstellen, gute zwölf Stunden unterwegs zu sein (www.vr.fi/en). Mit dem Auto dauert es angeblich rund 15 Stunden, mit dem Rad immerhin 15 Tage. Infos über Reisemöglichkeiten jenseits des Flugzeugs bietet die Finnische Transportagentur (www.journey.fi). Allgemeine Infos: www.visitfinland.com

In Rovaniemi und Umgebung gibt es elf Hotels, zum Beispiel das Hotel Rantasipi Pohjanhovi. Es besteht auch die Möglichkeit, in einer Hütte direkt am Polarkreis Unterkunft zu beziehen (www.santaclausholidayvillage.fi). 

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Wer's etwas exotischer mag, kann sich auch im Arctic Snow Hotel einquartieren, das komplett aus Eis und Schnee besteht. Im Restaurant Snowland wiederum isst man an Tischen aus massiven Eisblöcken. Einen Besuch sind sowohl der Zoo als auch das Arktikum (Bild) wert. Allgemeine Infos: www.visitrovaniemi.fi

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Der frisch gefallene Schnee dämpft das Geräusch der Schritte, gleichzeitig reflektiert er das bereits spärliche Tageslicht. Es ist noch nicht einmal 14 Uhr, und schon beginnt sich die Dämmerung über die winterweißen Birken und Kiefern auszubreiten. Nichts Ungewöhnliches um diese Jahreszeit im Norden Finnlands, knapp unterhalb des Polarkreises, wo sich die Sonne nur für ein paar Stunden zeigt - und wenn, dann meist nur als Glühen am Horizont. Dennoch: Auch hier hat man schon sehnsüchtig darauf gewartet, dass Frau Holle endlich ihre Arbeit aufnimmt. "Vor ein paar Tagen noch war es hier richtig düster", sagt Lionel Clauser. "Mit dem Schnee ist es jetzt viel besser", ergänzt er und wirkt erleichtert. Der gebürtige Franzose ist damit wohl nicht allein in seiner Wahlheimat, wo er seit rund 15 Jahren lebt. Er arbeitet als Tierpfleger im Ranua Wildlife Park. 50 Tierarten, die in der Arktis ihre Heimat haben, leben auf dem 60 Hektar großen Areal des Tiergartens, an den ein 3,4 Kilometer langer Naturlehrpfad angeschlossen ist.

Es hat wieder zu schneien begonnen. Gut möglich dass der Schnee bis Ende Mai liegen bleibt. Der Winter kann in Lappland 200 Tage dauern. Von den Braunbären ist daher nichts zu sehen, sie halten den wohlverdienten Winterschlaf. Die Wildschweindamen hingegen sind aktiv und gar nicht scheu. Sie laufen Richtung Steg über den die kleine Besucherschar spaziert, nur der Eber scheint ein bisschen angesäuert zu sein, er ist von den Sauen getrennt. "Natürlich lassen wir ihn zu den Mädels", sagt Clauser augenzwinkernd. "Aber meistens scheint ihm nichts Besseres einzufallen als den Weibchen ihr Futter wegzufressen". Fortpflanzung steht für ihn offensichtlich nicht an oberster Stelle.

Dennoch braucht man sich um den Fortbestand der Wildschweine keine Sorgen machen, das kann auch jeder (heimische) Bauer bestätigen, dessen Felder schon einmal von einer Rotte umgeackert wurden. Schlechter stellt sich die Situation der Eisbären, der größten an Land lebenden Fleischfresser, dar. Clauser trommelt auf den schwarzen Kübel, den er mit sich trägt. Im hinteren Teil des mit hohen Mauern und einem Zaun umgebenen Geheges rührt sich etwas.

Der Tierpfleger fischt Karotten und Äpfel aus dem Gefäß und wirft sie in einem hohem Bogen über den Zaun. Obst und Gemüse versinken im Neuschnee. Manasse, der Eisbärbulle, kommt endlich auf seine Tatzen. Valeska, das Weibchen, scheren weder Futter noch Menschen, während Manasse in aller Gemächlichkeit nachschauen geht, eine große Karotte findet und sie knackend mit seinen starken Kiefern zerkaut.

Eisbärennachwuchs

Eisbären sind eine bedrohte Art. Die International Union for Conservation of Nature and Natural Resources IUCN schätzt die Anzahl der Eisbären weltweit auf derzeit 20.000 bis 25.000 Tiere. Vor allem der Klimawandel setzt der Spezies zu. Da freut es Clauser ganz besonders, berichten zu können, dass sich Mitte November Eisbärennachwuchs eingestellt hat - vor allem nachdem das letzte Eisbärenbaby kurz nach seiner Geburt 2009 gestorben war. "Ein schönes Weihnachtsgeschenk", sagt Clauser, "da Eisbärenbabys nur ganz selten in Gefangenschaft geboren werden und die ersten, besonders kritischen fünf Tage kaum überleben." Tatsächlich gebar Mutter Venus, Zwillingsschwester von Valeska, im November zwei Junge, nur eines hat überlebt.

Mutter und Baby sind noch abgeschottet von Vater Manasse und Tante Valeska in ihrem Bau. Überwacht werden sie von einer Kamera und einem Mikrofon. In ein paar Monaten soll das Junge zehn Kilogramm wiegen. Im kommenden Februar, vielleicht auch März, wird der junge Bär, der erste in Finnland in einem Zoo geborene, seinen Bau verlassen. Damit hat der Zoo, der 2011 rund 90.000 Besucher angelockt hat, eine weitere Attraktion - neben den Wölfen, Elchen, Schneeeulen, Polarfüchsen, Luchsen und, und, und.

Ein Mädchen im Skianzug läuft vorbei. Sie hat einen Schneebob unter ihrem Arm. Die abschüssigen Rampen der Besucherstege, die durch den Zoo führen, eignen sich ja auch hervorragend zum Rodeln. An manchen Stellen im Wildpark findet man halboffene Hütten mit Sitzgelegenheiten, daneben einen Schuppen mit aufgeschlichtetem Brennholz - Beil und Hackstock inklusive. Das heißt, hier kann man sich nach einer Schlitten- oder Schneeschuhtour im Park ausruhen, ein Feuer machen, Würstel grillen.

Es wird dumpa, die Zehen sind kalt, der Wildpark schließt um 16 Uhr. Max und Moritz, die beiden furchtlosen Moschusochsen, knallen mit ihren Köpfen zusammen und verabschieden die Besucher mit diesen dumpfen Klängen auf ihrem Weg aus dem Zoo. Bevor die Reise weitergeht, kann man sich im Outlet-Store eines finnischen Schokoladeherstellers, der sich direkt beim Zoo befindet, eindecken. Die Finnen nutzen offenbar jeden stärker frequentierten Ort für kommerziellen Mehrwert.

Über schneeverwehte Straßen, die gar nicht erst geräumt werden - das zahlt sich nicht aus -, geht es Richtung Norden. Ringsum erstrecken sich über Kilometer Wälder, die der Vollmond, der sich stellenweise gegen die schneeschweren Wolken durchsetzen kann, zum Glitzern bringt. Es wird eine bitterkalte, klare Polarnacht werden.

Die wenigen Autos, die entgegenkommen, sind oft mit zusätzlichen Scheinwerfern ausgestattet, um etwaige Gefahren auf der Straße, beispielsweise Rentiere oder auch Elche, früh genug zu erkennen. Am Horizont leuchtet Rovaniemi auf, Hauptstadt Lapplands am Polarkreis, dort wo sich die beiden Flüsse Kemijoki und Ounasjoki zu einem Strom vereinen. Mit einer Fläche von rund 8000 Quadratkilometern ist sie eine der flächenmäßig größ- ten Städte der Welt und seit Jahrhunderten das Tor zu Lappland, wo sich schon immer Händler, Holzfäller und Handwerker trafen. Die Stadt wurde 1946 völlig neu errichtet, nachdem sie im Zweiten Weltkrieg von den hier stationierten Wehrmachtssoldaten komplett niedergebrannt worden war.

Es sind solche Wirren der Geschichte, die man im Arktikum, das Museum, Wissenschaftszentrum und kulturelles Ausflugsziel ist, bestaunen kann. Das verglaste Gebäude ragt wie ein gefrorener Finger in Richtung Fluss. Hier kann man einen ganzen Nachmittag damit verbringen, die Lebensweise der Menschen in der Arktis zu erkunden. Der finnische Stararchitekt Alvar Aalto gab der Stadt schließlich ihr heutiges Gesicht - aus der Vogelperspektive ähnelt das Straßengeflecht einem Rentierkopf mit Geweih. (Markus Böhm/DER STANDARD/Printausgabe/14.01.2012)