Im Alter von 90 Jahren noch flammende Reden für die bemannte Raumfahrt halten, davon hätte John Glenn aus Cambridge in Ohio vor fünfzig Jahren wohl nicht einmal geträumt. Damals war er gerade von seinem Ausflug in den Orbit zurückgekehrt. Es war der Erste eines US-Amerikaners und der Dritte mit einem Menschen an Bord - nach den sowjetrussischen Pionieren Juri Gagarin und German Titow. Der Wettlauf zwischen den sogenannten Supermächten um die Vorherrschaft im Weltall befand sich gerade am Anfang. Von seinem Ende konnte keine Rede sein.

Am vergangenen Wochenende, zum pompös zelebrierten 50-Jahr-Jubiläum im Kennedy Space Center, sprach Glenn über den Rückzug der USA aus der bemannten Raumfahrt, der für den ehemaligen demokratischen Senator eine Fehlentscheidung der US-Regierung unter Expräsident George W. Bush war. Das Ende des Shuttle-Programms habe zur Folge, dass die USA auf die Hilfe des "ehemaligen Gegners" im Kalten Krieg angewiesen sei, um Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS zu bringen oder von dort abzuholen. Russland hat sein Raumfahrtprogramm Sojus nämlich fortgesetzt.

Ein Ungleichgewicht, das für den stolzen Glenn schwer zu ertragen ist und pro Jahr 300 Millionen Dollar Kosten verursacht. "Ich bin enttäuscht, dass sich die Dinge so entwickelt haben", klagte er am vergangenen Wochenende. "Wir haben mehr als 100 Milliarden Dollar in die ISS investiert, wir müssen nun leider zu anderen gehen, um zur Raumstation zu kommen."

Die USA hatten das Ende des Shuttle-Programms mit den hohen Kosten für die Raumfahrt begründet. Außerdem wolle man Raumschiffe entwickeln, die irgendwann einmal weiter fliegen als die gegenwärtigen Modelle, hieß es. Drei Milliarden Dollar werden nun jährlich für die Entwicklung der technischen Voraussetzungen dafür ausgegeben. Ein erster bemannter Testflug soll 2021 möglich sein.

Glenn, der 1998 im Alter von 77 noch einmal ins All flog, weil das National Institute of Health Experimente zum Alterungsprozess zahlte, lobte anlässlich der Jubiläumsfeiern überschwänglich die Neugier der Amerikaner, die zum Fortschritt geführt hätte.

Die Nasa investiert derweil in sechs Unternehmen, die kommerzielle Space-Taxis bauen wollen. "Ich hoffe, dass wir bald wieder unser eigenes Transportsystem haben werden. Wenn irgendetwas mit der Sojus-Rakete sein sollte, aus welchen Gründen auch immer, haben wir keine Möglichkeit, in den Weltraum zu kommen", warnte Glenn. (pi, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. Februar 2012)