Bürgermeister Tschach (Robert Palfrader, li.) und Discobesitzer Pfeisinger (Nicholas Ofczarek) genießen den Waldviertler Sommer.

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Wien - Wenn man in Niederösterreich etwas werden oder zumindest bleiben will, legt man sich am besten nicht mit dem "Onkel aus St. Pölten" oder dem Herrn des Giebelkreuzes unten in Wien an. Diese Erfahrung muss auch Bürgermeister Tschach machen. Der Vorstand der Gemeinde Braunschlag im nördlichen Waldviertel hat gemeinsam mit seinem Freund Pfeisinger, dem Besitzer der örtlichen Rüscherldisco, beim Whiskey-Trinken eine Schnapsidee.

Da "Braunschlag", wie so viele andere Ortschaften in Österreich auch, an seinen Schulden zu ersticken droht, muss ein Wunder geschehen. Die im Gemeindegebiet befindliche Ufo-Landebahn war nicht der erhoffte Tourismusmagnet. Ein solides christliches Wunder soll Abhilfe schaffen. Ein anderer ortsansässiger Trankler ("Er ist net bled, er is nur deppert" ) wird also nachts im Wald Zeuge einer von Tschach und Pfeisinger plump inszenierten Marienerscheinung - und siehe, der anfangs störrisch an die Landung von Außerirdischen glaubende Auserwählte läuft zum afrikanischen Ortspfarrer, um falsches Zeugnis abzulegen.

Ein bisserl was geht immer. Aber auch: Irgendwas ist immer. Bald nimmt das Schicksal seinen Lauf, und die Gläubigen strömen nach Braunschlag. Der Teufel schaut auch vorbei. Speziell, weil der "Grüß Gott, St. Pölten!" andere Pläne mit Braunschlag hat.

Die achtteilige Fernsehserie "Braunschlag" aus der Feder von Autor und Regisseur David Schalko (Aufschneider, Wie man leben soll ...) wird zwar aufgrund diverser Fußball-Liveübertragungen nicht wie geplant ab März, sondern erst im Herbst 2012 in ORF 1 zu sehen sein ("ORF-Kundendienst, guten Tag!"). Sie kommt zum Trost dafür schon nächste Woche als DVD in den Handel.

Schnaps macht Sodbrand

360 Minuten lang wird man dabei Zeuge eines veritablen österreichischen Serienwunders. Allen Befürchtungen zum Trotz ist Braunschlag keine weitere Manifestation der Kabarettisierung Österreichs geworden. Die Protagonisten wurden zwar mit einschlägig vorbelasteten Schauspielern besetzt. Robert Palfrader und Nicholas Ofczarek etwa beeindrucken als mieselsüchtiges, heruntergerocktes Freundespaar. Und auch Nina Proll als fremdgehende Discokönigsgattin, Manuel Rubey als schmieriger Abgesandter der Vatikanischen Glaubenskongregation oder Simon Schwarz als zart angestreifter Sendbote des Onkels aus St. Pölten fallen zumindest auf dem Papier nicht aus ihren Rollen.Freunde des Overactings kommen allerdings nicht auf ihre Kosten. Dafür sind die Dialoge zu lebensnah, knapp und durchgehend schlecht gelaunt gebaut. Und auch die Handlung bleibt bei allem Irrwitz, nun ja, glaubwürdig. Wenn rundherum die Welt am Beispiel der österreichischen Provinz in die Binsen geht und Chaos als müder Hilfsbegriff für das präzise geschilderte Dorfleben erscheint, muss man die Protagonisten zurücknehmen. Immerhin redet der Waldviertler nicht gerade gern - und wenn ja, dann nur, wenn etwas gar nicht mehr passt: "Ich bin nicht katholisch, ich habe einfach kein gutes Gefühl."

Eine Bank wird überfallen. Ausnahmsweise werden einmal Männer in einem Keller gefangen gehalten. Swingerclubs sind die verzweifeltsten Orte des Universums. Schnaps macht Sodbrand. Sodbrand macht schlechte Laune. Hässliche Häuser, hässliche Wohnzimmer, Thujen als Sichtschutz, sie machen traurig. Falls das Leben irgendwann einmal zart besser werden sollte, besteht sicher kein Grund zum Feiern. Am Ende steht ein großer Satz des Bürgermeisters: "Elfie, glaubst du wirklich, ohne Probleme ist es leichter auf die Dauer?!"Achtung, diese Geschichte ist gut. Sie ist aber erfunden. (Christian Schachinger/DER STANDARD; Printausgabe, 29.2.2012)