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Egal ob Staatsfrau oder Staatsmann: Politiker mit tieferer Stimmlage scheinen mehr Stärke, Kompetenz und Vertrauen zu vermitteln als ihre Kollegen mit einem höheren Organ.

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Bruno Kreisky hatte sie, Werner Faymann hat sie eher nicht: Die Stimme des amtierenden Bundeskanzlers wird von Experten als mittelhoch und nasal beschrieben - was sie noch einmal etwas höher klingen lässt. Dennoch hat Faymann die letzten Nationalratswahlen gewonnen.

Das "Dennoch" bezieht sich auf zwei neue Studien, die eindeutige Zusammenhänge zwischen der Stimmlage und der Attraktivität von Politikern hergestellt haben und Volksvertretern mit einer tiefen Stimme eindeutige Vorteile bescheinigen.

Eine erste Untersuchung dieser Art veröffentlichten Forscher der kanadischen McMaster-Universität bereits im November im Fachblatt "Evolution and Human Behaviour". Studienleiterin Cara Tigue und ihre Kollegen spielten die Stimmen von Politikern Versuchspersonen in unterschiedlichen Tonhöhen vor. Das Ergebnis: In allen Fällen bewerteten die Befragten die tieferen Stimmen als vertrauenswürdiger, attraktiver, intelligenter und dominanter. Die Schlussfolgerung der Forscher: Tiefe Stimme sei offenbar für viele ein Zeichen von Führungsqualität.

Ein US-Forscherteam, das aus einem Politikwissenschafter und zwei Biologinnen bestand, erweiterte diese Versuchsanordnung noch einmal. Für ihre erste Testreihe nahmen Politologe Casey Klofstad (Uni Miami) sowie die beiden Vogelstimmenspezialistinnen Rindy Anderson und Susan Peters (beide Duke University) Männer und Frauen auf, die folgenden Satz sagten: "Ich bitte Sie mit Nachdruck, mir im November Ihre Stimme zu geben." Die Wissenschafter stellten sodann Versionen dieser Aufnahmen in höherer und tieferer Stimmlage her und spielten diese in einem ersten Durchgang je zwei Gruppen von jeweils rund 40 Männern und Frauen vor. Dabei zeigte sich, dass sowohl die Männer wie auch die Frauen ohne Unterschied die tieferen Männer- und Frauenstimmen "wählten", wie das interdisziplinäre Wissenschaftertrio in den "Proceedings of the Royal Society B" schreibt.

In einem zweiten Experiment wurden drei Gruppen von 35 männlichen und weiblichen Testpersonen mit den gleichen Aufnahmen konfrontiert. Nun freilich sollten die Studienteilnehmer wählen, welche der Kandidaten stärker, vertrauenswürdiger und kompetenter erschienen. Sowohl die männlichen wie auch die weiblichen Probanden sprachen den tieferen Frauenstimmen alle drei Qualitäten zu.

Etwas anders sah es indes bei den Männerstimmen aus: Bei den männlichen Studienteilnehmern kamen tiefere Männerstimmen zwar eindeutig besser an, während für Frauen die Tonlage der Männer wenig über deren Kompetenz und Stärke aussagte.

Und was bedeutet das für die "echte" Politik? Ornithologin Anderson warnte vor allzu simplen Schlussfolgerungen. Dennoch könnten die Ergebnisse etwa Hinweise darauf geben, warum Frauen in politischen Führungsrollen seltener sind als Männer. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 14.3.2012)