Luciferase heißt das Phänomen, das Bakterien zum Leuchten bringt. Biowissenschafter experimentieren damit in der Petrischale (oben) bzw. im Kolben (unten).

Foto: Peter Macheroux / TU Graz
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Die Leuchtkraft von Quallen und anderen Wesen könnte in der Medizin eingesetzt werden und radioaktive Marker ersetzen.

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Grazer Forscher wollen die molekularen Prozesse hinter der Biolumineszenz erhellen.

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Es gibt Wesen, die sich selbst oder andere zum Leuchten bringen können - und das nicht nur im metaphorischen Sinn. Man denke an Glühwürmchen, manche Meeresbewohner wie den Anglerfisch oder die Leuchtqualle, die zahlreichen leuchtenden Pilzarten oder das durch Plankton hervorgerufene Meeresleuchten.

Auch etliche im Meer lebende Bakterien können Licht produzieren und leben dank dieser besonderen Fähigkeit oft in symbiotischer Beziehung mit Fischen. So können etwa die Tiefseeanglerfische mit Hilfe ihrer winzigen Untermieter bei Bedarf im schönsten bzw. furchterregendsten Licht erstrahlen. Ein beeindruckendes Schauspiel, das potenzielle Partner und Beutetiere anzulocken vermag, im Notfall aber auch unbedarfte Feinde abschrecken oder zumindest ablenken kann.

Die Vorteile für den Fisch sind also offensichtlich - was aber haben die Bakterien von dieser innigen Lebensgemeinschaft? Eine Frage, auf welche die Wissenschaft bislang die Antwort schuldig blieb. Diese rätselhaften illuminierten Bakterien stehen auch im Mittelpunkt eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts, in dem die noch ungeklärten molekularen Vorgänge bei biolumineszenten Reaktionen erhellt werden sollen.

"Wir wissen, dass Licht durch eine chemische Reaktion erzeugt wird, für die ein ganz bestimmtes Enzym verantwortlich ist", erklärt der Biochemiker Peter Macheroux von der TU Graz den Ursprung der bakteriellen Leuchtkraft. "Dieses Enzym ist die Luciferase." Namensgeber dieses Enzyms ist tatsächlich der Teuflische, der im Lateinischen allerdings noch als "Lichtbringer" bekannt war.

Während in der Natur chemische Energie meist in Wärme umgewandelt wird, setzt sie hier durch die Luciferase Lichtenergie frei. "Diesen Vorgang möchten wir besser verstehen, da die Umwandlung von chemischer Energie in Lichtenergie nicht nur für einige Fische, sondern auch für die Grundlagenforschung sowie für unterschiedlichste Anwendungen von größtem Interesse ist", betont der Biochemiker. Da sich Licht einfach messen lässt, spielt die Biolumineszenz eine immer wichtigere Rolle bei Versuchen und Tests in der Molekularbiologie, Pharmakologie und Medizin - nicht zuletzt deshalb, weil die ungefährlichen Bakterien die gesundheitsschädigenden radioaktiven Marker ersetzen können.

Durch Klonieren der Luciferase-Gene können diese als sogenannte Reportergene mit anderen Proteinen gekoppelt und in unterschiedliche Organismen eingebaut werden. Ihre Leuchtintensität zeigt den Forschern die Aktivität der dahinterliegenden Gene an, welchen das eigentliche Interesse der Untersuchung gilt.

Leuchtbakterientest

So haben etwa amerikanische Wissenschafter die Luciferase aus Glühwürmchen mit einem Protein verbunden, das eine wichtige Angriffsstelle für Medikamente gegen Krebs darstellt. Auf diese Weise konnten sie das Verhalten des Zielproteins bei verschiedenen Dosierungen beobachten, indem sie ganz einfach seine Leuchtintensität ermittelten. Eine Methode, die beträchtlich schneller und kostengünstiger funktioniert als andere Verfahren.

Da die Leuchtbakterien sehr empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen sind, können sie auch als Biosensoren zur Messung von Kontaminationen in Luft, Boden oder Wasser eingesetzt werden. Beim "Leuchtbakterientest" werden Abwasserproben mit einer geringen Konzentration von Leuchtbakterien "geimpft". Nach einer halbstündigen Inkubationszeit messen die Laboranten die Lichtintensität und vergleichen sie mit Kontrollproben. Über die Differenz der Leuchtstärke können sie schließlich die Wasserqualität ermitteln, da Chemikalien die bakterielle Leuchtkraft vermindern.

Im Grazer Kooperationsprojekt von TU (Institut für Biochemie) und Karl-Franzens-Universität (Zentrum für Molekulare Biowissenschaften) werden Leuchtbakterien im Labor gentechnisch produziert. "Dabei handelt es sich um ganz harmlose Zeitgenossen, die in keiner Weise pathogen sind und außerdem nur in Salzwasser überleben können", entkräftet Macheroux allfällige Ängste vor einer Leuchtbakterieninvasion.

Winzige Kristalle

Um den Leuchtprozess im Detail zu entschlüsseln, wird dem Bakterium das Protein Luciferase entnommen und in einer speziellen Lösung kristallisiert. "Diese winzigen Kristalle werden schließlich röntgentechnisch untersucht", erklärt der Wissenschafter. "Mit Hilfe des Röntgenstrahls können wir die einzelnen Positionen der Atome bestimmen und so Rückschlüsse auf den chemischen Reaktionsmechanismus des Enzyms ziehen.

"Mittlerweile ist man im Verständnis der Luciferase bereits relativ fortgeschritten. "Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo es wirklich komplex wird und sehr ins Detail geht", sagt Peter Macheroux. "Wir ringen quasi um eine ziemlich hoch hängende Frucht, dürfen aber kaum mit öffentlicher Aufmerksamkeit rechnen, wenn wir sie erwischen.

"Immerhin bleibt die Hoffnung, dass die Grundlagenforschung der auf diesem Gebiet führenden Grazer Biowissenschafter und ihre Erkenntnisse über die Luciferase irgendwann sehr vielen Menschen nützen werden. (Doris Griesser, DER STANDARD, 14.03.2012)