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Stimmung in Backsteinrosa und Wasserblau. Atmosphäre schnuppern an der Daurade.

Anreise: Seit 1. April diesen Jahres bietet Air France eine Direktverbindung von Wien nach Toulouse an und zwar viermal wöchentlich: Di, Fr, Sa., So. Der günstigste Tarif für einen Einfachflug liegt bei 49 Euro für Einfach- bzw. 99 Euro für Retourflüge (inkl. Taxen). Tickets unter 01/502 222 400, bei den Verkaufsstellen von Air France KLM, auf www.airfrance.at sowie in allen Reisebüros buchbar. Zusätzlich wird vom 3. Juli an eine neue Direktverbindung von Wien nach Straßburg gestartet, das dreimal pro Woche angeflogen wird. Günstigster Tarif ist 149 Euro für den Hin- und Rückflug inkl. Taxen.

Unterkunft: Die Abbaye des Capucins in Montauban ist ein ehemaliges Kapuzinerkloster am Fluss Tarn, das zu einem Viersternehotel umgebaut und 2006 eröffnet wurde und, ganz unkapuzinerhaft, über ein Spa samt Sauna (Badekleidungspflicht) verfügt. 

Foto: Abbaye des Capucins

Das Château de Salettes in Cahuzac-sur-Vère, nahe Albi, liegt abseits der Fernstraßen mitten in der Hügellandschaft des Départements Tarn. Das Hotel hat vier Sterne, das Restaurant einen (von Michelin). 

Foto: Château de Salettes

L'Ancienne Auberge in Puycelsi hat einfache aber geschmackvoll eingerichtete Zimmer mit schönem Ausblick.

Foto: L'Ancienne Auberge

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Nützliche Websites: www.tourismus-midi-pyrenees.de, www.de.toulouse-tourisme.com, www.tourisme-tarn.com, www.tourisme82.com

Auskünfte bei Atout France (Tourismuszentrale) unter Tel: 01/503 28 92 oder info.at@rendezvousenfrance.com. Albi: Die Kathedrale Sainte-Cécile aus dem 13. Jahrhundert, eine Festung des katholischen Glaubens, ist ein touristisches Muss. Ebenso das wiedereröffnete Musée Toulouse-Lautrec. Montauban: Die Stadt ist 1144 vom Grafen von Toulouse als Bastide, sprich: wehrhafter Ort, gegründet worden. Sehenswert die Jakobskirche im gotisch meridionalen Stil und das Musée Ingres.

Toulouse hat so einiges für sich: Es ist die Hauptstadt von Midi-Pyrenäen, der größten Region Frankreichs, es ist die viertgrößte Stadt hinter Paris, Lyon und Marseille und die drittgrößte bei den Universitäten. Aber für die weniger Bewanderten endet die Assoziationskette, wenn man noch den Airbus-Standort anfügt, damit auch schon. Das müssen gar nicht ausländische Touristen sein, nein, auch für die Franzosen ist Toulouse mehr eine Durchzugsstation in Richtung Mittelmeer, bzw. andersherum, Atlantik, in deren Mitte es annähernd liegt.

Das ist eigentlich schade, mag sich der eine oder andere Entscheidungsträger bei Air France gedacht haben, und so wurde Toulouse in ein Konzept zur Stärkung diverser regionaler Flughäfen eingebunden, das sich nicht nur innerhalb Frankreichs, sondern auch binational auswirkt. Wodurch plötzlich (seit 1. April) auch den ÖsterreicherInnen eine neue Frankreich-Destination in den Schoß gefallen ist. Wie man - nachdem Genf stattdessen ausgelistet wurde - auf Wien kam ist, ist leicht erklärt: Die Franzosen und daher auch die Südwestfranzosen sind vernarrt in Franz-Joseph, Sisi und Schönbrunn. Aber wer kommt in umgekehrter Richtung, wenn man einmal von den paar Technik-Aficionados absieht, die sich das (besichtigbare) Airbus-Hauptquartier ansehen wollen? Der attraktive Tarif (siehe unten) wird ein Argument sein, ein weiteres das immergrüne Thema europäischer Städtetourismus. Und dann ist Toulouse ja auch wirklich, mangels Assoziationen, eine Stadt zum Entdecken.

Mal Rosé, mal Champagner

Was an Toulouse sofort auffällt, sind die Backsteinbauten. Von Frankreich ist man vor allem Naturstein gewohnt, aber der war hier im Umkreis nicht vorhanden, und ihn von fernher herbeizuschaffen wäre zu teuer gekommen. Dafür gab es jede Menge zur Ziegelherstellung geeigneten Schwemmsand von der Garonne, einem wilden, in den Pyrenäen entspringenden Fluss, der immer wieder auch für Überschwemmungen gut ist.

Weshalb die Stadt mehrheitlich von Backsteinhäusern geprägt ist, die teils uralt und daher sonnengebleicht sind, teils in der Früh- und Abendsonne in ein mildes roséfarbenes Licht getaucht werden - kurz, die Bezeichnung "la ville rose", die rosarote Stadt, besteht schon zu Recht.

Heute haben sich die Toulouser mit ihren Ziegelbauten versöhnt, aber das war nicht immer so: Im 19. Jahrhundert wollten sie partout so sein wie die Pariser und brannten den Ziegel in spezieller Weise so, dass er eine Champagner-Farbe annahm, ganz nach Art der Boulevards der Haussmann-Ära. Und bis in die Siebzigerjahre hinein war es Mode, ihn zu verputzen: Man wollte keine ärmlich wirkende "Ziegelstadt" sein. Die nächste Mode, die der Authentizität, machte auch das wieder rückgängig, der Verputz wurde abgeschlagen, das ursprüngliche Material wieder zum Vorschein gebracht.

Im Licht des Südens

Man hätte auch so gemerkt, dass man nicht in Paris ist, sondern in einer Provinzstadt, und das ist im besten Sinne gemeint: Die Häuser, die normalerweise drei- und nicht, wie in Paris, mindestens fünfstöckig sind, schimmern hell und heiter, die ringförmig die Stadt umfangenden Boulevards sind breit und sozusagen luftig, der Canal du Midi genannte Kanal ist, ebenso wie die Garonne, von Platanen gesäumt: Man spürt in Toulouse die Lebensart und das Licht des Südens. Dort ist man ja auch, nur etwa 170 km von der spanischen Grenze, ebenso weit zum Mittelmeer und ein wenig weiter zum Atlantik.

Allein schon der Blick von der Daurade, einem belebten Treffpunkt, der die letzten Strahlen der Abendsonne liefert, auf den Kai mit seiner Platanenallee, die erbsengrüne Garonne und den Horizont samt frühlingshaften Wölkchen obenauf! Eine Vedute aus dem 19. oder auch dem 16. Jahrhundert. Auf der anderen Seite ist das Krankenhaus Hôpital de la Grave zu sehen, ein auf ebendieses 16. Jahrhundert zurückgehendes früheres Armenspital samt auffälliger kuppelförmiger Kapelle. Und links der ebenso alte Pont-Neuf. Es dauerte hundert Jahre, diese älteste Brücke von Toulouse fertigzustellen: Wegen des heftigen Wassergangs konnte man das nur in den Sommermonaten tun. Und wären die Ingenieure nicht auf die Idee gekommen, zusätzlich zu den schön geschwungenen halbovalen Bögen auch noch Schleusen in ihn zu schlagen, so wäre der Pont-Neuf wohl schon vor hunderten Jahren wieder fortgeschwemmt worden.

Von der Daurade sind es nur ein paar Gehminuten bis zur Place du Capitole mit ihrem Rathaus - das hier "Capitol" genannt wird - aus dem 17. Jahrhundert. Es trägt acht Marmorsäulen, die für die damals acht Bezirke von Toulouse stehen, die wiederum von ebenso vielen "Capitouls", also Ratsherren oder besseren Bezirksvorstehern, geleitet wurden. Diese acht Mann hatten sich das Privileg ausgefochten, ihre "hôtels particuliers", also ihre Stadtpalais, mit Türmen auszustatten, denen man bis heute auf dem Stadtspaziergang da und dort begegnet. Das prächtigste Palais plus Turm ist das frühere hôtel d'Assézat (nach dem Notablen dieses Namens), ein Gebäude aus dem 16. Jahrhundert, zugleich eins der schönsten Beispiele des roséfarbenen Backsteinstils. Die jetzige Fondation Bemberg beherbergt die Kunstsammlung ihres letzten Besitzers. Touristische Fixpunkte sind weiter die Basilika St.-Sernin und die Klosteranlage der Jakobiner. Erstere, eines der bedeutendsten erhaltenen Kirchengebäude der Romanik überhaupt, muss mit ihren 115 Metern Länge, ihrem 21 Meter hohen Gewölbe und ihrem Glockenturm von 64 Metern auf die Zeitgenossen, die damals in Holzhäusern wohnten, wie ein Wolkenkratzer gewirkt haben. Gewidmet ist sie dem Prediger und Märtyrer Saturnin, der an dieser Stelle vor gut 1750 Jahren an den Schweif eines Stiers angebunden und zu Tode geschleift wurde. Die Basilika, eine der Pilgerstationen auf dem Jakobsweg, besitzt zahlreiche Reliquien. Die meridionale Gotik wiederum ist durch das "Ensemble conventionnel des Jacobins" repräsentiert. Nicht mit den Revolutionären zu verwechseln: Es war das erste, noch vom Hl. Dominikus 1230 gegründete, Dominikanerkloster. Dessen Kirche, nach außen hin ein schmuckloser Backsteinbau, glänzt im Inneren durch ihr Chorgewölbe mit seinen palmenartig ausstrahlenden Rippen sowie das Grabmal Thomas von Aquin.

Beschaulicher Bootstourismus

Wer sich an platanenbestandenen Kanälen und Flüssen nicht sattsehen kann - etwas so quintessenziell Französisches wie die allgegenwärtigen romanischen und gotischen Kirchen -, dem sei der "tourisme fluvial", der Bootstourismus, empfohlen. Er wird auf dem erwähnten Canal du Midi sowie auf dem Canal latéral de la Garonne betrieben. Beide starten in Toulouse, Ersterer führt ans Mittelmeer, Letzterer an den Atlantik. Schon in der Antike gab es Pläne, die beiden Meere zu verbinden, man hätte sich damit die Umschiffung Iberiens und eine Menge Gefahren erspart. Doch es bedurfte des Visionärs Pierre-Paul Riquet im 17. Jahrhundert, um den Kanal du Midi zu realisieren. Der Canal latéral folgte Mitte des 19. Jahrhunderts als Alternative zu der so oft Hochwasser führenden Garonne.

Die Kanäle entsprangen demnach wirtschaftlichen und pragmatischen Erwägungen, selbst die schönen Platanenalleen wurden nicht aus ästhetischen Gründen gepflanzt, sondern um Schatten zu spenden und das Wasser vor dem Verdunsten zu bewahren. Heute fällt das alles den Bootstouristen in den Schoß. Jeder kann den Kanal hinuntertuckern, auch ohne Kapitänspatent, auch ohne eigenes Boot. Man dreht gelegentlich ein wenig am Steuerrad und gibt sich ansonsten der lieblichen Landschaft hin. Sie ist von Anwesen, Kirchen und kleinen Städten gesäumt, die zum Anlegen, Rad fahren und Explorieren verlocken. Man sollte sich ein paar Tage Zeit für diese beschauliche Flanierreise zu Wasser nehmen. Die einzige körperliche und am Rande auch geistige Herausforderung stellen die Schleusen dar, die umzustellen sind. Aber meistens ist ohnehin ein Wärter da. (Harald Sager, Album, DER STANDARD, 19.5.2012)