Das Schlumpfine-Prinzip beschreibt den Umstand, dass in einem an ein allgemeines Publikum gerichteten Programm maximal eine weibliche Hauptfigur enthalten sein kann.

Foto: derStandard.at / youtube.com

Während es besonders in Hollywood-Produktionen und dem Mainstream-Kino für männliche Charaktere eine Fülle an Möglichkeiten, Konstellationen und Konflikten gibt, sind die weiblichen (Haupt-)Rollen auf wenige Funktionen beschränkt. Sie sind umkämpfe Preise, die den männlichen Hauptrollen am Ende des Filmes verliehen werden, visuell ansprechender Schmuck oder – im Falle von Zeichentrick, Comics und Superhelden – weibliche Kopien, Östrogen-Versionen der männlichen Protagonisten ohne eigenes Profil.

Der Gleichberechtigungstest

Der sogenannte Bechdel-Test ist ein nach der amerikanischen Comicautorin Alice Bechdel benannter Fragebogen, den sie in ihrem Comic "Dykes to Watch out for" entwarf. Der Test besteht aus drei simplen Fragen, mit denen man die Präsenz weiblicher Charaktere und ihren Beitrag zur Handlung des Filmes bestimmen kann. Die Fragen sind: Hat der Film mindestens zwei weibliche Figuren, die einen Namen haben? Sprechen diese zwei Figuren miteinander? Und sprechen sie über etwas anderes als einen Mann oder Männer?

Es ist erstaunlich, wie viele Filme diesen einfachen Test nicht bestehen. Man sollte aber beachten, dass dieser Test nicht die allgemeine Qualität eines Filmes beurteilt oder zeigt, ob ein Film prinzipiell feministisch ist oder nicht. Er ist ein Maß dafür, welche Rolle weibliche Figuren in Plots und Storylines spielen – und das sind oft maximal Nebenrollen. In der stark männlich dominierten Welt der Drehbuchautoren, Regisseure und Produzenten ist es kein Wunder, dass keine authentischen und bedeutenden Geschichten mit weiblichen Figuren entworfen werden. Es ist ein systematisches Problem, das mit der Unterrepräsentation von Frauen in der Filmbranche zu tun hat.

Den "Gleichberechtigungstest" kann man übrigens auch auf "colored people" – wir würden wohl Menschen mit Migrationshintergrund dazu sagen – anwenden. Hier müsste ein Film, um zu bestehen, mindestens zwei benannte Charaktere haben, die miteinander über etwas anderes sprechen als "Weiße" bzw. Angehörige der Mehrheitsbevölkerung. Man sieht schnell, dass die Kino- und Fernsehwelt noch in den Kinderschuhen steckt, was angemessene Thematisierung von Diversität angeht, denn dass Migranten miteinander in einem Film sprechen, passiert noch seltener, als dass Frauen miteinander sprechen.

Das Schlumpfine-Prinzip

Ein mit dem Bechdel-Test eng zusammenhängender Indikator ist das Schlumpfine-Prinzip. Es beschreibt, dass in einem an ein allgemeines Publikum gerichteten Programm maximal eine weibliche Hauptfigur enthalten sein kann. Entdeckt wurde es von der Schriftstellerin und Kritikerin Katha Pollitt, die es nach der berühmten kleinen blauen Zwergin benannte, die ganz alleine ist unter lauter männlichen Schlümpfen. Zu allem Überfluss wurde Schlumpfine ursprünglich sogar durch den Bösen Zauberer Gargamel in die Schlumpfenwelt eingeführt, um Zorn und Zwist zu säen. Als die Schlümpfe hinter Gargamels Plan kommen, verwandelt Papa Schlumpf die schlechte, schwarzhaarige, böse Schlumpfine in eine gute Seele – ab diesem Zeitpunkt mit langer blonder Mähne, hohen Schuhen, langen Wimpern und kurzem Röckchen.

In sowohl an Kinder und Jugendliche als auch an Erwachsene gerichteten Programmen gibt es die starke Tendenz zu einer disproportional hohen Anzahl an männlichen Charakteren – und das, obwohl 52 Prozent der Weltbevölkerung von Frauen gestellt wird. Oft erschöpft sich die Handlung in der Interaktion zwischen der hübschen Schlumpfine und ihren diversen und ausdifferenzierten männlichen Kompagnons – siehe TV-Serien wie die "Muppets" und "Winnie Pooh", "The Big Bang Theory" und "New Girl".

Ich bin keine Feministin, aber ...

Eines der gemeinsten und beleidigendsten Stereotype der Filmwelt wird im Englischen "the straw feminist" genannt. Es handelt sich hier um eine weibliche Figur, die manche gerne als "Kampflesbe" bezeichnen würden. Sie ist eine schon am Aussehen erkenntliche Feministin, die, möglicherweise noch vegan lebend und als Umweltaktivistin auftretend, die Handlung größtenteils durch ihre manchmal irrationalen und absurden, oft aber einfach berechtigten Forderungen nach Gleichberechtigung prägt. Diese Feministinnen sind meist negativ dargestellt und sollen oft einen Gegensatz zu emanzipierten, selbstbestimmten und starken weiblichen Hauptrollen darstellen. Wichtig ist hierbei zu zeigen, dass die vorbildliche weibliche Hauptrolle sich von feministischen Strömungen distanziert, da es nur eines gibt, was schlimmer ist, als Frau zu sein, und das ist es, eine Feministin zu sein.

In der dritten Staffel der Detektivserie "Veronica Mars" zum Beispiel muss die humorvolle und vorbildliche Hauptfigur sich mit einer Gruppe gewalttätiger und krimineller Feministinnen herumschlagen. In "Natürlich Blond" begegnet der erfolgreichen Anwältin ständig ein Charakter, dessen Hauptanliegen es ist, "Semester" in "Ovester" umbenennen zu lassen, und die in jeder Folge die Welt rettenden Powerpuff-Girls werden in einer Folge von einer feministischen Superheldin dazu verleitet, in jeder kleinsten Aktion eine Verletzung der Frauenrechte zu sehen. Diese Darstellung zielt darauf ab, Feminismus als negativ und unnötig abzustempeln, und führt unter anderem dazu, dass junge Frauen folgenden eigentlich widersprüchlichen Satz von sich geben: "Ich glaube an die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ... Aber ich bin keine Feministin!" (Olja Alvir, daStandard.at, 6.6.2012)