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Fein dosiert ist Aluminium in Impfstoffen enthalten.

Foto: Reuters/Ilya Naymushin

Man findet es überall, zirka acht Prozent der Erdkruste bestehen daraus. Als besonders leichter Werkstoff ist es bei Architekten beliebt, und was wäre die Verpackungsindustrie ohne Aluminium?

Doch das so allgegenwärtige Metall ist ins Gerede geraten. Aluminium, so heißt es, könnte eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit darstellen. Es soll die Entstehung von Alzheimer, Brustkrebs, Allergien auslösen oder zumindest begünstigen. Manche Forscher betrachten die Substanz als einen der am meisten unterschätzten Giftstoffe. Die Wirtschaftslobby versucht derweil, die aufkommenden Wogen zu glätten. Nun hat der österreichische Wissenschaftsjournalist Bert Ehgartner über das Metall mitsamt seinen umstrittenen Wirkungen ein Buch (Dirty Little Secret, Ennsthaler-Verlag) und einen Dokumentarfilm gedreht. Die Materie ist komplex, es gibt mehr offene Fragen als Antworten.

Fakt ist: Reines Aluminium ist sehr reaktionsfreudig. In der Natur kommt es deshalb nur als Bestandteil von Verbindungen vor, ähnlich wie Natrium. Aluminium-Salze sind relativ stabil. Bei durchschnittlichen pH-Werten sind sie nicht gut wasserlöslich. Aluminium bindet sich im Wasser gerne an organische Substanzen und bringt diese zum Ausflocken. Wasserwerke nutzen diese Eigenschaft zur Trinkwasserreinigung.

Das Reaktionspotenzial von Aluminium-Ionen macht diese in der Tat zu einem grundsätzlich gefährlichen Gift. Sie können den sogenannten oxidativen Stress verursachen und infolgedessen ernsthaft Zellen schädigen. Auch im Erbgut können die Metallionen Schaden anrichten, wie eine aktuelle französische Studie deutlich zeigt. Forscher des Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire setzten Embryonalzellen von Zebrafischen unterschiedlichen Aluminiumkonzentrationen aus und verglichen die dabei entstehenden Chromosomenschäden mit solchen, die bei einer parallelen Testreihe durch das Schwermetall Cadmium ausgelöst wurden. Aluminium-Ionen haben demnach eine größere Auswirkung als Cadmium-Ionen. Sie hemmen anscheinend vor allem die Aktivität von speziellen Enzymen, die Brüche in den DNA-Strängen reparieren (in: Mutation Research).

Gefahrenzone

Belastungen mit Aluminium treten mancherorts in der Umwelt auf, am stärksten aber im industriellen Umfeld. Aluminiumschweißer seien besonders gefährdet, erklärt der Toxikologe Jan Hengstler von der Technischen Universität Dortmund. "Das Kritischste ist dabei die Neurotoxizität." Wenn Aluminiumstaub eingeatmet wird, kann ein Teil davon sich lösen und über die Lungenbläschen ins Blut aufgenommen werden. Interessanterweise schafft es das Metall später auch, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und sich in Nervenzellen des Gehirns einzulagern. Es mehren sich die Hinweise auf eine mögliche Verbindung zwischen der Entstehung von Alzheimer und Aluminiumbelastung.

Riskant ist auch, wenn das Metall direkt in die Blutbahn gerät, wie etwa bei intravenöser Ernährung oder bei Injektionen. Impfpräparaten werden häufig Aluminiumverbindungen zugesetzt, weil diese die Immunreaktion verstärken. Wie diese Wirkung zustande kommt, ist nicht eindeutig geklärt, ebenso wenig wie der genaue Verbleib des injizierten Aluminiums im Körper des Geimpften.

In der Nahrung

Allerdings: Das Metall findet sich auch in Lebensmitteln - meistens chemisch gebunden - und im Trinkwasser. Und das ist, in kleinen Mengen, auch völlig natürlich. Über die Nahrung aufgenommene Aluminiumverbindungen werden zunächst im sauren Milieu des Magens gelöst, um anschließend im Darmkanal, wo ein annähernd neutraler pH-Wert herrscht, im Form von Aluminiumhydroxid wieder auszufallen. Dieses Aluminium ist nicht mehr biologisch verfügbar und wird ausgeschieden. Ein kleiner Anteil der ursprünglich aufgenommenen Menge gelangt dennoch ins Blut. Es wird wahrscheinlich vor allem über die Magenschleimhaut absorbiert, bindet sich am Eisentransport-Enzym Transferrin oder bildet Komplexverbindungen mit Citrat und kann in dieser Form auch in den entlegensten Winkel des Körpers transportiert werden. Auch ins Gehirn. Das meiste wird jedoch über die Nieren mit dem Urin abgegeben.

Die Gesamtdosierung ist normalerweise gering. Mehrere Studien haben gezeigt, dass im Schnitt nur etwa 0,1 Prozent des über den Mund aufgenommenen Aluminiums tatsächlich in den Körper gelangt. Bei Trinkwasser beträgt dieser Anteil ungefähr 0,3 Prozent. Je nach chemischer Verbindung, in der das Metall vorliegt, könnte diese Aufnahme gleichwohl um das Zehnfache schwanken, betont die EU-Nahrungsmittelsicherheitsbehörde EFSA in einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Stellungnahme. Die Institution hat die maximal tolerable Wochendosis (TWI) von Aluminium auf einen Milligramm pro Kilo Körpergewicht festgelegt. Die durchschnittlichen Aufnahmemengen sind europaweit unterschiedlich und bewegen sich zwischen 0,2 und 1,5 Milligramm pro Kilo und Woche, mit Spitzenwerten von bis zu 2,3 Milligramm. Die TWI wird somit wahrscheinlich bei einem wesentlichen Anteil der europäischen Bevölkerung überschritten, heißt es in der EFSA-Erklärung.

Für den Toxikologen Jan Hengstler sind solche Zahlen Anlass zum Nachdenken. Die allermeisten Menschen sind wahrscheinlich nicht akut gefährdet, meint der Experte. "Wenn allerdings der TWI regelmäßig überschritten wird, kommt man in eine Grauzone. Dann herrscht Klärungsbedarf." (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 19.11.2012)