Laufen, Schießen, Laufen: Der Biathlon in den "Winter Games" erforderte Taktgefühl beim Button-Mashing.

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Besonders wichtig: Im Zweierbob die Kurven kriegen.

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Mit Stil: Luftakrobatik bei "Hot Dog".

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Mit Grazie: Eistanz zu Tschaikowsky.

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Zum Vergleich: Skispringen 1985...

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...und 1991.

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Die Kurve nicht gekriegt.

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Auf zwei Brettern den Hang hinab...

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...und auf zwei Kufen übers Eis.

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Schön gemacht: Die Eröffnungs- und Schlusszeremonien.

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Altbackene Indie-Perle: "Deluxe Ski Jump 2".

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Moderner Vertreter: "RTL Winter Sports 2012".

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SEGAs Umsetzung der Winterolympiade 2010 war grafisch nett anzusehen, spielerisch aber durchwachsen.

Foto: SEGA

Willkommen in der Weihnachtszeit. Pünktlich vor dem frohen Fest erstrahlen die Alpen in prachtvollem Weiß und laden dazu ein, auf einem oder zwei Brettern erobert zu werden.

Aber halt: Nicht jeder hat eine passende Hügellandschaft in Reichweite und für alle anderen ist das Schneevergnügen nicht selten getrübt durch Warteschlangen an den Kassen, den dort zu entrichtenden Mondpreisen und anderen Freizeitsportlern, die dem geneigten Kurvenzieher mit ihrem Fahrverhalten gehörig die Laune verderben.

Dass es auch anders geht, beweisen Videospiele schon seit Jahrzehnten. Spätestens seit den legendären Winter Games lockt der Spaß im eisigen Pixepulver vor die Monitore. Wir steigen zu einer kleinen Zeitreise in die Gondel.

Beliebter Winterspielepausenfüller

1985 befindet sich der erste Ausstieg. Ein Jahr davor hatte Entwickler Epyx mit den "Summer Games" bereits einen Smash Hit gelandet. Sieben Disziplinen einer fiktiven Sommerolympiade forderten von den Spielern hohe Konzentration und Gefühl beim Button-Mashing.

Wenig überraschend folgte darauf – die Winterspiele im jugoslawischen Sarajevo waren gerade erst vergangen und jene in Calgary noch in weiter Ferne – der nächste Anschlag auf die Widerstandskraft vieler Joysticks und Tastaturen: "Winter Games".

Sieben Disziplinen

Wieder waren es sieben Einzelsportarten, in welchen man nach einer nettgemachten Eröffnungsanimation antreten durfte: Abfahrt, Biathlon, Zweierbob, Skispringen, Rodeln, "Hot Dog" (de facto Freestyle-Skiing) als auch Eistanz mit Pflicht und Kür. Die Anzahl der verfügbaren Disziplinen variierte je nach Plattform, denn das ursprünglich für den C64 veröffentlichte Spiel wurde auf zahlreiche Plattform portiert und konnte beispielsweise auch am Amiga, Apple II, Macintosh, ZX Spectrum oder dem PC gedaddelt werden.

16 Farben, fünf Tasten, ein Audiokanal

Unter DOS erstrahlten die virtuellen Winterspiele im altgewohnten, von Cyan und Pink geprägten Farbspektrum des CGA-Systems. Damals durchaus noch State of the Art, heute doch etwas gruselig anzusehen. Vier Farben prägten also die Winterlandschaft (am C64 sah das Ganze deutlich hübscher aus), für deren Bezwingung fünf Tasten ausreichend waren – wobei manche Disziplinen überhaupt nur zwei davon benötigten.

Zu den komplexeren zählte der Eistanz, wo eine Ballerina zu akrobatischen Höchstleistungen gebracht werden musste. Auf dem C64 durfte man sich über mehrstimmigen Sound freuen, am PC düdelte der interne Lautsprecher den "Blumenwalzer" aus Tschaikowskys Nussknacker-Suite in Mono-Sound vor sich hin. Nach modernen Standards ein ziemlich verzichtbares Akustik-Erlebnis. Noch heute wird darüber gerätselt, wie die digitalen Juroren eigentlich auf ihre Wertungen kommen.

Wesentlich einfach gestaltete sich das Bobfahren. Hier wurde das Gefährt im Eiskanal per Links- und Rechts-Steuerung auf der Idealspur gehalten. In Kurven galt es, auf die entsprechende Richtungstaste einzuhämmern, um nicht umzukippen.

Schwung holen und weit springen

Komplexitätsmäßig irgendwo dazwischen befand sich der Biathlon. Mit langsam steigender Links-Rechts-Frequenz wurde der Langläufer durch die stets drei gleichen Landschaften befördert. Beim Hinabfahren wurde durch das Anschieben mit Stöcken mehr Schwung heraus geholt, beim Anstieg war dieser wiederum wichtig, um nicht zu viel Geschwindigkeit einzubüssen. Geschossen durfte auch werden, wobei man auf ein von oben nach unten herabzischendes Fadenkreuz zu reagieren hatte.

Den wohl größten Reiz zu freundschaftlichen Duellen (Computerkonkurrenz gab es nicht, wer nicht alleine ständig Goldmedaillen einfahren wollte, musste eben einfach mehr Leute einladen) bot das Skispringen. Hier musste man dem eigenen "Adler" helfen, sich rechtzeitig von der Rampe abzustoßen, gut in der Luft zu halten und sicher zu landen. Nichts bot wohl mehr Anlass zu diebischer Freude, als seinen Kumpel um wenige Zehntelmeter auf die Plätze zu verweisen.

Wiederkehr

Ein Phänomen, das sich just in dieser Sportart einige Jahre später wiederholen sollte. 1991 erschien "The Games: Winter Challenge" aus dem kalifornischen Hause Accolade (dem ein Jahr später analog dazu die "Summer Challenge" folgen sollte). Den Krieg der Plattformen hatte der PC zu dieser Zeit schon weitgehend für sich entscheiden, dementsprechend wurde der Titel auch nur für DOS und den Sega MegaDrive auf den Markt gebracht.

Das Aufgebot umfasste acht Disziplinen, bewegte sich aber in einem deutlich konventionelleren Rahmen. Von Freestyle und Eiskunstlauf war nichts mehr zu sehen, dafür gab es immerhin Eisschnellauf, Riesenslalom und klassischen Langlauf – wobei zuletzt genannter Bewerb rein subjektiv bewertet mit Abstand am uninteressantesten zu spielen war.

Farbenfroh und dreidimensional

Deutlich sichtbar war jedenfalls der technische Fortschritt: Mehrkanalsound inklusive Sound Blaster-Support, farbenprächtiges VGA, sowie Pisten und Bahnen in 3D, bestückt mir Sprite-Sportlern. Button-Mashing war zwar auch hier noch ein Spielelement, aber praktisch auf drei Bewerbe beschränkt. In allen anderen waren es Reaktionsschnelligkeit, Präzision und Streckenkenntnis, die die Spreu vom Weizen trennten.

Beispiel Skispringen: Im Vergleich zu realen Schanzen verzichtete man einfach auf eine Spurführung, weswegen es im Anlauf die Aufgabe des Spielers war, seinen Athleten möglichst mittig und Schnell auf den Absprung zuzusteuern. Der musste dann ebenso gut getimed erfolgen. Einmal in der Luft, war es das Gebot, gegen Seitenwind anzukämpfen. Am Schluss stand die Landung, die besonders bei Sprüngen jenseits der 90 Meter-Marke ausgesprochen schwer zu bewerkstelligen war.

Das Spiel bot an, seine Versuche – derer es im Trainingsmodus unendlich viele und im Turniermodus jeweils nur einen gab – per Instant Replay nochmals zu betrachten und die Aufnahmen auch zu speichern. Momente für die Ewigkeit.

Gegen Freunde oder die KI

Ein klassischer Sturz war eine Option, um sich aus dem Rennen um Medaillen zu nehmen. Zu hohe Kurvenlage im Eiskanal eine zweite. Beim Biathlon boten die Gewehrübungen mitsamt grob lenkbarem, wild herumspringenden Fadenkreuz insbesondere beim Liegendschießen einen willkommenen Anlass, sich mit Strafzeiten schon auf halber Strecke aller Medaillenhoffnungen zu entledigen.

Anders im Eiskanal: Rodel und Bob konnten entweder umkippen, oder aus dem Tunnel fliegen, in der Regel begleitet vom hämischen Spott der mitmenschlichen Kontrahenten.

Wer es satt hatte, verlacht zu werden, durfte auch gegen computerisierte Gegner in drei Schwierigkeitsgraden antreten. Deren Versuche gab es nicht anzusehen, für sie wurde lediglich ein Ergebnis errechnet. Im Medaillenspiegel behielt man die Übersicht über den eigenen Erfolg und jenen der 15 Nationen (Österreich inklusive), unter deren Flagge man antreten konnte.

Unterhaltungswert vs. Nostalgie

"The Games: Winter Challenge" ist schon deutlich näher an modernen Sportspielen als sein geistiger Vater es ein halbes Jahrzehnt davor war. In Sachen Präsentation wurde von den Entwicklern durchaus einige Mühe in den Titel gesteckt. Die Presse belohnte die Arbeit mit guten Wertungen.

Was für manchen Nostalgiker möglicherweise bitter klingen mag: Der Olympia-Beitrag von Accolade ist heute um Vieles unterhaltsamer zu Spielen, als die originalen "Winter Games". So sehr alte Spiele zurecht geschätzt werden, ist es gut, dass sich die Mechanik vieler Genres Ende der 80er bis Ende der 90er auch dank des technischen Fortschritts massiv weiterentwickelt hat.

Ein Genre im Siechtum

Eine andere Entwicklung, die im weiteren Verlauf zu beobachten ist, ist der Niedergang von Sportspielen, die ganze Olympiaden simulieren. Gegeben hat es sie durchaus, sogar versehen mit offiziellen Lizenzen für Veranstaltung und Sportlernamen. Bahnbrechender Erfolg blieb jedoch aus. Auch die von SEGA gelieferte Simulation zur Olympiade 2010 in Vancouver 2010 wollte nicht so recht überzeugen.

Etablieren konnten sich dafür Spartenspiele. Ende der Neunziger tauchte eine clever gemachte, wenn auch damals schon grafisch veraltete und für DOS programmierte Indie-Skisprungsimulation namens "Deluxe Ski Jump" auf, die der finnische Entwickler MediaMond bis heute vorantreibt.

Sie glänzte mit guter Physikumsetzung (nebst verschiedener Bugs, zu der die Community stets eine Hassliebe pflegte) und der Tatsache, dass vom Absprung bis zur Landung alles gut mit der Maus zu steuern war. Ein kleiner Geheimtipp zu dieser Perle (es darf kostenlos gespielt werden) findet sich am Ende dieses Artikels.

Abgesprungen

Unter der Flagge des deutschen Privatsenders RTL, gestützt durch die Erfolge der Skifliegergeneration rund um Sven Hannawald, der ein wenig die Zeiten eines Jens Weißflog wieder aufleben ließ, reüssierte die gleichnamige "RTL Skispringen"-Reihe. Diese konnte mitunter technisch und spielerisch überzeugen. Ihr Erfolg schien mit einem Tief im deutschen Skisprungsport aber ebenso zu leiden, weswegen die 2007er-Fassung das vorläufige Ende der Serie als Einzelsport darstellt.

Dieser wurde in die "Winter Sports"-Reihe von dtp entertainment integriert, diese steht ebenfalls unter Schirmherrschaft von RTL. Mangels Qualität fliegt sie mittlerweile zurecht unter dem Radar vieler Winterfreunde, nach dem letztjährigen Release der 2012er-Ausgabe hat man allen Anschein nach auf eine Neuauflage verzichtet.

Phänomen "Ski Challenge"

Als durchaus gelungen darf man dafür die vom österreichischen Studio Green Tube entwickelte "Ski Challenge" betrachten. Seit Jahren bestreiten hier Spieler aus immer mehr Ländern nationale Abfahrtswettbewerbe analog zum realen Zeitplan des Ski-Weltcups auf nachgebildeten Original-Pisten. Seit heuer kann sogar im Browser mitgefahren werden. In Sachen Popularität ist das aber eine Ausnahme von der Regel. Abseits vereinzelter Snowboardsimulationen ist das Genre sonst ziemlich in einer sprichwörtlichen Gletscherspalte versunken.

Epyx: Bekannt für Spiele und Hardware

Für Epyx war übrigens 1993 schon Schluss. 1979 als "Automated Simulations" in San Francisco gegründet (die Umbenennung erfolgte 1983), feierte man mit Titeln wie "Jumpman", "Impossible Mission", den "California Games" oder "World Games" Anfang und Mitte der Achtziger diverse Kassenschlager.

Daneben machte man sich auch als Hardware-Hersteller einen Namen und entwickelte unter anderem den "500XJ"-Joystick für die Nintendo-Konsole sowie die Fast Load-Cartridge, mit der Zugriffszeiten auf Disketten beim C64 um ein Mehrfaches beschleunigt werden konnten. Der Low-Level-Zugang auf die Datenträger war außerdem ein gefundenes Fressen für Bastler und Hacker. Ein von Epyx entwickeltes Handheld-System musste man aus Geldnot an Atari verkaufen, wo es letztlich unter dem Namen "Lynx" ein sehr kurzlebiges Dasein fristete.

Übernommen

1989 und einen langwierigen Rechtsstreit mit Data East rund um den Titel "World Karate Championship" (inklusive einem temporären Verkaufsverbot) später, meldete Epyx Insolvenz an. Grund dafür war nicht besagter Prozess – den man letzten Endes für sich entscheiden konnte -, sondern, so Programmierer Stephen Landrum, dass man sich mit der Ausbreitung in verschiedene Sparten schlichtweg übernommen hatte.

Die Firma zog in ein kleineres Büro in Redwood, musste einen Großteil der Mitarbeiter entlassen. Dem Bankrott entkommen, wurde das Unternehmen schließlich 1993 verkauft, womit auch der Markenname verschwand. Die Rechte an diversen Titeln liegen heute bei System 3, eine zwischenzeitliche Adaption der "California Games" für die Wii Virtual Console floppte.

Accolade: Aufstieg in den 80ern

Auch Accolade konnte sich in den 80ern einen Namen machen, etwa mit Titeln wie "Test Drive" oder "HardBall". Man begann im Jahrzehnt darauf zunehmend, sich als Publisher zu betätigen. 1991 folgte eine gerichtliche Auseinandersetzung, da Accolade es via Reverse Engineering der Konsole geschafft hatte, seine Spiele auch für den Sega Genesis zu veröffentlichen.

Dem japanischen Hersteller missfiel dies, da er darauf bestand, dass Titel ausschließlich für die Plattform veröffentlicht werden sollten. Der Streit endete nach mehreren außergerichtlich und Accolade konnte seine Software künftig als Lizenznehmer auch für Genesis-Besitzer anbieten.

Langsamer Absturz in den 90ern

Erfolgreiche Titel wurden rarer, zu den Highlights zählten "Star Control" sowie dessen Nachfolger. Der letzte große Erfolg gelang 1997 mit "Test Drive 4". Als letzter Titel erschien 1999 ."Redline", ein Shooter- und Rennspiel-Genremix in postapokalyptischen Setting. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehrmals Stellen abgebaut und das Unternehmen auf Actionspiele ausgerichtet worden.

Im selben Jahr wurde man Teil des Infogrames-Konzerns, der seine Fühler nach Nordamerika ausstreckte. Als Konsequenz verschwand mit der Übernahme auch der Name Accolade aus den Annalen der Videospiel-Historie.

Vier Jahre später holte das Unternehmen die mit der Hasbro Interactive-Übernahme 2001 erworbenen Rechte an der Kult-Computermarke Atari erstmals wieder aus der Mottenkiste. 2009 taufte man sich und beinahe alle Tochterunternehmen entsprechend um. Wie die englischsprachige Wikipedia verrät, sind auch heute noch viele ehemalige Accolade-Mitarbeiter beim Unternehmen beschäftigt, das sich auf mittlerweile auf die "Entwicklung und Veröffentlichung onlinetauglicher Spiele" konzentriert.

Goodie: Deluxe Ski Jump 2

Es ist drei Jahre her, da hat MediaMond den zweiten Teil von "Deluxe Ski Jump" zu Freeware erklärt. Auf der Homepage ist davon aber längst nichts mehr prominent zu lesen, da man sich offenbar hauptsächlich auf den aktuellen, vierten Teil konzentriert und sein Vermächtnis ruhen lässt.

Wir haben den Freischaltcode für euch ausgebuddelt. Die auf der Homepage des Entwicklers herunterladbare Demo kann mit dem Namen "10TH ANNIVERSARY" und dem Schlüssel "099-169-2883" (jeweils ohne Anführungszeichen) freigeschalten werden. Bis Windows XP sollte das Spiel (notfalls im DOS-Modus) problemlos laufen.

Ab Windows Vista muss, zumindest bei einem 64-Bit-System, die DOSBox zu Hilfe genommen werden. Wir empfehlen ausdrücklich das Frontend D-FEND Reloaded (die DOSBox ist dort bereits im Download integriert).

Wie das Spiel dort eingerichtet wird, damit es sowohl im Vollbild- als auch im Fenstermodus flüssig läuft, zeigen wir in Form einer bebilderten Anleitung, die Sie als PDF auf der linken Seite herunterladen können. (Georg Pichler, derStandard.at, 18.12.2012)