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Grindwale, eine bis zu sechs Meter lange Delfinart, sind besonders oft von Massenstrandungen betroffen.

Foto: APA/EPA/DEPARTMENT OF CONSERVATION

Auckland - Was Walstrandungen auslöst, ist immer noch nicht eindeutig geklärt. Als Hauptverdächtiger gilt seit einiger Zeit Unterwasserlärm, der die Orientierung der Tiere erschwert - etwa durch Schiffsverkehr und nicht zuletzt auch durch militärische Sonarexperimente. Auch Umweltgifte, Infektionen oder Parasitenbefall werden in Betracht gezogen.

Als sicher gilt jedoch, dass das soziale Gefüge von Walen seinen Teil dazu beiträgt, wenn aus einzelnen Strandungen eine Massenstrandung wird, der schlimmstenfalls hunderte Tiere zum Opfer fallen. Das stimmt im Prinzip auch, läuft aber ganz anders ab als gedacht, schließen neuseeländische Forscher aus ihrer Untersuchung mehrerer Massenstrandungen von Grindwalen.

Überraschende (Nicht-)Verwandtschaftsverhältnisse

Bisher wurde angenommen, dass Wale in Strandungsgefahr geratenen Familienmitgliedern zu Hilfe eilen wollen und dadurch selbst ins Verderben schwimmen. Wäre dies der Fall, müssten alle gestrandeten Tiere miteinander verwandt sein. Eine DNA-Analyse von 490 Grindwalen, die zwölf Massenstrandungen in Australien und Neuseeland zum Opfer gefallen waren, zeigte jedoch ein ganz anderes Bild. Die Forscher um Marc Ormus von der Universität Auckland stellten fest, dass die meisten der Tiere nicht miteinander verwandt waren. Auch Kälber fanden die Wissenschafter - anders als erwartet - nicht in der Nähe der Mütter auf.

Statt selbstdestruktiven familiären Beistands scheinen also andere soziale Prozesse abzulaufen. Ausgangspunkt könnten größere Walversammlungen sein, bei denen nicht miteinander verwandte Walschulen zur Nahrungsaufnahme oder Paarung zusammentreffen. In diesen Massenversammlungen könnte es zu Konflikten kommen, die das enge soziale Gefüge innerhalb der einzelnen Schulen stören und Familienmitglieder voneinander trennen. Schreie von Walen, die aus irgendeinem Grund in Not geraten sind, würden die anderen Tiere verwirren und könnten zur Auflösung der Gruppen und schließlich auch zu Strandungen führen, so die Forscher.

Walretter im Irrtum

Zu einem Umdenken zwingen diese Erkenntnisse auch Walretter: In der Regel werden gestrandete Walkälber möglichst mit den Weibchen, in deren unmittelbarer Nähe sie gefunden wurden, wieder ins Meer geleitet. Die Annahme, dass es sich dabei um ihre Mütter handelt, entspricht aber offenbar keineswegs der Wirklichkeit. Dass die Tiere somit wieder in der Nähe von Fremden statt Verwandten sind, könnte möglicherweise ein Grund dafür sein, dass bereits gerettete Tiere nicht selten anschließend erneut stranden. (red, derStandard.at, 17. 3. 2013)