Bild nicht mehr verfügbar.

Anton Zeilinger will die ÖAW verstärkt in aktuelle Debatten einbringen: "Wir haben eine unglaubliche Expertise, davon kann das Land nur profitieren."

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Der Quantenphysiker Anton Zeilinger ist bei der heutigen Gesamtsitzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zum neuen ÖAW-Präsidenten gewählt worden. Er setzte sich gegen den Rechtswissenschafter Walter Berka, den Demografen Wolfgang Lutz und den Historiker Arnold Suppan durch. Der bisherige Präsident Helmut Denk hatte sich nicht mehr der Wahl gestellt.

In einer ersten Stellungnahme erklärte Zeilinger, er wolle die wissenschaftliche Expertise seiner Einrichtung verstärkt in aktuelle Debatten einbringen: "Die Akademie soll noch stärker als bisher in der Öffentlichkeit auftreten, vor allem zu aktuellen Fragen.", so Zeilinger. "Wir haben eine unglaubliche Expertise, davon kann das Land nur profitieren." In den angloamerikanischen Ländern würden die vergleichbaren Einrichtungen viel stärker in der Diskussion wahrgenommen: "Das ist bei kontinentaleuropäischen Akademien noch nicht der Fall."

Strukturfragen

Seine Vorstellungen zur organisatorischen Zukunft der ÖAW will Zeilinger vorläufig noch nicht präsentieren. Der derzeit laufende Reformprozess an der ÖAW müsse aber weitergehen. Im vergangenen Herbst wurde von den ÖAW-Mitgliedern der Grundsatzbeschluss gefasst, Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgereinrichtung zu trennen, das gemeinsame Dach ÖAW allerdings zu erhalten. "Gelehrtengesellschaft und Institute sollten im Tagesgeschäft nicht vermischt werden", meinte auch Zeilinger.

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle wünschte sich in einer Aussendung, dass Zeilinger die beschlossene Neustrukturierung in der ÖAW "tatkräftig im Sinne der Stärkung der ÖAW" fortsetzt. Dies solle unter dem Motto "viribus unitis" - also mit vereinten Kräften - passieren.

Zeilingers Werdegang

Anton Zeilinger wurde am 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis (OÖ) geboren. Er studierte Physik und Mathematik an der Universität Wien, hat dabei aber "keine einzige Stunde eine Vorlesung zur Quantenphysik besucht". Er musste sich sein Wissen aus Büchern aneignen, wie er in seinem Werk "Einsteins Schleier" (2003) schreibt. Seine Doktorarbeit machte er am Atominstitut bei Helmut Rauch, dem "Urvater der Quantenoptik in Österreich" (so ein ehemaliger Schüler), wo er nach der Promotion (1971) als Assistent arbeitete. In diese Zeit fielen auch erste Forschungsaufenthalte im Ausland, u.a. am Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei dem späteren Nobelpreisträger Clifford G. Shull (1994).

Weitere Auslandsaufenthalte folgten, ehe er 1990 in seine Heimat zurückkehrte und den Lehrstuhl für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck übernahm. Seit 1999 ist er ordentlicher Professor für Experimentalphysik an der Universität Wien und seit 2004 zudem wissenschaftlicher Direktor des Wiener Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der ÖAW. Erfahrungen als "Wissenschaftsfunktionär" sammelte Zeilinger auch als Physik-Dekan der Uni Wien.

Die Akademie der Wissenschaften

Die 1847 gegründete ÖAW ist eine Gelehrtengesellschaft und zugleich die größte grundlagenorientierte, außeruniversitäre Forschungsinstitution in Österreich. Sie verfügt derzeit über 28 Forschungseinrichtungen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, darunter international renommierte wie das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI), das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) und das Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CEMM).

Der neue Präsident wird die Akademie von Juli 2013 bis 2017 leiten. Seine zentrale Aufgabe soll die Umsetzung einer Reform und die Teilung der ÖAW in eine Gelehrtengesellschaft und einen Forschungsträger sein. (APA/red, derStandard.at, 15. 3. 2013)