Tom Cruise als einsamer Soldat auf Erden, begleitet von Olga Kurylenko: In "Oblivion" ist er seiner alten Identität auf der Spur.

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Wien - Bilder des verwüsteten blauen Planeten beschwört das Science-Fiction-Kino in immer wieder neuen Variationen herauf. Besonders einprägsam sind darunter jene, in denen man Reste des gegenwärtigen Zeitalters wiedererkennt, zum Beispiel den Arm der Freiheitsstatue, der in Planet der Affen auf dem Strand aus dem Boden ragt. "Wir haben es in den Sand gesetzt", suggerieren diese Ansichten mit einer gewissen Schwermut. Das ist auch in Oblivion, dem dystopischen US-Filmdrama von Joseph Kosinski, wieder der Fall. Die Erde ist ein postnuklearer Trümmerhaufen, seit Atombomben eingesetzt wurden, um eine aggressive Alien-Invasion abzuwehren.

Oblivion erzählt die Geschichte eines einzelnen Mannes. Er heißt Jack Harper und wird von Tom Cruise als dienstfertiger, pflichtbewusster Soldat verkörpert, der als letzter Mensch auf Erden Patrouillen fliegt. Sein Ingenieurswissen macht ihn unentbehrlich, denn nur er versteht es, die kugelförmigen Drohnen zu reparieren, die in der Regel effektiver als er selbst die Sicherheit wahren. Auf der Erde gibt es immer noch rebellische Aktivitäten, die Harpers Auftraggeber nicht tolerieren. Richtig ausmachen lassen sich diese Wesen nicht; sie wirken zunächst wie kleine Monster, die nie genug von sich offenbaren, das Dunkel bevorzugen.

Der Film hingegen, betont Kosinski derzeit in jedem Interview, spielt bei Tageslicht, obwohl das so ein Novum nun auch wieder nicht ist. Die Landschaften, über die Harper fliegt, breitet er als karge Panoramen aus, in denen sich kleinere Scharmützel zwischen Mensch, Drohne und Rebellen abspielen.

Heim ins Glashaus

Nach Dienstschluss kehrt Harper in sein hoch über dem Boden schwebendes Glashaus (mit entsprechendem Ausblick) zurück, wo bereits die porzellanhafte Ehefrau (Andrea Riseborough) wartet: Wollte man gemein sein, ließe sich sagen, diese sterile Lebenswelt samt Wolkenpool könnte von Scientology entworfen sein. "Are you an effective team?", fragt die Frau am Computer-Screen täglich.

"Oblivion" bedeutet Vergessenheit, den gleichnamigen Film beschäftigen allerdings mehr Fragen nach Erinnerung. Im Science-Fiction-Genre ist das ein oft benutztes Motiv: der Held, der eine verschüttet geglaubte Identität wiederentdeckt, wie in manchem Roman von Philip K. Dick. Harper wird besonders von Erinnerungen an eine Frau (Olga Kurylenko) verfolgt, die ihm offenbar ziemlich nahestand.

Als er diese dann eines Tages in einer abgestürzten Raumkapsel bergen kann, beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln, und seine sauber designte Welt erhält zunehmend Risse. Tom Cruise, der inzwischen auch schon ein paar Krähenfüße dazugewonnen hat, agiert für sein Alter jugendlich beflissen - als Held einer tragischen Selbstsuche war er in Filmen wie Vanilla Sky schon einmal überzeugender.

Kosinski hat bereits 2010 das 3-D-Remake von Tron umgesetzt. In Oblivion erweist er sich nun als Kenner des Genres - wenngleich vor allem in dem Sinne, dass er eklektisch Puzzleteile aus anderen Filmen zusammensetzt. Mad Max-Apokalyptik, Flug-Verfolgungsjagden wie in Star Wars, unheimliche Klon-Szenarien (Matrix) oder ein Befreiungsnarrativ wie in Logan's Run (Flucht ins 23. Jahrhundert) - der Film motiviert zu ganzen Assoziationsketten, die einen zumindest über manch redundante Konfrontation im Wüstensand hinweghelfen.

Denn Originelles hinzuzufügen hat Kosinski nicht. Er bewegt sich brav entlang von Standardsituationen und flacht seine Figuren vor allem in Dialogen ab, ohne damit auf aktionistischer Seite an Dynamik zu gewinnen. Selbst wenn der Film ein idyllisches Bild der Vergangenheit zu beschwören versucht, wird man hier das Gefühl nicht los, dass er die Geschichte des Genres nur als Trümmerhaufen versteht: Oblivion betreibt Recycling als Oberflächendesign. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 10.4.2013)