240 Turbo-PS und 900 Kilo Gewicht: Der Alfa Romeo 4C macht nicht nur mit seinem Design von sich reden. Zudem wird der Mittelmotor-Sportler in feinster Manier bei Maserati gefertigt

Vor wenigen Monaten noch bangten die eingefleischten Alfisti um den Fortbestand ihrer Automarke. Inzwischen gibt Alfa Romeo wieder kräftige Lebenszeichen von sich. Ein neuer Spider ist bereits angesagt, während in Modena die ersten 4C vom Band laufen. Halleluja.

Foto: alfa romeo

Genau, in Modena. Der 4C wird nämlich nicht bei Alfa Romeo, sondern bei Maserati gefertigt, die ja auch schon den Supersportwagen 8C zusammengebaut haben.

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Der Grund, warum Alfa Romeo die Fertigung in die Hände von Maserati gibt, liegt in ebendiesen: Die Burschen dort wissen, wie man hochemotionale Autos auf die Straße bringt. Bei einem Besuch im Werk, in der neu errichteten Produktionslinie, ist sofort klar: Handarbeit wiegt mehr als die Stechuhr, Qualitätskontrollen gibt es mehr als Schrauben am 4C.

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Der 4C, das ist ein lange herbeigesehnter Sportwagen der italienischen Kultmarke, der ein weiterer Meilenstein werden soll. Er reiht sich zeitlich hinter den 8C-Modellen und etwa dem legendären Alfa Romeo 33 Stradale ein.

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"Wir wollten einen Sportwagen schaffen, der ein Gewicht-Leistungs-Verhältnis von weniger als vier Kilogramm pro PS hat", lässt sich Alfa Romeo-Chefentwickler Mauro Pierallini in die Karten blicken. "Um einen solchen Sportwagen zu bauen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man verbaut einen starken Motor mit brachialer Leistung, oder man reduziert das Gewicht. Sich auf die PS-Leistung zu konzentrieren hat Nachteile bei den Anschaffungs- und Betriebskosten." Darum konzentrierte sich Alfa Romeo darauf, das Gewicht zu reduzieren - vielleicht auch weil sich der limitierte, bärenstarke, aber sauteure 8C nicht wie erwartet verkaufte.

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Was Alfa Romeo geschafft hat, ist beeindruckend. 895 Kilogramm geben die Italiener an, fragt man sie nach dem Gewicht ihres 4C. Gut, man muss dazu sagen, dass sie bei der Angabe das Trocken- und nicht das Leergewicht meinen. Dennoch. Ein leerer Lotus Exige S wiegt 1176 Kilogramm und wird von einem 3,5-Liter-V6 angetrieben. Der leichtere 4C kommt mit dem 240 PS starken, aufgeladenen 1750 TBi aus.

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Um so deutlich unter einer Tonne zu bleiben, verbaut Alfa Romeo im 4C ein Carbon-Monocoque, das vom italienischen Hersteller Adler Plastic zugeliefert wird. Ein Viertel des gesamten Fahrzeugvolumens besteht aus Carbon - das macht aber nur rund zehn Prozent des Fahrzeuggewichts aus. Das komplette Monocoque drückt sanfte 65 Kilogramm auf die Waage. 38 Prozent des Fahrzeuges bestehen aus Aluminium, weitere 23 Prozent aus Stahl, zumindest in Europa. In den Autos, die in die USA exportiert werden, ist über drei Kilogramm mehr Stahl in den Türen verbaut.

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Das liegt an einer stärker ausgeführten Strebe, die sich in der SMC-Tür befindet. SMC, das Sheet-Moulding-Compound, ist ein Faserkunststoffverbund, der die ganze Außenhaut des 4C bildet. Nur die vorderen Kotflügel und die Stoßstangen bestehen aus eingespritzem Polyurethan. Beide Kunststoffe tragen weiter zur Gewichtsreduzierung bei, weil sie rund 20 Prozent leichter sind als traditioneller Stahl. Ein weiterer Vorteil des Materials ist, dass damit auch komplexe Designideen einfach umgesetzt werden können. Die Teile sind widerstandsfähig, halten leichte Krafteinflüsse aus, und SMC absorbiert zudem Geräusche.

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Im Fall des Falles - oder sagen wir, im Fall des Einschlags, brauchen 4C-Besitzer aber keinen Spengler anzurufen. Da hilft dann einfach das Austauschen der Karosserieplastikteile. Halleluja.

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Die 18 4C der Launch Edition, die nach Österreich kommen, haben übrigens schon Besitzer gefunden. Jeder von ihnen hat rund 60.000 Euro für den Sportwagentraum hingelegt, wird aber noch bis Oktober warten müssen, bis der Alfa ausgeliefert wird. Weitere fünf 4C werden heuer noch zu uns kommen. Der Preis für die Modelle nach der Launch-Edition steht noch nicht fest. Lange wird es aber wohl nicht dauern, bis auch die verkauft sind.

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16 Autos können derzeit pro Tag gebaut werden. Mehrere Tausend Fahrzeuge sollen künftig jedes Jahr vom Band laufen, denkt Alfa Romeo an. "Es handelt sich dabei um Stückzahlen, die bei Fahrzeugen dieser Kategorie, die einen hohen Anteil an Handarbeit aufweisen, nicht üblich sind", erklärt Mauro Pierallini im Maserati-Werk in Modena.

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Und er erklärt auch, dass ein manuelles Getriebe für den 4C vorerst nicht angedacht ist. "Zu einem Sportwagen, da passt am besten ein Doppelkupplungsgetriebe", begründet er diese Entscheidung. Dabei hat gerade dieses Getriebe von Alfa Romeo nicht nur Freunde gefunden.

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Noch etwas, worauf man als Interessent achten sollte: Wegen des Carbon-Monocoques wird zwar jeder Alfa-Händler den 4C verkaufen können, aber nicht alle Vertragswerkstätten werden in der Lage sein, ihn zu warten.

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Das Warten, ob es Alfa aus der Talsohle schafft, hat mit dem 4C aber vorerst ein Ende. Die Nachfrage ist enorm, und die Auftragsbücher sind voll - auch wenn der Wagen nicht gerade billig ist und bestenfalls als Zweitwagen taugt.

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Inzwischen arbeitet Alfa Romeo bereits an einem weiteren Licht am Ende des Tunnels, dem nächsten Spider. Der entsteht aber nicht in Kooperation mit Maserati, sondern Mazda liefert mit dem künftigen MX-5 die Startrampe. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 14.6.2013)

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