Der Aufbau des jungen Sternsystems TW Hydrae. Darunter ein Größenvergleich mit unserem Sonnensystem.

Illustration: NASA, ESA, J. Debes (STScI), H. Jang-Condell (University of Wyoming), A. Weinberger (Carnegie Inst. of Washington), A. Roberge (Goddard Space Flight Center), G. Schneider (University of Arizona/Steward Observatory), A. Feild (STScI/AURA)
Illustration: NASA, ESA, A. Feild (STScI)

Washington - Die drei wichtigsten Kriterien bei Immobilien heißen bekanntlich Lage, Lage, Lage - aber Astronomen machen immer wieder die Erfahrung, dass es im Kosmos kein einheitliches Schema dafür gibt, wo günstige und wo ungünstige Bedingungen herrschen. Jüngstes Beispiel ist eine Entdeckung des Hubble-Teleskops, die auf einen Planeten hinweist, der seinen Stern so weit entfernt umkreist wie kein anderer bislang bekannter.

Eine Scheibe mit Lücke

Das betreffende System ist 176 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild der Wasserschlange und noch im Aufbau begriffen. Der Stern TW Hydrae ist ein Roter Zwerg, der laut Astronomen erst etwa acht Millionen Jahre alt ist. Zu jung noch, um schon ein voll ausgebildetes Planetensystem zu besitzen. Tatsächlich ist der Stern von einer riesigen protoplanetaren Scheibe aus Staub und Gas umgeben, die etwa 66 Milliarden Kilometer breit ist.

In dieser Scheibe klafft aber eine etwa drei Milliarden Kilometer weite Lücke. Solche Lücken sind in der Regel ein Hinweis darauf, dass hier ein werdender Planet kreist, der auf seiner Bahn Material aufsammelt und so seine Umgebung leerräumt. Die Lücke wurde in verschiedenen Wellenlängenbereichen festgestellt, es handelt sich also nicht um eine optische Täuschung.

Erschwernisfaktoren für Planetenbildung

Erstaunlich ist der Abstand dieser Lücke zum Stern: Etwa das Doppelte der durchschnittlichen Entfernung zwischen Pluto und Sonne. Ein Planet auf einem derart weiten Orbit müsste sich sehr langsam bewegen und dementsprechend viel Zeit brauchen, ausreichend Material anzusammeln. Laut NASA bräuchte die Entstehung eines Planeten auf einem solchen Orbit mindestens 200 Mal so lange wie die des Jupiter. Und die dauerte Schätzungen zufolge etwa 10 Millionen Jahre - was bereits länger ist als die bisherige Lebensdauer von TW Hydrae als vollausgebildeter Stern.

Zudem liefert die Scheibe um den Stern in dieser Entfernung nicht mehr so viel Material wie weiter innen. Teleskop-Beobachtungen mit dem chilenischen Atacama Large Millimeter Array haben gezeigt, dass die protoplanetare Scheibe in diesem Abstand vom Stern nur noch aus winzigen Partikeln besteht.

Realität fordert Modelle heraus

"Üblicherweise braucht man Kieselsteine, bevor man einen Planeten haben kann", sagt John Debes vom Space Telescope Science Institute in Baltimore. "Wenn es also dort einen Planeten und weiter draußen keinen Staub über der Größe von Sandkörnern gibt, wäre das eine riesige Herausforderung an herkömmliche Modelle der Planetenbildung."

Wenn bestätigt werden kann, dass die Lücke tatsächlich durch einen Planeten verursacht wurde, wäre dieser zugleich ein Rekordhalter: Unter den bislang etwa 900 entdeckten Exoplaneten hat laut NASA keiner einen derart weiten Orbit. (red, derStandard.at, 15. 6. 2013)