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Die Sensibilität im Umgang mit dem Rauchen nahm in den letzten Jahren stetig zu. Mitunter führt dies auch zu mietrechtlichen Streitigkeiten.

Foto: APA/dpa/Schlesinger

Ein Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf sorgt derzeit für helle Aufregung in Deutschland: Das Gericht entschied in erster Instanz, dass einem Mieter, der starker Raucher ist und dessen Zigarettenrauch aus der Wohnung in den Hausflur abzieht, die Wohnung gekündigt werden dürfe - und zwar fristlos.

Schutz der anderen Mieter vorrangig

Ein Mieter dürfe zwar grundsätzlich in seiner Wohnung rauchen, heißt es in der Urteilsbegründung (siehe Link unten). Dies sei von dem vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung gedeckt. Der Vermieter eines Mehrparteienhauses müsse es jedoch nicht dulden, wenn Zigarettenrauch im Treppenhaus zu einer unzumutbaren und unerträglichen Geruchsbelästigung führe. Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit der weiteren Mieter sei gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit des Beklagten vorrangig.

Die Räumungsklage gegen den Mieter Friedhelm Adolfs, der 40 Jahre lang in seiner Wohnung war und 35 Jahre lang sogar als Hausmeister gearbeitet hatte, ging deshalb vorerst durch. Nun dürfte die Causa vor dem Düsseldorfer Landgericht landen.

Streitfrage geöffnete Fenster

Vor dem Amtsgericht führte die Vermieterin eine gesundheitsgefährdende Belästigung der anderen Mieter ins Treffen. Das Gericht entschied in diesem Sinne: Sie müsse es nicht dulden, wenn Zigarettenrauch im Treppenhaus die Nachbarn belästige. Dies gelte auch, wenn der Mieter grundsätzlich in seiner Wohnung rauchen dürfe.

Der 74-jährige Adolfs bestritt, dass er mit dem Zigarettenrauch die anderen Mieter belästige. Seine Fenster seien ständig gekippt, behauptete er. Von der Vermieterin wurde das allerdings bestritten: Sie hielt ihm vor, sein Lüftungsverhalten mit dem Tod seiner Frau entscheidend verändert zu haben. Seit diesem Zeitpunkt seien die Holzrollläden der Wohnung quasi ständig geschlossen, der Qualm ziehe nun ins Stiegenhaus. Andere Mieter hätten sich darüber beschwert und ihrerseits mit der Kündigung des Mietverhältnisses gedroht. 

Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" seien bei dem Rechtsstreit "zwei Grundrechte aufeinandergeprallt", nämlich das persönliche Freiheitsrecht des Rauchers und das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn. "Bislang gilt das Rauchen in der eigenen Wohnung als höchstrichterlich geschützte persönliche Freiheit. Der Bundesgerichtshof ließ aber 2006 und 2008 ausdrücklich offen, ob 'exzessives Rauchen' als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann", schreibt die Zeitung. Gerichte hätten außerdem schon bisher Nichtrauchern, die sich durch Qualm belästigt fühlten, Mietminderungen zugesprochen.

Auch in Österreich denkbar

Auch in Österreich wäre ein solches Urteil laut Mietervereinigungspräsident Georg Niedermühlbichler durchaus denkbar - denn es gebe dafür den Kündigungsgrund namens "ungehöriges Verhalten" (Paragraf 30 MRG). Dort steht geschrieben, dass es als wichtiger Grund anzusehen sei, "wenn der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet".

Als "normaler" Raucher in der eigenen Wohnung müsse man zwar nicht besorgt sein, denn es gebe eine Entscheidung des Wiener Landesgerichts aus dem Jahr 1994, in der festgestellt wurde, dass Zigarettengeruch aus anderen Wohnungen "üblich, unvermeidbar und daher zu dulden" sei. Weil mit dem Thema Rauchen heute aber in vielen Bereichen völlig anders umgegangen wird als damals, ist es freilich unklar, wie ein solcher Fall - insbesondere bei übermäßigem Zigarettenkonsum - heute entschieden werden würde, gibt Niedermühlbichler zu bedenken.

Denkbar wäre auch eine Mietzinsminderung wegen qualmender Nachbarn. Entsprechende Anfragen nach rechtlichen Möglichkeiten in solchen Fällen hätten in den letzten Jahren bei der Mietervereinigung jedenfalls zugenommen. (map, derStandard.at, 31.7.2013)