Zwangsneurosen schweißen zusammen: Norman Bates (Freddie Highmore) und Mutter (Vera Farmiga).

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Norman Bates Wohnhaus und Motel ist gut bekannt aus dem Hitchcock-Thriller "Psycho".

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Dr. Lecter (Mads Mikkelsen) hat wieder Appetit auf Menschenfleisch...

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... und schlürft wieder lecker Chianti.

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Sein Gegenspieler Bill Graham (Hugh Dancy) ahnt (noch) nichts.

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Wien – Schwindel am Morgen ist für gewöhnlich ein typisches Merkmal von verspannter Nackenmuskulatur oder niederem Blutdruck. Oder der Restalkohol wirkt nach. Bei Norman Bates (Freddie Highmore) trifft beides nicht zu. Das, was den jungen Mann so schummrig macht, dass er den Gang auf unsicheren Beinen entlangschwankt, ist: "Mum". Die steht im Badezimmer, hat gerade geduscht. Anders als Janet Leigh, jenem unglücklichen Gast in "Psycho", überlebt sie die Körperwäsche in "Bates Motel" unbeschadet.

Dass sie Glück hatte, weiß Mrs. Bates (Vera Farmiga) nicht, und selbst wenn: es wäre ihr vermutlich egal. "Mums" Hauptinteresse gilt Norman, dem Sohn, der im Erwachsenenalter das gruselige Motel alleine führen und dort rehäugig sein Unwesen treiben wird. Welche ungesunden Folgen eine schwierige Kindheit auf den späteren Lebensweg haben kann, zeigt die US-Serie "Bates Motel", im Abokanal Universal Channel und auf DVD. Das Problem des späteren Mehrfachmörders beginnt im Elternhaus: Vaterlos wächst das Kind auf, die Mutter will mit dem Sohn neu anfangen, und nur mit ihm: "Mir zuliebe."

Verletzte Frauen

Die Mutter-Neurosen werden mehr. Als sich zeigt, dass am neuen Lebensmittelpunkt ganz viele, junge, hübsche Frauen herumhuschen, auf die der junge Norman natürlich wie jeder normale Bub reflektiert. Sexy Mitschülerinnen, eine notgeile Lehrerin, die das Kind gleich am ersten Schultag betatscht lauern an jeder Ecke. Und am Abend wartet die frustrierte Mutter, die eifersüchtig darauf schaut, dass niemand der trauten Zweisamkeit in die Quere kommt. Logisch: Dem Knaben wird unwohl.

Schließlich haut er ab und geht mit einer der Hübschen in die Disco. Die kapiert gleich: "Du bist anders." Ja, und wie! Dann der erste gemeinsame Mutter-Sohn-Mord, so etwas verbindet: "Solange wir zusammen sind, kann uns nichts passieren. Stimmt’s Norman?" – "Ja, Mutter."

Die psychologisch-motivierte Vorgeschichte zu einem der berühmtesten Psychothriller der Filmgeschichte: Das könnte spannend sein. Die Fahrtrichtung von "Bates Motel" ist aber zu einseitig: Frau ist Schuld. Ob Mutter, Mitschülerinnen oder Lehrerin – es gibt so gut wie keine positive Frauenfigur. Frauen werden permanent verletzt, und zum Dank tragen sie Zwangsneurosen davon. Hallo? Zwischentöne?

Gemordet wird mit Präzision

Mit der Frage, wie ein Mensch Serienkiller wird, hält sich "Hannibal", montags auf Puls 4 und ab Donnerstag, 22.15 Uhr, gar nicht erst auf. Gemordet wird mit der Präzision, die Schmerzempfinden nicht verhindert, sondern nur, dass man "etwas dagegen machen kann." Aua.

Natürlich ist auch dieser Hannibal wie alle seine Vorgänger in Buch und Film ein sehr ungebremster Anschlag auf Spießigkeit und Kleinbürgertum. Wie Anthony Hopkins legt auch Mads Mikelsen als Dr. Lecter eine Souveränität an den Tag, die aus ihm eine  faszinierende Lichtgestalt werden lässt. Gemordet werden Frauen werden auch hier: "Unser Kannibale liebt Frauen", weiß Lecters Animo Will Graham (Hugh Dancy).

Psychologie findet unmittelbarer statt: In jedem von uns steckt ein Mörder, aber nicht alle haben deshalb schlechte Träume. Daneben schlabbert Hannibal Lungenbraten mit Cocktailtomaten und treibt den Kannibalismus-Kult in der Stilküche auf die Spitze. Als televisionärer Fortsetzungsroman wird "Hannibal" allerdings leicht redundant. Das Kinoformat hätte diesem Serienmörder besser gepasst. (Doris Priesching, derStandard.at, 9.10.2013)