Kondome sind in allen erdenklichen Farben und sogar Geschmacksrichtungen erhältlich - doch sind sie auch sicher?

 

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Kondome sind praktisch, günstig und haben keine Nebenwirkungen – zudem sind sie fast überall erhältlich und schützen als einziges Verhütungsmittel auch vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten. Aber kann man sich auch auf Präservative verlassen?

Nur mittelmäßig wirksam

"Kondome halten nicht, was sie versprechen – zahlreiche Untersuchungen belegen das", sagt Christian Fiala, Leiter des Gynmed-Abtreibungs-Ambulatoriums in Wien. Gemessen wird der Erfolg eines Verhütungsmittels mit dem Pearl-Index (PI), der angibt, wie viele von 100 sexuell aktiven Frauen innerhalb eines Jahres schwanger werden. Verhütet das Paar überhaupt nicht, liegt dieser Wert bei 85, bei Verwendung von Kondomen zwischen 2 ("perfect use") und 18 ("typical use"). Andere Verhütungsmittel, etwa Pille oder Spirale, erreichen wesentlich bessere Werte.

"Relevant ist nur der praxisnahe "typische" PI, weil die Menschen ihre Sexualität ja in der Praxis und nicht in der Theorie leben. Mit einem PI von etwa 15 zählen Kondome zu den nur mittelmäßig wirksamen Verhütungsmitteln", sagt Fiala. Ursache sind fast immer Fehler in der Anwendung, etwa dass das Präservativ nicht richtig aufgerollt wurde, sich in der Hitze des Gefechts gelöst hat oder dass der wieder erschlaffende Penis nach dem Geschlechtsverkehr zu lange in der Scheide belassen wurde. Oder aber auch, dass gleich von Anfang an darauf verzichtet wurde.

"Sexualität ist keine vernunftkontrollierte Handlung, die Anwendung eines Kondoms aber schon. Sie muss vorbereitet werden, die meisten Menschen wollen ihre Sexualität aber spontan leben – das passt nicht immer zusammen", sagt Fiala. Für gewisse Situationen, gewisse Paare seien Kondome durchaus geeignet, aber nicht für die Mehrheit der Bevölkerung.

Ungenügende Aufklärung

Der Experte kritisiert, dass in den Schulen seit mehreren Jahrzehnten Kondome undifferenziert als Mittel der Wahl propagiert werden. "Kondome sind nicht so sicher, wie behauptet wird. Auch wird den Jugendlichen in alter Tradition Angst vor sexuell übertragbaren Krankheiten gemacht, obwohl es dafür keinen Grund gibt – Jugendliche sind definitiv keine Risikogruppe dafür", sagt Fiala.

Ihm zufolge hätten die meisten Lehrer weder eine spezielle Ausbildung noch geeignete Unterrichtsmaterialien zum Thema Aufklärung und Verhütung. Den Schülern müsste vermittelt werden, dass Präservative zwar in manchen Situationen, aber auf keinen Fall immer ein geeignetes Verhütungsmittel sind, sagt Fiala.

Auch hätte es wenig Sinn, die Verwendung eines Kondoms an Holzpenissen zu üben, wie dies in vielen Schulen geschieht: "Es geht nicht darum, dass die Jugendlichen zu blöd wären, ein Präservativ aufzurollen, sondern darum, dass die meisten Menschen ihre Sexualität emotional, spontan und irrational leben." Diese Tatsache und alternative, sicherere Methoden müssten den Schülern vermittelt werden, so Fiala.

"Unnötige Hürden für Jugendliche"

Etwa ein Drittel der Abtreibenden in seiner Klinik gibt an, infolge und trotz einer Verhütung mit Kondom schwanger geworden zu sein. Laut Fiala gibt es zwar keinen Anstieg der Teenager-Schwangerschaften, schon jetzt seien es aber verhältnismäßig zwei- bis dreimal mehr als in Deutschland und der Schweiz. Exakte Daten gibt es zwar nicht, Experten rechnen aber mit mindestens 30.000 Abtreibungen pro Jahr in Österreich.

Das Problem sieht Fiala neben der mangelhaften Information vor allem im schweren Zugang zu kostengünstiger und gleichzeitig sicherer Verhütung. "Jugendliche werden kaum unterstützt in ihrem Bemühen, sich zu schützen. Meiner Erfahrung nach wären sie sehr motiviert dazu, bekommen von der Gesellschaft aber unnötige Hürden in den Weg gelegt", so der Gynäkologe.

Für viele sei es ein Problem, sich sichere Langzeitmethoden zur Verhütung (etwa Spirale oder Hormonstäbchen) leisten zu können. "Die hohen einmaligen Kosten von 300 bis 500 Euro machen sich langfristig absolut bezahlt, sind für viele aber eine unleistbare Anschaffung", sagt Fiala. Österreich ist ihm zufolge das einzige Land in Westeuropa, wo weder die Verhütung, noch der Abbruch von den Krankenkassen bezahlt werden. (Florian Bayer, derStandard.at, 23.10.2013)