Wolf: Wie häufig lesen Sie die Postings auf derStandard.at?

Bronner: Selten. Sehr oft schaue ich mir die ersten an, welche Tendenz das nimmt, aber intensiv lese ich es nicht. Eine Zeitsache.

"ZiB 2"-Anchorman Armin Wolf mit STANDARD-Herausgeber Oscar Bronner in dessen Büro im neuen Redaktionsgebäude.
Foto: STANDARD/Cremer

Wolf: Was würden Sie zu dem Satz sagen "Ich lese mir gelegentlich die Postings durch, und es zieht mir die Schuhe aus, was für Idiotien man da findet"?

Bronner: Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich den Satz einmal gesagt.

Wolf: Sie haben ein gutes Gedächtnis. Vor zehn Jahren. Stimmt er noch?

Bronner: Weniger oft, weil wir seitdem versuchen, die ärgsten Postings zu eliminieren, bevor sie erscheinen.

Wolf: Ihr Sohn, der Online-Geschäftsführer ist, hält das STANDARD-Forum für "die beste Community Österreichs". Die Schriftstellerin Julya Rabinowich findet dort "Hass, Boshaftigkeit und Hetze" und sagt: "Wer nicht für sein Forum garantieren kann, sollte es sperren." Wer hat recht?

Bronner: Na ja, Rabinowich hat selbst unter einem Nickname intensiv gepostet. Wenn jemand so inkonsequent ist, bin ich mir nicht sicher, ob man da so genau zuhören muss.

Wolf: Man kann auch sagen, sie spricht aus Erfahrung.

Bronner: Sie spricht als ehemalige Posterin. Ich schätze sie sehr als Kolumnistin, aber das war etwas doppelzüngig. Ja, es gab im Lauf der Zeit einige schreckliche Postings. Wir arbeiten sehr intensiv daran, das in den Griff zu bekommen. Wir haben's weitgehend im Griff. Unfälle können immer wieder passieren. Aber es ist ein interessanter neuer Teil der Medienkultur.

Wolf: Aber warum veröffentlichen Sie Postings, die Sie in der Zeitung nie als Leserbrief veröffentlichen würden?

Bronner: Es hat sich da eine andere Kultur entwickelt. Das Internet ist weltweit anonym. Ich kann sagen, ich spiele da nicht mit. Wir finden aber, die positiven Seiten überwiegen die negativen.

Wolf: Was sind die positiven?

Bronner: Dass Menschen sich an Diskussionen beteiligen, die sich sonst nicht beteiligen würden. Weil sie zum Beispiel Insider in Firmen sind. Da gibt's auch diesen Schutz, den die Anonymität liefert.

Wolf: Aber Sie würden keinen anonymen Leserbrief abdrucken oder einen anonymen Kommentar der anderen.

Bronner: Da haben Sie recht, da ist die Kultur eine andere.

Wolf: Müssten nicht die gleichen Standards für beide Medien gelten?

Bronner: Online hat andere Kriterien.

Wolf: Es hat die Kriterien, die man zulässt.

Bronner: Ja, ich kann mich von diesem Medium verabschieden, das stimmt. Diese Alternative habe ich nicht ins Auge gefasst.

Wolf: Jetzt sind Sie polemisch. Wenn man Postings so behandeln würde wie Leserbriefe in der Printausgabe – warum sollte das bedeuten, dass man sich von Online verabschiedet?

Bronner: Von einem wichtigen Asset dieses Mediums, nämlich der Partizipation der User.

Wolf: Die Idee, dass man diese Partizipation auch auf die Printausgabe ausweiten könnte, gibt's aber nicht?

Bronner: Nein, ist nicht geplant.

Wolf: Sind Sie auf Facebook?

Bronner: Nein. Mein Freundeskreis ist definiert, und in meinem Alter sucht man da keine Ausweitung mehr.

Wolf: Auf Twitter?

Bronner: Ja. Ich schreibe nichts, aber ich folge fünf oder sechs Leuten. Für mehr fehlt mir die Zeit.

Wolf: Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, das Sie kennen. Die allererste Ausgabe des STANDARD. Die habe ich mir aufgehoben. Wenn Sie die heute anschauen, 25 Jahre später, was denken Sie sich?

Bronner: Mir wird ja immer vorgeworfen, dass ich gegen Relaunches bin, aber man sieht, dass sich die Zeitung sehr verändert hat, ohne dass wir je einen Relaunch gemacht haben. Die erste Nummer schaut altmodischer aus.

Wolf: Stimmt, die könnte auch aus den 1950er-Jahren sein.

Bronner: Wir haben dieses Layout sehr bewusst gemacht. 50er-Jahre ist es ein bisserl weit nach hinten gegriffen, aber wir wollten den Eindruck produzieren, dass es diese Zeitung immer schon gab.

Wolf: Warum heißt der STANDARD Standard?

Bronner: Weil uns der Name am besten gefallen hat. Die erste Nullnummer hieß noch "Wirtschaftsblatt", weil es ursprünglich eine reine Zeitung für Wirtschaft, Politik und Kultur war. Da wir aber von Anfang an vorhatten, zur Vollzeitung zu werden, haben wir eine lange Liste mit Namen erstellt. Gerfried Sperl hat "STANDARD" vorgeschlagen, und ich habe noch das Wort "DER" hinzugefügt.

Wolf: In Ihrer Biografie sagt Sperl, ihm hätte "Der Delphin" gefallen.

Bronner: Ich habe das auch gelesen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass es diesen Vorschlag je gab. Es gab die üblichen: "Der Tag" oder "24 Stunden". "Tagblatt" hätte mir auch gefallen, aber das gab es schon. Ist mittlerweile eingegangen.

Wolf: Und warum die Farbe? Wie heißt die eigentlich?

Bronner: Die Farbe hat sich gewandelt im Lauf der Zeit. Damals war sie noch ein bissl pinker. Ich glaube, Lachsrosa wird das genannt. Wir sind ja als Wirtschaftszeitung gestartet, und da war das Vorbild die "Financial Times".

Wolf: Als Sie den STANDARD gegründet haben, wollten Sie ihn nur vier oder fünf Jahre lang selbst machen. Warum sitzen Sie nach 25 Jahren immer noch da?

Bronner: Das war eine meiner vielen Fehleinschätzungen im Lauf der Jahre. Ich wollte mir damals vom Malen eine Unterbrechung von fünf Jahren geben, um diese Zeitung zu gründen, und war der Meinung, dass ich sie dann abgeben kann. Hat sich anders ergeben.

Wolf: Konnten Sie nicht aufhören, oder wollten Sie dann nicht mehr?

Bronner: Die Zeitung hätte es nicht mehr gegeben, wenn ich früher ausgestiegen wäre. Erst ist der damalige Partner Springer-Verlag ausgestiegen. Dann gab's mehrere Rezessionen, die uns zu schaffen gemacht haben. Bis zum Break-even hat es über zehn Jahre gedauert, und daher war's nicht drinnen, dass ich übergebe.

Wolf: Vor zehn Jahren haben Sie zum letzten Mal angekündigt, dass Sie in fünf Jahren aufhören würden. Jetzt sind Sie immer noch jeden Tag in der Seite-eins-Konferenz. Sind Sie so unersetzlich?

Bronner: Nein, ich bin nicht mehr jeden Tag in der Seite-eins-Konferenz. Ich komme drei- bis viermal die Woche, meistens am Nachmittag, ins Büro, und wenn ich da bin, gehe ich in die Konferenz, weil ich ein neugieriger Mensch bin. Aber nicht, weil ich notwendig bin.

Bronner: "DER STANDARD ist nicht dazu da, die Welt zu verändern. DER STANDARD soll informieren und Hilfe geben für Entscheidungen."
Foto: STANDARD/Cremer

Wolf: Seit der ersten Nummer steht auf der Seite eins des STANDARD "Herausgegeben von Oscar Bronner". Wie lange wird das da noch stehen?

Bronner: Ich habe mir darüber noch nicht den Kopf zerbrochen. Ich nehme an, wenn ich einmal sterben werde, wird vielleicht "Gegründet von Oscar Bronner" stehen. Vielleicht auch schon, bevor ich sterbe. Ich weiß es nicht.

Wolf: Jetzt haben Sie den STANDARD ja bekanntermaßen gegründet, weil Sie von New York nach Wien zurückkehren wollten und hier die "New York Times" vermissten. Und da kein anderer in Wien so eine Zeitung machte, mussten Sie sie machen. War das nicht eine ziemlich kecke Aussage?

Bronner: Ganz so habe ich das nicht ausgesprochen. Aber die Zeitungen, die es damals gab, waren fürchterlich. Das war entweder Boulevard oder unehrlich. Die angeblich unabhängige Qualitätszeitung war das Organ der Bundeswirtschaftskammer, nur als Beispiel. Ich war 13 Jahre gewohnt, "New York Times" zu lesen, und das ist eine andere Kultur, als es hier damals üblich war. Jetzt weiß ich auch, dass wir das Niveau der "New York Times" noch nicht erreicht haben. Doch dieses Niveau wird zu einem großen Teil quantitativ definiert. Die haben über tausend Redakteure und wir bei weitem nicht. Aber in anderen Aspekten konnten wir vom ersten Tag an mithalten: die Kommunikation mit dem Leser auf Augenhöhe, die Ehrlichkeit, mit der man kommuniziert, die absolute Unabhängigkeit von irgendwelchen Einflüsterern außerhalb der Redaktion. Das war das, was mir hier gefehlt hat. Und heute baut die "New York Times" Journalisten ab, wir bauen Journalisten auf. Vielleicht treffen wir uns irgendwann einmal.

Wolf: "Kommunikation auf Augenhöhe mit den Lesern" – das sagen Sie oft. Aber was soll das heißen?

Bronner: Den Leser nicht für blöd verkaufen. Ihm nicht zu verheimlichen, wenn man eine andere als eine journalistische Funktion hat, nämlich ihn zu beeinflussen. Nicht runterschreiben zum Leser, sondern – wie wir hier – als Gesprächspartner miteinander reden. So kommunizieren wir mit den Lesern, und das haben andere Zeitungen nicht getan. Mittlerweile ist es besser geworden.

Wolf: Was waren denn die schwierigsten Jahre?

Bronner: Von den 25 Jahren ungefähr 20.

Wolf: (lacht) Okay, und von den 20 das schlimmste?

Bronner: Es war jedes auf seine Art mühsam. Wenn man einen Partner hat, mit dem man mehr im Clinch ist als in Partnerschaft, ist es schwierig. Wenn man eine Bank hat, in der einer der Direktoren die Zeitung für sich selbst haben will, ist das mühsam ...

Wolf: Sie meinen Springer und die Bank Austria ...

Bronner: Wenn man eine Rezession nach der anderen erlebt, ist das schwierig. Wenn man mit einer weltweit einmaligen Marktkonzentration konfrontiert ist und plötzlich ein Mitbewerber durch eine Hauszustellung gefördert wird, ist es schwierig. Es gab immer wieder sehr schwierige Situationen.

Wolf: Es gibt die Legende, dass der STANDARD einmal von Viktor Klima gerettet wurde.

Bronner: Ob's so war, weiß ich nicht. Aber als der damalige Generaldirektor der Bank Austria gerade Schritte unternommen hat, um sich die Zeitung unter den Nagel zu reißen, waren meine Probleme mit der Bank zum Teil öffentlich bekannt. Da hat mich eines Tages Viktor Klima als noch frischgebackener Bundeskanzler kontaktiert und wollte wissen, was da los ist. Zwei oder drei Wochen später hat die Bank Austria den Clinch gelockert. Ob es da einen Konnex gab oder nicht, kann ich nicht beurteilen.

Wolf: Sie haben nie gefragt?

Bronner: Nein.

Wolf: Was war schwieriger, als Sie erwartet hatten, und was war leichter?

Bronner: Es war leichter, die Leser zu gewinnen. Das war ganz verblüffend. Wir dachten, dass wir am Anfang ungefähr 10.000 Stück verkaufen werden, und hatten mit Springer vereinbart, bei einer Auflage von 30.000 zur Vollzeitung durchzustarten, also um Chronik und Sport zu erweitern. Wir rechneten mit drei bis fünf Jahren. Aber die Verkaufsauflage ist von Anfang an nie unter 34.000 gesunken. Mühsamer war das Anzeigengeschäft. Das hat viel länger auf sich warten lassen, und das war auch der Grund für die lange Durststrecke.

Wolf: Wenn Sie vor der Gründung gewusst hätten, was Sie ein Jahr nach der ersten Nummer gewusst haben, hätten Sie es dann gemacht?

Bronner: Das erste Jahr ging wunderbar. Da gab es noch keine Probleme.

Wolf: Nach fünf Jahren?

Bronner: Nach fünf Jahren waren die Schwierigkeiten so groß – wenn ich die vorhergesehen hätte, hätte ich es möglicherweise nicht gemacht.

Wolf: Der STANDARD wurde auf dem Höhepunkt der Waldheim-Debatte gegründet und ziemlich am Beginn des Aufstiegs von Jörg Haider. Wie hat sich die Politik in Österreich seither verändert?

Bronner: Das Niveau der Politik ist sicher nicht besser geworden. Was möglicherweise auch mit einer weiteren Boulevardisierung der Medien zusammenhängt. Manche Politiker haben gelernt, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und sich mit dem Boulevard zu arrangieren.

Wolf: Der Politologe Fritz Plasser nennt Österreich eine "Boulevard-Demokratie".

Bronner: Das kann man so sagen. Andererseits ist die Politik nicht ganz so schlecht, wie sie dargestellt wird. Es ist auf der einen Seite natürlich jämmerlich, wie sie nicht auf die Zukunft Rücksicht nimmt, auf die Forschungsförderung, die ewige Verschuldung, die Nicht-Reformen, die seit Jahrzehnten überfällig sind. Gleichzeitig muss man aber auch feststellen, dass Österreich die Krise bis jetzt ganz gut überstanden hat. Es ist nicht alles nur schlecht.

Wolf: Welche Politiker in Österreich imponieren Ihnen?

Bronner: ...

Wolf: Jetzt schweigen Sie schon sehr lange.

Bronner: Ich denke nach.

Wolf: Ja eh, aber sehr viel länger als bei den vorherigen Fragen.

Bronner: Imponieren ist ein großes Wort ... Es fällt mir keiner ein.

Wolf: Gab es früher welche?

Bronner: Auch das Früher hat immer zwei Seiten. Erstens war früher bekanntlich alles besser, und zweitens waren wir alle jünger und damit vielleicht auch leichter zu beeindrucken. Sicher war Kreisky eine beeindruckende Figur. Aber seine Umgebung war um nichts besser als das, was sich heute in der Politik bewegt.

Wolf: Der erste Satz der Blattlinie des STANDARD lautet "DER STANDARD ist eine liberale Zeitung". Was heißt das?

Bronner: Wir können auf Wikipedia die Definition nachschauen: weltoffen, tolerant und so weiter, der ganze Katalog.

Wolf: Ist er eine linke Zeitung?

Bronner: Nein.

Wolf: Sagen ja manche.

Bronner: Ja.

Wolf: Warum soll das falsch sein?

Bronner: Weil das nicht Teil der Blattlinie ist. Er ist eine liberale Zeitung, aber Österreich ist ein sehr konservatives Land und hat auch viele eher konservative Medien. Da ist die Mitte von rechts aus gesehen natürlich links.

Wolf: "Der Spiegel" hatte sehr lange die berühmte Selbstdefinition "liberal, im Zweifel links". Stimmt das für Sie als Person?

Bronner: Nein. Aber eine andere Zeitung hat einmal über sich gesagt: in der Gesellschaftspolitik eher links von der Mitte, wirtschaftspolitisch eher rechts von der Mitte. So kann man möglicherweise mich definieren, möglicherweise auch die Zeitung.

Wolf: Verraten Sie, was Sie wählen?

Bronner: Ich habe diesmal ... (zögert) Nein, eigentlich will ich das nicht sagen.

Wolf: Warum nicht?

Bronner: Ich habe den Eindruck, ich könnte die Unabhängigkeit der Redaktion damit beeinflussen.

Wolf: Sind im STANDARD schon Texte erschienen, die Ihnen als Herausgeber peinlich waren?

Bronner: Sicher. Ich habe jetzt keine Lade, wo die drinnen sind. Aber sicher ist auch in vielerlei Richtung Uninteressantes, Dummes oder Flaches erschienen.

Wolf: Ist schon etwas erschienen, was Sie wütend gemacht hat?

Bronner: Auch das schließe ich nicht aus.

Wolf: Sie schreiben nie selber, außer alle paar Jahre einen Herausgeberbrief. Also sehr produktiv sind Sie schreiberisch nicht. Warum nicht?

Bronner: Ich habe zwar den Beruf in der Tageszeitung gelernt, aber ich tauge nicht zur Tageszeitung, weil ich viel zu langsam schreibe.

Wolf: Es hat Sie in 25 Jahren nie gereizt, einen Leitartikel zu schreiben?

Bronner: Nein, weil ich den Redaktionsschluss nicht schaffen würde.

Wolf: Sie haben ihn einst beim "Forum" ja auch irgendwie geschafft.

Bronner: Das war eine Monatsschrift.

Wolf: 1995 haben Sie den STANDARD als erste deutschsprachige Zeitung ins Netz gebracht. Gratis. Heute sind sich fast alle einig, dass das der Kardinalfehler der Verlagsbranche schlechthin war: die Inhalte, die man auf Papier verkauft, online zu verschenken. Daran sind Sie mit schuld.

Bronner: Ja. Wir haben damals übrigens schon versucht, eine Paywall zu etablieren, und den Wirtschaftsteil kostenpflichtig gemacht, in der Annahme, dass man dort am ehesten etwas erlösen kann. Das haben wir aufgegeben, als wir bei einem User gelandet sind.

Wolf: Jetzt führen aber immer mehr Zeitungen Paywalls ein, auch im deutschsprachigen Raum.

Bronner: Die haben auch nicht viel mehr als einen User.

Wolf: Wie lange werden Sie es durchhalten ohne Paywall? Oder denken Sie darüber nach?

Bronner: Ich weiß es nicht. Dieser Markt bewegt sich mit Trial und Error nach vorn. Wir haben ihn mitdefiniert, weil wir sehr früh dran waren, und definieren ihn seitdem mit. Wir haben viele Fehler gemacht und zum Glück noch mehr richtig. Wie die Entwicklung genau weitergeht, kann niemand vorhersagen.

Wolf: Werden Sie einen Bezahl-Versuch machen?

Bronner: Aus heutiger Warte nein.

Wolf: Das ist ein interessanter Widerspruch: Im Netz machen Sie es gratis, auf der anderen Seite sagen Sie immer wieder, Qualitätszeitungen seien zu billig. Was wäre für den gedruckten STANDARD ein fairer Preis?

Bronner: Das ist relativ schwierig und gleichzeitig leicht zu definieren: Je mehr Inserate von Print wegwandern, umso teurer muss der Copy-Preis werden, wenn man den gleichen Aufwand betreiben will.

Wolf: Ist es denkbar, dass der STANDARD in ein paar Jahren vier oder fünf Euro kostet?

Bronner: Es hängt auch von der Inflationsrate ab, aber ich kann es mir durchaus vorstellen.

Wolf: Wie lange erscheint die Zeitung noch jeden Tag gedruckt?

Bronner: Ich muss schon wieder sagen, dass ich kein Prophet bin. Ich gehe aber davon aus, noch ziemlich lange.

Wolf: Ziemlich lange heißt?

Bronner: Zu meinen Lebzeiten.

Wolf: Sie sind 70. Sie leben noch mindestens 20 Jahre.

Bronner: Ein amerikanischer Professor hat einmal die letzte gedruckte Tageszeitung für das erste Quartal 2043 angekündigt. Ich wurde 1943 geboren, im ersten Quartal. Das heißt, zu meinem 100. Geburtstag würde die letzte Ausgabe erscheinen. Ich finde das geschmacklos.

Wolf: Der deutsche Medienwissenschafter Klaus Meier hat letztes Jahr die Auflagenentwicklung aller deutschen Tageszeitungen extrapoliert, demnach erscheint die letzte gedruckte Tageszeitung im Jahr 2034.

Bronner: Bill Gates hat einmal 2010 gesagt. So ist das mit den Prognosen.

Bronner: "Wichtig ist mir, ein wirtschaftliches Modell zu haben, das Qualitätsjournalismus weiter finanzieren kann."
Foto: STANDARD/Cremer

Wolf: Als die Graham-Familie kürzlich die "Washington Post" an Amazon-Gründer Bezos verkauft hat, hat Don Graham geschrieben: "Das Tageszeitungsgeschäft wirft immer mehr Fragen auf, auf die wir keine Antworten haben. Also begannen wir uns zu fragen, ob unsere kleine Firma wirklich die beste Heimat für die Zeitung ist." Der STANDARD ist auch ein relativ kleine Firma. Haben Sie die Antworten?

Bronner: Ich habe sie nicht fürs Jahr 2043. Aber für die absehbaren Jahre haben wir sie. Wenn ich mich nach all diesen Doomsday-Prognosen richte, hätte ich schon längst aufgeben müssen. Aber ich bin jetzt 70 und seit über 50 Jahren in dieser Branche. Und ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der nicht vom Zeitungssterben gesprochen wurde. In dieser Zeit sind in Österreich ungefähr 20 Zeitungen eingegangen. Aber seit der ganzen Mediengattung Zeitung das Leben abgesprochen wird, ist in Österreich keine einzige Tageszeitung eingegangen. Natürlich sind Zeitungen in Schwierigkeiten, weil es dieses neue faszinierende Medium Internet gibt. Es nimmt Zeitbudget vom Konsum anderer Medien weg. Es nimmt Werbegelder weg. Beides fehlt den Zeitungen. Daher werden sicher Sparprogramme ausgerufen werden müssen.

Wolf: Die gibt es doch – so wie bei Ihnen hier – ohnehin schon seit Jahren in allen Medienhäusern. Aber sparen hat eine natürliche Grenze. Letztlich können sich auch Medien nicht gesundsparen, sondern müssen wachsen.

Bronner: Wir wachsen ja. Aber wir wachsen im Internet. Und es werden Zeitungen eingehen. Das ist vorhersehbar. Ob alle Zeitungen eingehen werden, ist die große Frage. Aber es ist mir auch nicht wahnsinnig wichtig. Ich bin nicht im Druckgeschäft. Wir gehören zu den wenigen Zeitungen, die nicht einmal eine eigene Druckerei haben. Wichtig ist mir, ein wirtschaftliches Modell zu haben, das Qualitätsjournalismus weiter finanzieren kann.

Wolf: Aber haben Sie das?

Bronner: Wir arbeiten daran.

Wolf: Ihr Sohn Alexander Mitteräcker ist 40 und arbeitet seit etwa 15 Jahren im Verlag, er ist Geschäftsführer der Online AG. Wird er Ihr Nachfolger?

Bronner: Wir haben noch keine Nachfolgeregelung getroffen. Wir haben einen Dreiervorstand, und er ist einer von drei Vorständen. Ich bin auch einer.

Wolf: Denkt man mit 70 nicht über eine Nachfolgeregelung nach?

Bronner: Ja, aber es muss ja keine Einzelperson sein. Ich bin ja auch nur einer von dreien. Aus wie vielen Personen der Vorstand bestehen wird, wenn ich ausscheide, was wohl in absehbarer Zeit passieren wird, darüber ist noch keine Entscheidung getroffen.

Wolf: Können Sie sich vorstellen, die Zeitung zu verkaufen?

Bronner: Ich habe da keine Ambitionen.

Wolf: Man hört immer wieder, Ihr Sohn und Sie seien nicht einer Meinung über die Ausrichtung des Verlages. Sie seien Print-affiner und glauben mehr an die Zukunft von Print als Ihr Sohn, der auf Online setzt. Wie uneins sind Sie sich?

Bronner: Sie haben es richtig geschildert. Er ist Online-affiner als ich, und ich bin Print-affiner als er. Das macht derzeit eine gute Mischung.

Wolf: Ihre anderen beiden Kinder sind Anfang 20. Werden die auch einmal hier arbeiten?

Bronner: Es schaut nicht so aus. Die studieren beide, und zwar Dinge, die mit Zeitung nichts zu tun haben.

Wolf: Die erfolgreichsten deutschsprachigen Medien im Web – "Spiegel", "Bild", "Zeit" und in Österreich der ORF und der STANDARD – hatten alle etwas gemeinsam: eine sehr unabhängige eigene Online-Redaktion. Sie haben kürzlich die Print- und die Online-Redaktion verschmolzen, und zwar radikaler als jeder andere Medienbetrieb in Österreich. Wie viele Menschen hier im Haus kennen Sie, die finden, dass das gut funktioniert?

Bronner: Ich habe keine Umfrage gemacht. In der Führungsmannschaft sind es hundert Prozent.

Wolf: Das ist nun nicht sehr überraschend. Die Führungsmannschaft hat es ja entschieden.

Bronner: Na gut, die Führungsmannschaft muss führen.

Wolf: Und warum haben Sie es gemacht?

Bronner: Weil es eine Marke STANDARD gibt, die durch derzeit zwei Medien getragen wird.

Wolf: Das hat sehr lange gut funktioniert.

Bronner: Es hat auch gelegentlich zwischen den beiden Redaktionen geknirscht, weil's keine Abstimmung gab. Es gab Doppelgleisigkeiten. Das musste gelöst werden. Mein großes Vorbild "New York Times" hat es übrigens genauso gemacht, und es hat sich dort bewährt. Daher sehe ich keinen Grund, dass es sich bei uns nicht auch bewährt.

Wolf: Keine Tageszeitung in Österreich hat eine so weibliche Führungsmannschaft. Ist das Zufall?

Bronner: Da ist jedenfalls kein Plan dahinter. Ich besetze jeweils nach Qualifikation, und ich gehe davon aus, dass Alexandra Föderl-Schmid das genauso macht. Sie war ja vorher Ressortleiterin Wirtschaft, und ihr Nachfolger, den sie dort eingesetzt hat, ist ein Mann. Wir versuchen jeweils die beste Person zu finden. Das ist schon schwierig genug.

Wolf: Journalismus ist ja eine große Duzer-Branche. Sie sind hier im Haus aber nur mit einem halben Dutzend Leuten per Du, nicht einmal mit Redakteuren aus dem Gründungsteam. Sind Sie so distanziert?

Bronner: Ich bin wahrscheinlich etwas distanziert und bin primär mit Freunden per Du. Ich bin bis jetzt ganz gut gefahren damit. Oder haben Sie den Eindruck, dass irgendetwas schiefläuft?

Wolf: Ich habe keine Ahnung, ich arbeite ja nicht hier. Aber es ist in dieser Branche ungewöhnlich.

Bronner: Ich bin auch eine andere Generation als die meisten meiner Mitarbeiter.

Wolf: Hätten Sie sich selber gerne als Chef?

Bronner: Nein. Ich höre immer Schreckliches über mich als Chef.

Wolf: Nämlich?

Bronner: Ich lobe zu wenig. Und bin oft griesgrämig.

Wolf: Und warum machen Sie das?

Bronner: Es ist kein Design. Ich finde es an sich normal, dass man gut arbeitet. Und wenn etwas schiefgeht, muss ich es herausstreichen. Das Ergebnis, das durch diesen Führungsstil entstand, ist ja nicht so schlecht geworden.

Wolf: Was am STANDARD gefällt Ihnen selbst am besten, und was gefällt Ihnen am wenigsten?

Bronner: Am besten gefällt mir, dass es ihn gibt und dass er weitgehend das geworden ist, was ich mir vorgenommen habe. Ich wünschte, wir hätten dreimal so viel Geld, damit wir dreimal so viele Journalisten anstellen könnten, um noch viel besser zu sein. Am wenigsten gefällt mir, dass wir ein bisschen sehr bierernstig daherkommen. Es fehlt mir eine gewisse Leichtfüßigkeit und Humor ... Es ist ein harter Knochen, den wir da jeden Tag ausliefern.

Wolf: Wolfgang Fellner hat oft gesagt, dass er beim Machen von "News" immer den prototypischen Leser vor sich sieht, nämlich den Tankstellenpächter von Saalfelden. Gibt es den prototypischen STANDARD-Leser, den Sie vor sich sehen?

Bronner: Nein. Allenfalls bin ich es.

Wolf: Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber aus der werberelevanten Zielgruppe sind Sie schon herausgefallen.

Bronner: Ich bei der Gründung, meine ich. Ich habe die Zeitung so gegründet, dass ich sie gerne lesen möchte. Ich mache sie ja heute nicht mehr. Und zum Glück sind wir hier nicht im Fernsehen, und die werberelevante Zielgruppe spielt bei uns weniger Rolle als in Ihrem Medium.

Wolf: Was kann die "Presse" besser als der STANDARD?

Bronner: Sie tut sich mit ihrem Konzept einer Magazinstruktur auf Seite eins leichter an Tagen, an denen die Nachrichtenlage nicht sehr stark ist. Da können sie eine Magazinstory mit einem weniger aktuellen Titel machen. Das ist praktisch. Ansonsten? Sie haben einzelne gute Journalisten, bei denen man sagen kann, der ist möglicherweise besser als das Pendant bei uns. Aber in den meisten Fällen, glaube ich, dass unsere besser sind.

Wolf: Es gibt Leute, die sagen, dass der STANDARD im Vergleich zur "Presse" die konservativere Zeitung ist. Dass die "Presse" innovativer und gestalterisch mutiger ist.

Bronner: Ich hab das eben geschildert. Die "Presse" hat ihr Konzept geändert – und bei der Gelegenheit, glaube ich, 30 Prozent ihrer Leser verloren. Die ersten drei Seiten sind das Tagesthema, ab der Seite vier ist es eine normale Zeitung. Dieses monothematische Konzept auf Seite eins ist vor allem bei Journalisten populär, denn die lesen jeden Tag viele Zeitungen und bekommen mit der "Presse" eine Abwechslung. Aber wir machen die Zeitung primär für Menschen, die nur eine Zeitung lesen.

Wolf: Welchen Fehler der letzten 25 Jahre würden Sie nicht mehr machen?

Bronner: Ich habe viele Fehler gemacht, aber nicht den einen gravierenden, glaube ich. Oder ich sehe ihn nicht.

Wolf: Im Herausgeberbrief der ersten Ausgabe haben Sie geschrieben: "DER STANDARD soll zur großen Stimme eines kleinen Landes werden." Ist er das geworden?

Bronner: Wir werden im Ausland viel zitiert. Wir werden von den großen Zeitungen der Welt als ihresgleichen betrachtet und immer wieder zu gemeinsamen Projekten eingeladen. Da haben wir erreicht, was wir erreichen wollten.

Wolf: Klaus Stimeder, Gründer von "Datum" und Co-Autor Ihrer Biografie, sagt: "Wer den Status quo der österreichischen Medienlandschaft nicht beklagenswert findet, ist in meinen Augen ein ignoranter Idiot." Hat er recht?

Bronner: Er ist um einiges jünger und hat daher ein etwas anderes Vokabular ... (denkt nach) Es gibt immer noch Verbesserungsmöglichkeit für die österreichischen Medien.

Wolf: Das war sehr diplomatisch.

Bronner: Aber es ist um vieles besser geworden, als es einmal war.

Wolf: Noch diplomatischer ... Wer hat denn in der österreichischen Medienlandschaft am meisten Unheil angerichtet?

Bronner: All die, die zur Boulevardisierung beigetragen haben.

Wolf: Sie haben sich einmal geweigert, bei einer Journalistenpreis-Verleihung einen Preis für Ihr Lebenswerk anzunehmen, weil gleichzeitig auch Michael Jeannée von der "Kronen Zeitung" ausgezeichnet werden sollte. Warum?

Bronner: Weil jemand, der den Herrn Jeannée in einer ähnlichen Kategorie wie mich auszeichnet, sich bei mir geirrt haben muss.

Wolf: Sie sind beide im Zeitungsgeschäft.

Bronner: Kolporteure sind auch im Zeitungsgeschäft.

Wolf: Nichts gegen Kolporteure.

Bronner: Nein, aber es wäre komisch, wenn ich gemeinsam mit einem Kolporteur ausgezeichnet würde. Jeannée steht für das Gegenteil von dem, für das ich stehe, da muss ein Irrtum passiert sein.

Wolf: Was ist denn so schlimm an Boulevardmedien?

Bronner: Ich habe einmal in einem Boulevardmedium gearbeitet, beim damaligen "Express". Ich bin nicht im Prinzip gegen Boulevard. Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, Dinge einfacher darzustellen, damit einfache Menschen sie auch verstehen können. Manipulativer Boulevard ist schlimm. Wenn in Kampagnen Halbwahrheiten gedruckt und Menschen instrumentalisiert werden. Und wenn versucht wird, damit Politik zu machen.

Wolf: Welche Medien in Österreich schätzen Sie?

Bronner: Wenn man von Eigengründungen absieht, schätze ich Ö1 sehr.

Wolf: Das war's?

Bronner: Na ja, ORF 3 gefällt mir gut, "Datum" gefällt mir gut, der "Falter", die "Salzburger Nachrichten" ... Es gibt ein paar ordentliche Medien, aber nicht viele.

Wolf: Sie sind als einer der wenigen Österreicher jedes Jahr auf der Bilderberger-Konferenz. Was macht ein Journalist bei dieser ziemlich umstrittenen Tagung, wenn er nicht darüber schreiben darf?

Bronner: Auftanken.

Wolf: Was tankt man dort?

Bronner: Hochinteressante Diskussionen zu diversen Themen aus Politik und Wirtschaft.

Wolf: Und warum sind Sie als einziger Journalist aus Österreich dort jedes Jahr eingeladen?

Bronner: Ich weiß es nicht. Ich wurde irgendwann eingeladen, offensichtlich musste sich niemand für mich genieren, und daher wurde ich wieder eingeladen.

Wolf: Und sind Sie dort an der Weltverschwörung beteiligt?

Bronner: Es gibt dort keine Weltverschwörung. Es mag sein, dass es woanders welche gibt. Dort gibt es Diskussionsforen, bei denen hochinteressante Menschen hochinteressante Themen behandeln. Dann kann das Publikum mitdiskutieren, und nach einer Stunde oder eineinhalb ist das Thema beendet und es kommt das nächste. Es gibt keine Resolutionen, keine Beschlüsse, nichts.

Wolf: Ich habe vor diesem Interview auf Twitter gefragt, was ich Sie fragen soll, und nichts kam so häufig wie: Was macht er bei den Bilderbergern? Haben Sie je überlegt, nicht hinzufahren, eben weil das so umstritten ist?

Bronner: Nein. Ich weiß, dass es keine Verschwörung ist, und das genügt mir. Ich habe dort Heinz Fischer gesehen, den Joschka Fischer, Karl Schwarzenberg, Haselsteiner und den Faymann. Also links und rechts. Es gibt keine spezielle politische Ausrichtung. Die Gerüchte über die Verschwörung entstehen, weil darüber nichts geschrieben werden darf. Das ist ein altes Prinzip, damit die Referenten und Diskussionsteilnehmer offen reden können. Wenn die dort so reden müssten wie bei einer Pressekonferenz, dann hätte das Ganze keinen Sinn.

Wolf: Sie haben vor zehn Jahren in einem Interview gesagt, Sie hätten nicht die Illusion, dass man als Journalist etwas verändern kann. Was kann man dann im Idealfall als Journalist?

Bronner: Man kann mithelfen, dass Menschen sich eine fundiertere Meinung bilden.

Wolf: Ist das nicht eine kokette und falsche Bescheidenheit? Natürlich haben Medien wie das "Profil" in der Politik auch etwas verändert, oder nicht?

Bronner: Wenn aufgrund eines konkreten Skandals jemand zurücktreten muss, hat man im Detail etwas verändert, das stimmt schon. Aber journalistische Macht hat man nur, wenn man bereit ist, sie zu missbrauchen. So wie es Boulevardmedien machen, wenn sie manipulativ Kampagnen reiten.

Wolf: Wenn jetzt ein junger Bewerber zu Ihnen kommt und sagt, ich möchte Journalist werden, weil ich die Welt verändern möchte: Was sagen Sie dem?

Bronner: Ich werde ihn nicht einbremsen, er muss sich seine Hörner selbst abstoßen. Aber bei uns soll er's nicht verändern. Der STANDARD ist nicht dazu da, die Welt zu verändern. Der STANDARD soll informieren und Hilfe geben für Entscheidungen.

Wolf: Sie wollen keinen besseren Platz aus der Welt machen?

Bronner: Das tue ich, indem ich den Informationsstand erhöhe.

Wolf: Sie sind einer der bedeutendsten, wenn nicht sogar der bedeutendste österreichische Verleger der letzten 50 Jahre. Aber wenn Sie es sich aussuchen könnten: Wären Sie dann lieber einer der bedeutendsten österreichischen Maler der letzten 50 Jahre?

Bronner: Vielleicht bin ich es ja.

Wolf: Das kann ich schwer einschätzen. In der öffentlichen Rezeption aber eher nicht, oder?

Bronner: Im Ernst, diese Rankings interessieren mich nicht. Ich lebe diese beiden Leben. Es gelang mir selten, beide gleichzeitig zu leben. Daher ist der Schwerpunkt, mal in diesem Leben, mal im anderen, was in der Gesamtbetrachtung für mich nicht ohne Reiz ist. Wenn ich Zeitung mache, versuche ich, bestmöglich Zeitung zu machen. Und wenn ich male, versuche ich, bestmöglich zu malen. Aber ich habe seit 25 Jahren nicht mehr ausgestellt. Und mittlerweile bin ich nun einmal primär der Verleger. Aber jetzt werde ich meine Bilder zur Diskussion stellen (ab 23.10. im Bank Austria Kunstforum, Anm.) und mal schauen, was passiert.

Wolf: Sind Sie nervös?

Bronner: Ja, natürlich.

Wolf: Renate Graber beendet ihre wunderbaren "Anders gefragt"-Interviews immer mit der gleichen Frage, die ich mir kurz ausborgen möchte: Worum geht's im Leben?

Bronner: Ich weiß es nicht. Vermutlich für jeden um etwas anderes.

Wolf: Und worum geht's in Ihrem Leben?

Bronner: Herauszuholen, was in mir drinsteckt. (Armin Wolf, DER STANDARD, 19./20.10.2013)