Morbus Alzheimer ist die häufigste Form einer Demenzerkrankung. Relativ selten ist die sogenannte "familiäre Variante", die durch gewisse Veränderungen des Erbguts verursacht wird und sich in der Regel schon vor dem 65. Lebensjahr bemerkbar macht. Mehr als 90 Prozent der Erkrankungen treten jedoch erst im späteren Seniorenalter auf. Die genauen Ursachen dieser "sporadischen" Krankheitsform sind rätselhaft. Bekannt ist allerdings, dass genetische Merkmale eine Erkrankung begünstigen können, wenn auch nicht zwangsläufig auslösen müssen. Bislang waren elf solcher Risikofaktoren bekannt. Weitere elf genetische Risikofaktoren konnte nun ein Forscherteam aus den USA und Europa identifizieren.

Dabei untersuchten die Wissenschaftler das Erbgut von insgesamt 74.046 Personen. Davon waren mehr als 25.000 an Alzheimer erkrankt, die übrigen gesundheitlich unauffällig. "Bei solchen Untersuchungen geht es letztlich darum, die Erbanlagen von Patienten und gesunden Personen miteinander zu vergleichen. Wir haben nach genetischen Merkmalen gesucht, die bei erkrankten Personen gehäuft vorkommen. Dazu muss man Gendaten von möglichst vielen Menschen miteinander vergleichen. Nur so kommt man zu aussagekräftigen Ergebnissen und kann Zufallssignale von echten Auffälligkeiten unterscheiden", erläutert Tim Becker vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).

Durchmusterung des Erbguts

Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens waren sogenannte genomweite Assoziationsstudien (GWAS). Dabei wurde das Genom mit seinen Milliarden von Bausteinen nicht komplett katalogisiert, sondern nur an relevanten Positionen untersucht. Diese Form der Durchmusterung verringert den Aufwand, erreicht aber gleichzeitig eine gute Abdeckung. Rund sieben Millionen Positionen nahmen die Forscher dabei ins Visier.

"Wir sind im menschlichen Erbgut auf elf Stellen gestoßen, die bislang weitgehend unbeachtet waren. Falls das Genoms dort gewisse Veränderungen aufweist, dann steigt die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken. Allerdings führt dieses erhöhte Risiko nicht zwangsläufig zu einer Erkrankung", sagt Becker.

Noch wissen die Forscher nicht im Detail, welche Funktionen die betroffenen Regionen ausüben. "Einige dieser Gene hängen mit den Eiweißen Amyloid-Beta und Tau zusammen, die für Alzheimer bekanntermaßen von Bedeutung sind. Bei den anderen kritischen Regionen können wir noch nicht mit Gewissheit sagen, welche Rolle sie spielen. Wir vermuten, dass sie sich beispielsweise auf Nervenverbindungen und auf Transportvorgänge im Inneren der Nervenzellen auswirken. Außerdem scheint das Immunsystem beteiligt zu sein. Zukünftig wird es darum gehen, dies genauer zu untersuchen", so Alfredo Ramirez vom Universitätsklinikum Bonn. (red, derStandard.at, 13.11.2013)