Sie sind Akademikerin, Sie haben eine Stelle gefunden. Bedingung ist allerdings, dass Sie sich das Büromaterial, den Computer und das Handy, auf dem Sie erreichbar sein sollen, selbst zahlen. Auch Arbeitsunterlagen wie Bücher oder Ähnliches müssen Sie sich selbst bezahlen.

Ihre Arbeitszeit wird mit etwa zwanzig Wochenstunden bei Ihrem Arbeitgeber fixiert, den Rest dürfen Sie sich selbst einteilen. In den ersten fünf Jahren bekommen Sie jeweils nur Jahresverträge und erfahren oft erst eine Woche vor Ablauf, ob Sie wieder angestellt werden. Wissen Sie bereits, welchen Beruf Sie hier ausüben sollen? Ja, genau, den Beruf der Lehrerin.

Sie haben zwei "Hauptgegenstände" studiert. Zum Beispiel Mathematik und Englisch. Das bedeutet, Sie unterrichten zwischen 180 und 240 Schüler und Schülerinnen. Sie unterrichten zwanzig Stunden pro Woche. Sie bereiten sich auf die Stunden gut vor. Das braucht etwa zehn Stunden pro Woche, wenn Sie schon erfahren sind.

Sie verbessern zumindest eine Hausübung pro Schüler oder Schülerin alle vierzehn Tage. Also etwa hundert Hausübungen pro Woche. Das sind etwa hundert x fünf Minuten = fünfhundert Minuten = acht Stunden zwanzig Minuten pro Woche. Sie verbessern Schularbeiten und Tests (die Sie vorher zusammengestellt haben). Pro Schularbeit dauert das wohl im Schnitt eine knappe Stunde, lassen wir die Tests weg, und sagen wir, es ist eine Stunde. Also etwa zweihundert Stunden pro Semester. Also etwa viereinhalb Stunden pro Woche.

Es kommen pro Jahr etwa fünf bis sechs Konferenzen dazu, die dauern je circa drei Stunden. Also mindestens fünfzehn Stunden. Sagen wir eine Dreiviertelstunde pro Woche. Sie nehmen am Tag der offenen Tür teil (das sind meist zwei Tage): also noch einmal plus mindestens zehn Stunden. Sagen wir eine halbe Stunde pro Woche. Sie sind am Elternabend beteiligt. Plus vier Stunden pro Semester. Das rechnen Sie gar nicht in die Arbeitszeit ein.

Eine Sprechstunde haben Sie auch noch pro Woche. Jetzt sind Sie bereits auf knappen fünfundvierzig Stunden pro Woche und haben noch nicht gerechnet, dass Sie Schulveranstaltungen planen, Teambesprechungen haben, Jahresplanungen erstellen und so weiter.

Warum man lange Ferien braucht

Sie werden also, wenn Sie Ihre Arbeit ernsthaft betreiben, und das tun die meisten von uns, etwa fünfzig Wochenstunden für einen Vollzeitjob während des Schuljahres aufwenden. Und das ist in Ordnung, denn zum Glück haben Sie längere Ferien, in denen Sie sich erholen oder, wie einige von uns das machen, einfach einmal in Ruhe Ideen für den Unterricht sammeln können.

Ich glaube nicht, dass wir Lehrerinnen viel zu viel arbeiten, aber keinesfalls arbeiten wir zu wenig! Und: Wir haben einen tollen Job, wir machen ihn gerne, auch wenn ich zum Beispiel nicht gerne sage, dass ich Lehrerin bin, denn ich werde sofort schief angeschaut! Das bringt auch Berichterstattung mit sich wie "Nur zwanzig Stunden Wochenarbeitszeit".

Unter Beobachtung

Das ist die Zeit, die wir in der Klasse stehen, in der wir nicht im Internet surfen können, schnell einmal ins Facebook schauen, rasch auf einen Kaffee, eine rauchen gehen, in der Nase bohren, kurz ausschnaufen. Das ist die Zeit, in der wir zu hundert Prozent in der Öffentlichkeit und unter Beobachtung stehen, in der wir gestalten und ununterbrochen verantwortlich sind. Es ist eine tolle Zeit, aber nicht zu vergleichen, mit der Zeit, die man in einem anderen Job zum Beispiel im Büro verbringt. (Ich spreche aus Erfahrung, da ich erst mit fünfunddreißig Jahren umgestiegen bin.) Das sind diese zwanzig Wochenstunden.

Der Rest ist mindestens genauso zeitaufwändig. Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie müssen zwei Stunden mehr unterrichten. Das bedeutet meist circa fünfundzwanzig bis dreißig Schülerinnen mehr, also auch mehr Hefte, mehr Vorbereitungen, mehr ... zwei Stunden in der Schule mehr, das ist nicht alles. Aber es ist leider alles, worüber man redet, und auch Sie - liebe STANDARD-Redaktion - schreiben.

Niedriger Lohn

Schade! Ich rate jedem und jeder davon ab, Lehrerin oder Lehrer zu werden. Ich würde es nicht mehr tun, nicht mit diesem Stand in der Gesellschaft und unter diesen Bedingungen. Meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen verdienen etwa das Dreifache von mir und werden nicht so sehr ausgepfiffen. Ich war Juristin.

Reformiert muss das Bildungssystem werden und zwar von Grund auf. Das Lehrerdienstrecht ist nur ein gut gelungenes Ablenkungsmanöver und bringt meiner Meinung nach nichts, außer dass das Schulsystem immer mehr ambitionierte und gute LehrerInnen verliert. Schade. (Leserkommentar, Elisabeth Schwarz, derStandard.at, 19.11.2013)