Das kollektive "Männchen-Machen" dient jedenfalls nicht dazu, vor Feinden zu warnen.

Foto: Darlene Stack

Auf Videos im Internet sieht das Ganze recht putzig aus: Ein Präriehund richtet sich über seinem Bau auf, streckt dabei den Rücken durch, wirft den Kopf nach hinten, als ob er gerade mit der Yoga-Übung Sonnengruß beginnen wollte. Neben ihm und auch in ein paar Dutzend Meter Entfernung machen seine Kollegen ebenfalls die seltsame Übung, um allem Anschein nach in der Prärie gemeinsam die "Welle" zu üben.

Um spontane Beifallskundgebungen wie in einem Stadion kann es sich dabei aber schlecht handeln. Doch was ist dann der Grund, warum diese seltsame Wellenbewegung durch die Kolonien der Schwarzschwanz-Präriehunde geht?


Video: Die "Welle" der Präriehunde, im Englischen "Jump-Yip" (Quelle: Youtube).

Verhaltensbiologen hatten bisher mehrere Hypothesen: Sie vermuteten zu einen recht lange, dass die nordamerikanische Erdhörnchen-Art damit ihre Artgenossen vor Feinden warnt oder besser: Entwarnung gibt. Zum anderen wurde das Verhalten als Markierung des Territoriums gedeutet. Eine dritte Annahme schließlich war, dass die ansteckenden Aufrichtungen die soziale Bindung zu den jeweiligen Nachbarn unterstützen könnte.

Tatsächlich sind die Präriehunde sehr soziale Tiere, die oftmals in riesigen Verbänden leben: Um 1900 soll es angeblich eine Kolonie gegeben haben, die in Texas eine Fläche beinahe von der Größe Österreichs besiedelte und fast 400 Millionen Individuen umfasste. Die größte heutige Kolonie mit auch noch immerhin 15.000 Hektar liegt in der Nähe von Janos in Mexiko. Die Tiere bewohnen dabei trockenes Land mit niedriger Vegetation, werden bis zu 35 Zentimeter lang und ernähren sich vor allem von Gras.

Doch zurück zum eigenwillig synchronisierten Männchen-Machen, das Forscher um den kanadischen Biologen James Hare (Universität von Manitoba in Winnipeg) unter die Lupe genommen haben. Konkret haben die Wissenschafter für ihre Untersuchung im britischen Fachblatt "Proceedings of the Royal Society B" beobachtet, wie sich der Schwarzschwanz-Präriehunde verhält, der so eine Welle ausgelöst hat.

Größere Teilnehmerzahl, längere Futtersuche

Das Ergebnis der Analysen: Je mehr Artgenossen die Geste nachahmten und je länger diese Welle andauerte, desto länger widmete sich das Tier anschließend der Suche nach Futter. Das wiederum bedeutet laut Hare und Kollegen, dass die Präriehunde mit dem Männchen-Machen einfach die Aufmerksamkeit ihrer Artgenossen abtesten: Machen viele Tiere bei der "Welle" mit, sind die Kolonienachbarn offensichtlich wachsam. Und das wiederum bedeutet, dass sich das einzelne Erdhörnchen sicher fühlen kann.

Zur eigentlichen Warnung bedienen sich die Tiere im Übrigen eines sehr elaborierten Systems von Rufen, wie Forscher um Constantine Slobodchikoff schon vor mehr als zehn Jahren herausgefunden haben. Die Biologen kamen damals zum Schluss, dass die Rufe der Präriehunde konkrete Informationen darüber enthalten, um welches Raubtier es sich handelt, wie groß es ist und wie schnell es sich anpirscht. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 8.1.2014)