Bei solchen Fingernägeln kaum noch erkennbar: Der menschliche Nagel besteht aus Nagelmatrix, Nagelplatte, Nagelbett und Nagelwall.

Foto: APA/dpa/Jörg Carstensen

Die Finger- und Zehennägel des Menschen sind eine komplexe Materie und eine Quelle für zahlreiche Verletzungen. Manche heilen von selbst, andere bedürfen ärztlicher Behandlung. Gholam Pajenda, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie sowie Leiter der Ambulanz für posttraumatische Wirbelsäulenbeschwerden der Universitätsklinik für Unfallchirurgie am AKH Wien, informiert über die Beschaffenheit von Nägeln und über typische Verletzungen.

Nagelaufbau

Der Nagel besteht aus einer Nagelmatrix, der Nagelplatte, dem Nagelbett und dem Nagelwall. Die Nagelmatrix – auch Nagelwurzel genannt – entsteht aus einer Einstülpung der Haut. Durch Zellteilung bilden sich hier immer neue Zellen, welche die alten nach vorne schieben. Durch Verhärten dieser Zellen entsteht die Nagelplatte.

Die unterste Schicht der Nagelplatte ist der weichste Teil, die oberste Schicht ist der härteste Teil. Der freie Nagelrand der Nagelplatte wächst über die Fingerkuppe hinaus und wird von einem kleinen Hautstück unter dem Nagel gehalten.

Unter der Nagelplatte befindet sich das Nagelbett. Durch seine hohe Anzahl von Nervenbahnen und Blutgefäßen erhält der Nagel seine rosige Färbung.

Der Nagelwall – auch Nagelfalz genannt – wird von der Haut an den Seiten des Nagels gebildet. In dieser Tasche ist der Nagel eingebettet. Durch ein zusätzliches kleines Häutchen, das auf der Nagelplatte aufliegt, wird er vor Fremdkörpern und Erregern geschützt.

Typische Nagelverletzungen

Leichte Nagelverletzungen können problemlos wieder abheilen, gröbere und nicht adäquat behandelte Verletzungen jedoch auch einen schweren Verlauf nehmen.

Zu den häufigsten Nagelverletzungen zählen neben einem Hämatom unter dem Nagel abgerissene oder eingerissene Nägel sowie das Eindringen von Fremdmaterial unter den Nagel.

  • Hämatom

Ein Hämatom, oder Bluterguss, unter dem Nagel entsteht durch starke Stöße auf den Nagel oder die Nagelmatrix. Die betroffene Stelle ist meist blau-schwarz verfärbt. Die zahlreichen Blutgefäße, die sich im Nagelbett befinden, reißen. Das Blut kann nicht abfließen und hebt die Nagelplatte. Die Folgen sind unangenehmer Druck und starke Schmerzen.

Als Sofortmaßnahme empfiehlt es sich, den betroffenen Nagel zu kühlen und nach oben zu halten. Das lindert nicht nur den Schmerz, sondern sorgt auch dafür, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen und weniger Blut unter dem Nagel austritt.

Diese Nagelverletzung kann, je nach Ausprägung, auf natürlichem Wege wieder abheilen. Durch eine rechtzeitige Entlastung kann die Heilung schneller erfolgen.

  • Abgerissener Nagel

Ein abgerissener Nagel ist besonders schmerzhaft. Die Nagelplatte wird dabei vom Nagelbett gerissen, wodurch die empfindlichen Nervenbahnen und Blutgefäße frei liegen. Meist blutet die Wunde stark, da die Blutgefäße verletzt wurden.

Ist der Nagel nur ein kleines Stück abgerissen, lässt er sich häufig leicht selbst behandeln. Ist der Nagel jedoch zu weit abgerissen und das Nagelbett sehr stark verletzt, besteht der Bedarf einer ärztlichen Behandlung.

Ein abgerissener Nagel kann wieder am Nagelbett angebracht werden. Voraussetzung dafür ist, dass der abgerissene Nagel in ein fusselfreies und sauberes Tuch gewickelt und zum Arzt gebracht wird.

Das Nagelbett sollte mit einem sterilen Verband abgedeckt werden. Der abgerissene Nagel wird dann an die natürliche Stelle aufgesetzt und mit Hilfe von Klammerpflastern oder einigen Hautnähten fixiert. Ein Verband ist so lange nötig, bis Nagelplatte und Nagelbett wieder verwachsen sind.

  • Eingerissener Nagel

Ein eingerissener Nagel zählt zu den harmlosen Nagelverletzungen und kann grundsätzlich gut selbst behandelt werden. Wichtig ist es zu verhindern, dass der Nagel noch weiter einreißt oder komplett abreißt und ein offenes Nagelbett entsteht.

Häufig reißt der Nagel direkt am Übergang von freiem Nagelrand und dem Anfang des Nagelbettes. In diesem Fall sollte der Nagel so kurz wie möglich geschnitten werden, ohne dabei das Nagelbett zu verletzen.

Als Sofortmaßnahme sollte ein Pflaster über den betroffenen Nagel geklebt werden. So wird schnell und einfach verhindert, dass der Nagel noch weiter verletzt wird.

  • Gespaltener Nagel

Anders als beim eingerissenen Nagel verläuft beim gespaltenen Nagel der Riss nicht von der Nagelkante hin zur Mitte des Nagels, sondern vom freien Nagelrand in Richtung Nagelwurzel. Die Heilung eines gespaltenen Nagels ist oftmals eine langwierige Angelegenheit.

Ein gespaltener Nagel kann verschiedene Ursachen haben. Häufig ist der Grund eine falsche Pflege. Werden die Nägel spröde, begünstigt das einen gespaltenen Nagel. Dieser kann sich vom Nagelbett lösen und nur schwer wieder richtig nachwachsen, Pilzerkrankungen und Infektionen werden begünstigt. Auch Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes oder Funktionsstörungen der Schilddrüse sowie eine mangelnde Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen, können eine Ursache für gespaltene Nägel sein.

Die Chancen, dass sich der Nagel wieder mit dem Nagelbett verbindet und normal nachwächst, sind sehr gering. Ein Nagel, der bis zur Nagelwurzel gespalten ist, wächst üblicherweise nicht mehr nach. Er erscheint in Folge verhältnismäßig klein und schief. Zudem bildet sich bei nachwachsenden Nagelstücken ein Hohlraum.

Als Panaritium wird eine eitrige Entzündung im Bereich des Fingers und der Hand bezeichnet. Die Ursache ist meistens eine Wundinfektion mit Eitererregern infolge kleiner Verletzungen.

Phlegmone ist eine diffuse eitrige Entzündung, die flächenhaft durch alle Gewebsschichten fortschreitet. Durch die Enzyme des Eitererregers kommt es zur Eiteransammlung mit schmerzhafter Schwellung, Rötung und Überwärmung. (Eva Tinsobin, der Standard.at, 6.2.2014)