Im Gegensatz zu vielen anderen Chinaphones hebt sich das THL T100 mit einem eigenständigen Design ab.

Foto: derStandard.at/Pichler

Die Rückseite bietet guten Halt und ist nur wenig anfällig für Fingerabdrücke.

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Die seitliche angebrachten Tasten sind gut erreichbar und weisen ein nettes Finish auf.

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Das THL T100S im Seitenprofil.

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Aufnahme mit der rückseitigen Kamera bei mäßigen Lichtbedingungen.

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Nahaufnahme bei hohem Kunstlichtanteil.

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Eine Aufnahme mit der Frontkamera.

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Wenn es um die Devise "Specs sell" geht, trommeln chinesische Hersteller mittlerweile laut mit. Dominiert wird der Smartphone-Markt der Volksrepublik vom Android-Betriebssystem und dem Chiphersteller Mediatek. Letzerer kommt eigentlich aus Taiwan, seine günstigen SoC-Platinen bilden jedoch die Basis für zahlreiche Geräte in Schwellenländern.

Einer der jüngeren Chips, der Ende 2013 eingeführt wurde, trägt die Bezeichnung MTK6592. Das Versprechen, hohe Performance durch den möglichen gleichzeitigen Betrieb der acht CPU-Kerne zu liefern, tragen die Smartphone-Hersteller natürlich als Werbebotschaft weiter.

Eigenständiges Design, gute Verarbeitung

So auch der relativ kleine Anbieter THL, der mit dem THL T100S eines der ersten Handys mit der neuen Plattform geliefert hat. Das Gerät kostet über Importhändler im Schnitt 200 bis 240 Euro, wobei hier etwaige Zollabgaben noch nicht einkalkuliert sind. Dabei handelt es sich um einen Fünfzöller, der sich optisch von seiner lokalen Konkurrenz immerhin schon einmal damit abhebt, dass er ein recht eigenständiges Design bietet, welches irgendwo zwischen dem Xiaomi Mi-3 und den Nokia Lumias angesiedelt ist.

Viele andere Geräte abseits der bekannteren Marken (Xiaomi, Meizu, Huawei, Lenovo) weisen nach wie vor einen eher generischen Look oder starke Reminiszenzen an verscheidene Marken,, bevorzugt Samsung, auf. In puncto Verarbeitung gibt es wenig zu kritisieren, lediglich das Spaltmaß zwischen Display und dem metallenen Streifen darüber bereitet etwas Sorgen. Der Rest darf als "ordentlich" eingestuft werden, wenngleich das Niveau von Spitzengeräten wie dem HTC One oder dem iPhone nicht erreicht wird.

Gutes Display

Auf der Frontseite des THL T100S, das in der mit in Europa gängigen 3G-Frequenz 2.100 MHz kompatiblen Ausführung den Untertitel "Iron Man" trägt, prangt ein Gorilla Glass-geschütztes IPS-Display mit fünf Zoll (12,7 Zentimeter) Diagonale und Full-HD-Auflösung. An diesem lässt sich wenig aussetzen, Farben, Kontraste und Blickwinkel sind gut, die maximale Helligkeit ausreichend, sofern man nicht unter direkter Sonneneinstrahlung hantiert.

144,3 x 70,4 x 8,4 Millimeter misst das Handy. Ein relativ schmal gehaltener Rand und das eher schlanke Profil machen das Gerät gut greifbar, die matte Rückseite erweist sich als ausreichend rutschfest. Einzig der Bereich unter dem Display, auf welchem sich auch die Steuerungstasten befinden, ist recht großzügig ausgefallen, was in puncto Bedienung hinderlich sein kann.

Allgemein ist einhändige Bedienung eingeschränkt möglich, wenn man etwas größere Hände hat. Ein/Aus-Schalter und Lautstärketasten sind auf der rechten und linken Seite des Gehäuses angebracht, weisen ein nettes Finish auf und sind gut erreichbar.

Zwei 13-MP-Kameras

Neben der Octacore-CPU hat THL dem Gerät noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal verpasst. Kameras mit maximal 13 Megapixel Auflösung können an den MTK6592-Chip angeschlossen werden. Bei diesem Smartphone findet man diese gleich auf beiden Seiten.

Für die Frontkamera erweist sich das in der Tat als vorteilhaft, auch wenn dieses Modul nicht die gleiche Qualität und Lichtstärke liefert, wie jenes auf der Rückseite. Der Unterschied zu "Selfies" mit heute immer noch gängigen ein bis zwei Megapixel ist klar zu bemerken. Abgesehen davon, dass auf der Vorderseite ein Blitz fehlt, dürften ambitionierte Selfie--Schießer und Freunde der Videotelefonie hier gut bedient sein.

Die Kamera auf der Rückseite mag zwar ebenfalls hohe Auflösung liefern, bietet in Sachen Farben, Kontraste und Detailtreue allerdings kaum mehr als mittelmäßige Qualität. Der harmlos anmutende Blitz erweist sich allerdings als recht stark, was praktisch für Fotos bei wenig Licht ist.

Gute Konnektivitätsausstattung, schwaches GPS

In puncto Konnektivität bringt das THL mit, was man von einem modernen Smartphone erwarten kann, wobei die entsprechende Hardware ohnehin bereits am Mediatek-Chip integriert ist. Andere Geräte mit dem MTK6592 weisen also den gleichen Funktionsumfang auf.

An Bord sind neben 3G außerdem noch 802.11n-WLAN, Bluetooth 4.0, NFC und GPS. Letzteres gehört zu einer fast schon traditionellen Schwäche bei den Mediatek-Plattformen, leider stellt auch diese Generation keine Ausnahme dar. Der Empfang funktioniert grundsätzlich, besonders zwischen höheren Bauten reißt der "Fix" jedoch gerne ab. Dazu hängt das Modul bei der Aktualisierung nach und versucht dies über die Interpolation anhand von Daten des Beschleunigungssensor auszugleichen. Zu Fuß ist die GPS-Performance akzeptabel, als Navigationslösung für das Auto ist das THL T100S in der Stadt jedoch nicht zu gebrauchen, am Land höchstens mit Einschränkungen.

Exkurs

Ursache ist die offenbar generell geringe Empfangsstärke der verbauten GPS-Eigenlösung von Mediatek und oft auch die Kombination mit Antennen von problematischer Qualität. Als kurze Notiz für Ingress-Spieler: Mit diesem Handy wird man nicht besonders glücklich.

Dass andere Geräte mit dem gleichen Chip hier besser abschneiden, ist nicht auszuschließen, im Vergleich mit Nexus und Co. werden sie allerdings stets den Kürzeren ziehen. Hoffnung gibt es immerhin für den LTE-tauglichen Nachfolgechip MTK6595, der neben GPS auch GLONASS, Galileo und zwei weiiere Navigationssysteme verstehen soll.

Viel Platz

Bei der restlichen Ausstattung protzt das Gerät. Die CPU darf mit zwei GB RAM arbeiten, dem Nutzer stehen 32 GB Onboardspeicher zur Verfügung, die bei Bedarf per microSD-Karte aufgestockt werden können. Außerdem kann das Handy mit zwei SIM-Karten auf einmal umgehen, wobei ein Slot nach einer microSIM verlangt und der andere nach einer Karte mit Standardgröße.

Gute Benchmarks

Bei den Benchmarks zieht der Octacore-Chip seinem Vorgänger, dem vierkernigen MTK6589, klar davon. Im Antutu-Allroundtest liegt das T100S mit rund 27.000 Zählern auf dem Niveau des Galaxy S4, das einen Snapdragon-600 mitbringt. Mit 1.960 Punkten beim HTML5-Benchmark mit Vellamo ist es ebenfalls ebenbürtig zu Samsungs 2013er Flaggschiff.

Einbussen gibt es beim 3D-Grafikdurchlauf mit Epic Citadel. Mit im Schnitt 41 Bildern pro Sekunde ist die Wiedergabe zwar flüssig, szenenweise sind Einbrüche jedoch zu bemerken. Hier schlägt die hohe Displayauflösung sehr wohl auf die Performance durch und die Mali-450 GPU muss sich kräftig abmühen. Summa summarum lässt sich das Gerät anhand dieser Werte wahlweise in die obere Mittelklasse oder das untere Highend-Segmend einordnen.

Theorie vs. Praxis

Dass der Chip bei Bedarf alle acht Kerne gleichzeitig ackern lassen kann, mag auf den ersten Blick beeindrucken. Jedoch ist es wichtig zu wissen, dass es sich hier um die Cortex-A7-Architektur handelt. Die mit maximal 1,7 GHz getakteten A7-Kerne zeichnen sich dadurch aus, relativ stromsparend zu arbeiten, sind aber im Gegenzug dafür keine Leistungswunder.

Acht auf einmal bewerkstelligen natürlich wesentlich mehr als ein einzelner, sind aber wiederum vier A15-Kernen, wie sie etwa das LG G2 oder Nexus 5 dank Qualcomms Snapdragon-800 mitbringen, klar unterlegen.

Software-Schwächen

Hinzu gesellen sich softwareseitige Schwächen, die teils beim Gerätehersteller und teils wohl auch bei Mediatek zu verorten sind. So merkt man schnell, dass das Navigieren durch die Menüs der – bis auf diverse Icons praktisch unveränderten – Android-Oberfläche nicht so flüssig geht, wie auf den vorhin benannten Devices. Der Austausch des nicht besonders performanten Launchers verbessert dies, merzt die Lücke aber nicht ganz aus.

Auch Apps starten langsamer als auf den aktuellen Snapdragon-Geräten, wobei der Unterschied für den Alltagsbetrieb recht wenig Relevanz mitbringt. Mit Firmwareupdates dürfte man hier noch mehr rauskitzeln können, gerüchteweise soll das THL T100S in absehbarer Zeit mit Android 4.4 "Kitkat" versorgt werden. Aktuell läuft das Handy mit Version 4.2. Wie leider bei vielen kleineren chinesischen Herstellern üblich, steht der Softwaresupport auf eher wackeligen Beinen.

Audio und Akku

Die Audioqualität des T100S ist beim Telefonieren ist auf beiden Seiten überdurchschnittlich. Der Lautsprecher für Musikwiedergabe kommt allerdings recht flott an seine Grenzen. Der Akku des Smartphones bietet 2.300 mAh (eine Variante mit 2.700 mAh soll folgen) und ist wechselbar.

Bei der letzten Firmwareversion scheint es Probleme mit dem Deep Sleep des Gerätes und dem Verbrauch im Allgemeinen zu geben, weswegen man es mit einer vollen Ladung bei durchschnittlichem gerade noch so vom Morgen in den Abend schafft. Hier sind softwareseitig ebenfalls noch Verbesserungen zu erwarten, zumal derartige Probleme bei anderen Handys mit gleicher Hardwareunterlage nicht bekannt sind.

Fazit

Summa summarum ist das THL T100S ein zweischneidiges Schwert. Für den geforderten Preis erhält man ein Dual-SIM-Smartphone mit prinzipiell guter Hardware, das im Grunde allen Alltagsaufgaben gewachsen ist – von Autonavigation abgesehen. Frei von Schwächen ist das Gerät nicht und die in Benchmarks existierende Gleichwertigkeit zu Geräten des Kalibers eines Galaxy S4 übersetzt sich nur teilweise in die Praxis.

Für den MTK6592-Chip lässt sich ein spürbarer, aber nicht umwerfender Fortschritt zur Vorgängergeneration feststellen. Wer bereits ein Gerät mit dem MTK6589 besitzt, gewinnt rein performanceseitig nicht viel dazu, lediglich das Upgrade auf Bluetooth 4.0 und die standardmäßige Integration von NFC sind hier gute Argumente. Wer mit der GPS-Schwäche leben kann und auf der Suche nach einem Gerät mit guter Leistung bei niedrigem Preis ist, könnte aber fündig werden.

Ausblick

Freunden von Chinaphones sei an dieser Stelle empfohlen, ein halbes Jahr zuzuwarten. Neben LTE, ANT+ und Verbesserungen bei der Navigationslösung wird der MTK6595 die Cortex-A17-Architektur implementieren.

Vier A17-Kerne sollen dann mit einem Verbund aus vier A7-Kernen nach dem ARM big.LITTLE-Prinzip zusammenarbeiten. Dazu gesellt sich dann eine PowerVR6-GPU, die Support für Auflösungen von bis zu 2.560 x 1.600 Pixel ermöglichen soll. Kann Mediatek den Preispunkt halten, ist hier für gleiches Geld deutlich mehr zu erwarten. (Georg Pichler, derStandard.at, 27.04.2014)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Das Testgerät wurde vom Autor selbst erworben. Getestet wurde mit der Firmware vom 2. Januar 2014.