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"Bitte Ruhe, wir testen die Datensicherheit" lautet die aktuelle Devise im Unterrichtsministerium. Bildungsstandardtests, Pisa-Studie und TIMSS für Mathematik sind fürs Erste auf Eis gelegt.

Foto: APA/Neubauer

Wien - Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) stoppte am Dienstag nicht nur die heurigen Bildungsstandardtestungen in Deutsch in der vierten und achten Schulstufe, sondern auch Österreichs Teilnahme an der Pisa- und der TIMSS-Studie. Als Grund nannte sie die von ihr angeordnete Überprüfung der Datensicherheit am Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie), das diese Studien in Österreich organisiert und durchführt. Der mehrmonatige Datencheck sei bis zu den für die internationalen Studien notwendigen Feldtestungen im März für TIMSS bzw. April und Mai für die Pisa-Studie nicht abgeschlossen, daher die Absage.

"Datenloch" verschlingt drei Studien

Auslöser für Heinisch-Hoseks dreifaches Drücken auf die Teststopptaste war, dass im Vormonat auf einem rumänischen Testserver einer Bifie-Partnerfirma angeblich ungeschützte Ergebnisse von informellen Schülertests von 2011 und 2012 aufgetaucht sind.

Österreich wäre erstes OECD-Land, das aussteigt

Die OECD in Paris sieht das anders. Auf STANDARD-Anfrage sagte OECD-Bildungsvizedirektor Andreas Schleicher nämlich: "Aus Sicht der OECD gibt es keinen Grund, den Feldtest in Österreich abzusagen." Dieser sei jedenfalls "zwingende Voraussetzung" für die Teilnahme an Pisa 2015. Sollte sich Heinisch-Hosek doch noch umentscheiden, dann könnte der Feldtest in Österreich "innerhalb des international dafür vorgesehenen Zeitfensters verschoben werden". Wenn nicht, könnte Österreich 2018 wieder einsteigen, da beginnt der nächste volle Testzyklus, allerdings: "Dann ohne Basisdaten für zukünftige Zeitreihen für die Bewertung der Naturwissenschaften". Schleicher wies au-ßerdem darauf hin, dass "bislang alle OECD-Staaten nach ihrer Erstteilnahme lückenlos an den folgenden Pisa-Studien teilgenommen haben". Österreich wäre somit das erste hochentwickelte Industrieland, das aus dieser internationalen Schülervergleichsstudie aussteigen würde.

Ministerin will "Vertrauen zurückgewinnen"

Heinisch-Hosek will "das Vertrauen der Schüler und Lehrer zurückgewinnen", sagte sie. Dienstagabend waren die Schulpartner geladen: "Ich kann keine Testungen durchführen lassen, solange keine Datensicherheit beim Bifie gewährleistet ist." In der "einjährigen Zwangspause" will sie überhaupt alle Studien überprüfen. Die Ministerin nannte TIMSS, die Mathe-Bildungsstandards würden das Gleiche testen. Auch eine "Redimensionierung" des Bifie will sie überlegen. Durch den Stopp von drei Studien erspare man sich heuer jedenfalls 3,6 Millionen Euro, hieß es.

10.000 Testbetreuer umsonst geschult

Allerdings fallen auch Kosten für die Nichtdurchführung der Bildungsstandardtests an, wie Insider im STANDARD-Gespräch monieren. Nach vier Jahren Vorbereitungszeit und millionenschweren Investitionen sei es unverständlich, diese Tests jetzt abzusagen, zumal damit auch der erste volle Testzyklus unterbrochen werde. An die 10.000 Mitarbeiter (Testadministratoren etc.) hängen an den Bildungsstandardtests dran und sind extra für den Apriltermin 2014 ausgebildet und dienstlich freigestellt worden. 

170.000 Testhefte einstampfen

Auch in den rund 4500 Schulen - es geht um 170.000 Schüler - ist alles dafür geplant und vorbereitet. Jetzt müssen alle auf konkrete Klassen zugeschnittenen Testhefte wieder vernichtet werden: "Das kostet ein Vermögen", kritisierte der Sprecher der ÖVP-Landesschulratspräsidenten, Fritz Enzenhofer aus Oberösterreich, im Gespräch mit dem STANDARD. Allein der Druck der einzustampfenden Aufgaben hat an die 900.000 Euro gekostet.

"Bifie nicht als Sündenbock hinstellen"

Enzenhofer hält die ganze Aktion für "falsch und verfrüht". Die Bildungsstandards könne man problemlos testen, da diese Tests händisch ausgefüllt und die Daten dann erst eingescannt werden müssten: "Man hätte, das hat das Bifie auch vorgeschlagen, die Hefte liegen lassen können, bis man sicher ist, dass die Daten sicher sind", sagt Enzenhofer, der betont: "Es wäre nicht seriös, das Bifie als Sündenbock hinzustellen. Nach meinen Informationen hat es keinen Fehler gemacht. "

Auch der Bundeselternverband an höheren Schulen reagierte mit "Befremden" auf den Teststopp und vermutet "politische Beweggründe". (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 12.3.2014)