Die Möglichkeiten für gentherapeutische Ansätze mögen zwar verlockend klingen, risikolos sind sie aber noch nicht. Die Behandlung von zehn Patienten mit Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS), einer seltenen Immunschwäche mit Blutungsneigung, verursachte in einer Studie nach einer Besserung auch das Auftreten von Leukämien bei mehreren Patienten, wird jetzt in Science Translational Medicine berichtet.

Seltene Erkrankung

Der Hintergrund: WAS ist eine schwere, nur auf Buben vererbbare Immunschwäche- und Blutgerinnungsstörung. Sie tritt mit einer Häufigkeit von eins zu 100.000 bis eins zu 250.000 auf. Die betroffenen Kinder haben eine Lebenserwartung von etwa zehn Jahren wegen schwerer Blutungen, Infektionen oder bösartiger Erkrankungen. Eine Knochenmarktransplantation als Standardtherapie ist zwar prinzipiell möglich, aber mit einem hohen Risiko verbunden, wenn kein passender Spender gefunden wird.

Seit 2006 versuchten die Wissenschafter in Hannover, WAS per Gentherapie zu behandeln. Dabei wurden von den Betroffenen aus dem Blut Stammzellen (CD34-positive Zellen) entnommen. In diese wurde mit einer von Retroviren abgeleiteten "Gen-Fähre" die Erbanlage für das WAS-Protein eingeschleust. Die Zellen wurden in Kultur vermehrt und schließlich den Patienten verabreicht.

Korrektur der Immunschwäche möglich

Die Autoren konnten der Langzeitstudie jetzt zeigen, dass neun von zehn Patienten ein anhaltendes Anwachsen der genetisch veränderten Zellen im Blut und ein teilweise oder komplette Korrektur der Immunschwäche und/oder der Zeichen für Autoimmunität und für Blutungen zu verzeichnen war. Die durchschnittliche Beobachtungszeit betrug rund vier Jahre.

Allerdings, offenbar durch ein durch das "Gen-Fähren"-Produkt mit Retrovirus-Eigenschaften auch ungesteuertes Einschleusen des WAS-Erbguts kam es auch zu schweren Folgeerscheinungen. Sieben Patienten entwickelten eine akute Leukämie, konnten aber erfolgreich per Chemotherapie und/oder Knochenmarktransplantation behandelt werden. Ein Patient verstarb allerdings. Ähnliche Nebenwirkungen wurden in jüngerer Vergangenheit auch von Gentherapiestudien zu anderen angeborenen Störungen des Immunsystems in Paris und London berichtet.

"Diese Studie zeigt, dass eine Gentherapie mit Blut-Stammzellen bei WAS machbar ist und eine effektive Behandlungsoption sein kann. Aufgrund der Nebenwirkungen sind jedoch weitere Forschungen zur Verbesserung der Gen-Fähren notwendig und Gegenstand der Forschung an verschiedenen Zentren", so die Autoren. (red, derStandard.at, 13.3.2014)