In "Cure Runners" springen Spieler über Stock und Stein, um die mysteriöse und lebensnotwendige Ressource "Cure" einzusammeln und sich dadurch über den Tag zu retten.

Foto: Three Coins
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Das Kernteam von Three Coins (v.r.n.l.) Lena Robinson, Katharina Norden, Anna Mostetschnig und Eva Gruber.

Foto: Matthias Brand/Three Coins
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Three Coins zusammen mit dem Entwicklerteam von Ovos Media

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Für die Zukunft der Jugend Österreichs malen Schuldenberater kein sehr rosiges Bild: Jeder dritte Klient ist unter 30 Jahre alt und im Schnitt mit 32.000 Euro in den Miesen. Ein Missstand, der auf Verhaltensmuster zurückgeführt wird, die bereits als Teenager erlernt werden und langfristig katastrophale Folgen haben.

Ein Wiener Start-up namens Three Coins hat sich deshalb vor einigen Jahren an die Konzeption eines Games gemacht, das Jugendlichen spielend den Umgang mit Geld beibringen soll. Dieser Tage ist das Jump'n'Run "Cure Runners" (iOS, Android) nun für den österreichischen Markt erschienen.

Postapokalyptisch

Was sich nicht gerade nach Freizeitbeschäftigung anhört, tarnt sich als buntes Überlebensabenteuer in einer postapokalyptischen Welt. "Der schlechte Umgang mit Geld ist mittlerweile der am 2-meisten genannte Grund für Überschuldung in Österreich. Wir hatten die Vision ein effektives Tool mit Potential für große Reichweite in der Zielgruppe zu entwickeln, das sie auf Augenhöhe trifft, ihre Welt respektiert und sich traut, da ein Stück mitzugehen", erklärt Three-Coins-Sprecherin Lena Robinson gegenüber dem GameStandard. "An diesem Moment trafen Doris Rusch und Katharina Norden zusammen und es entstand die Idee für ein Serious Game als Ansatzpunkt für eine neue Finanzbildungs-Intervention in Österreich",  sagt Robinson. "Ein Game, das Jugendliche in ihrer Freizeit und auf Augenhöhe erreicht, das nicht mit dem edukativen Zeigefinger daherkommt, aber unterbewusst und spielerisch den Umgang mit Geld trainiert."

In "Cure Runners" springen Spieler über Stock und Stein, um die mysteriöse und lebensnotwendige Ressource "Cure" einzusammeln und sich dadurch einerseits über den Tag zu retten und andererseits persönliche Bedürfnisse erfüllen zu können. Im Zuge der Story wird man so zwangsläufig mit schwerwiegenden Entscheidungen konfrontiert: Scheitere ich in einer Mission, kann ich es erneut versuchen oder - riskant - auf Pump den Lauf fortsetzen? "Somit generiert das Spiel laufend Aha-Effekte und wirkt als Augenöffner für eine Welt, der sich Jugendliche für gewöhnlich verschließen: Geld und Finanzen", so Robinson.

Wichtige Entscheidungen treffen

Die Lernstrategie dahinter lehnte das vierköpfige Team von Jungunternehmerinnen an andere etablierte Serious-Games wie "Re-Mission" an, das Leukämie-Patienten durch den schwierigen Alltag hilft. Zusammen mit Schuldenberatern konzipiert und vom Wiener Entwickler Ovos Media umgesetzt, soll mit Cure Runners ebenfalls nicht abstraktes Wissen indoktriniert werden, sondern langfristig das Verhalten im Umgang mit Geld trainieren.

"Typische Gründe der Verschuldung bei Jugendlichen sind zum Beispiel: Das eigene Budget nicht im Überblick haben, Verträge nicht verstehen, keinen Notgroschen auf der Seite haben, nicht zwischen wants und needs unterscheiden können, Zahlungsprioritäten nicht richtig setzen können, in Schuldenfallen tappen, Konsumdruck ausgesetzt sein. All das ist in das Spiel eingewoben worden", so Robinson. "Beim Spielen ist man permanent Cure-Investitions-Entscheidungen ausgesetzt, die sich jeweils auf den weiteren Spielverlauf auswirken."

Damit diese Lerneffekte auch eintreten, arbeitete man mit Wissenschaftlern zusammen. "Doris Rusch, die die Story von CURE Runners geschrieben hat, hat eine Professur für Game Design an der DePaul University of Chicago. Weiters wurden die Lerninhalte des Games mit wissenschaftlichen Partnern (u.a. WU Wien, Uni Wien, TU Wien) erarbeitet. Außerdem haben wir mit Anna Mostetschnig ein Team-Mitglied an Board, dass sich um den Aufbau eines hauseigenen Think Tanks zu Financial Literacy Research kümmert. Ihre wissenschaftliche Basisarbeit zu Verschuldungsursachen und allgemeines Verhalten mit Geld haben das Game maßgeblich geformt", sagt Robinson.

Non-Profit-Game

Von der ersten Idee über die zwei Iterationen bis zum fertigen Game habe das Projekt zwei Jahre in Anspruch genommen, die End-Programmierung der Letztversion acht Monate. Insgesamt 18 Personen (von Three Coins und ovos media) waren an der Entwicklung beteiligt und zwei weitere Kreative (Doris Rusch und Mischa Hießböck), die am Anfang das originale System- und Story-Design konzipiert haben.

Die Finanzierung des ersten heimischen Financial-Literacy-Spiels wurde durch staatliche Förderungen und private Investoren gesichert. In Österreich kostenlos erhältlich, war es bei einem Budget von rund 200.000 Euro von Anfang an als Non-Profit-Projekt ausgelegt. Für Three Coins ist es aber kein selbstloses Engagement, sondern ein Weg, um sich mit weiteren Projekten auch künftig nachhaltig in diesem Feld betätigen zu können. "Es gelang so, uns bis zum Launch des Games zu finanzieren und ein Produkt in der Qualität zu lancieren, die wir sehen wollten. In den nächsten Monaten geht es nun darum, auf die dadurch geschaffene Kredibilität aufzubauen und unser Businessmodell auf nachhaltige Beine zu stellen", so Robinson.

"Wichtig ist uns, dass wir keine White Label-Initiative einer einzigen Bank werden, denn das würde die soziale Wirkung des Projekts insgesamt einschränken. Wir würden gerne als Plattform für verschiedene Finanzdienstleister fungieren, die das Thema gemeinsam für die österreichische Gesellschaft vorantreiben. Der öffentliche Sektor ist für uns genauso wichtig. Denn unser Game ist nur der erste Schritt in Richtung Bildungs-Innovation. Es braucht nun eine Integration des Spiels in didaktische Umfelder, Schulen und Jugendzentren. Dafür sind wir auf eine gute und kollaborative Partnerschaft mit dem öffentlichen Sektor angewiesen."

Neues Werkzeug für die Schuldenbekämpfung

Um ihr Engagement zu finanzieren, soll nach einer "ausführlichen Markt-Evaluierung" von 'Cure Runners' überdies ein Budget-Verwaltungswerkzeug erstellt werden, das auch Nichtspieler erreicht. "Die Markt-Evaluierung wird zeigen, ob wir am richtigen Weg sind. Dies vorausgesetzt, arbeiten wir an einem Konzept für Trainingspakete ,die auf 'Cure Runners' aufbauen und die z.B. innerhalb des Unterrichts eingesetzt werden können. Zweitens wollen wir unser Konzept für eine innovative Budget-Tracking-App für Jugendliche gemeinsam mit einem Partner aus der Finanzdienstleisterbranche umsetzen. Gespräche dazu laufen bereits.", erklärt die Three Coins-Sprecherin.

Bis dahin wird sich aber vor allem eines weisen müssen. Und zwar, ob Spiele tatsächlich effektiv als Werkzeug gegen die Armutsbekämpfung einsetzbar sind. "Daran glauben wir. Games sind kraftvolle, spielerische Türöffner für Themen, die normalerweise unangenehm oder trocken erscheinen. Sobald ein Thema gamifiziert wird, macht es plötzlich Spaß. Wissen wir das nicht schon seit Mary Poppins?" Just a spoonful of sugar... (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 3.4.2014)

Trailer: Cure Runners