Panoramablick auf zwei der großen drei Starburst-Zentren in der Zentrumsregion der Milchstraße: Der Arches- und der Quintuplet-Haufen.

Foto: NASA/JPL-Caltech/Spitzer Weltraum-Teleskop/S. Stolovy

Bonn - Neuentstandene massereiche Sterne, die unsere Sonne um das 20-Fache oder mehr übertreffen, finden sich in der Milchstraße zumeist in Gruppen. Eine Ausnahme von dieser Regel scheint die Zentrumsregion unserer Heimatgalaxie zu sein: Dort wurde eine große Menge einzelner massereicher Sterne entdeckt, die scheinbar völlig isoliert liegen.

Das veranlasste Astronomen bereits zu der Vermtung, dass in der Zentrumsregion andere Bedingungen für die Entstehung von Sternen gelten könnten als in weiter außen gelegenen Regionen. Wie die Universität Bonn berichtet, dürfte das aber ein Irrtum sein - laut einer in "Astronomy & Astrophysics" erschienenen Studie verhält sich die Zentrumsregion wohl doch nicht so anders.

Verzerrtes Bild

Laut den Forschern der Universität Bonn und der TU Berlin darf man sich nicht vom optischen Eindruck, den die drei sogenannten Starburst-Sternhaufen in Zentrumsnähe im Teleskop abgeben. In ihnen haben sich vor einigen Millionen Jahren sehr viele Sterne gebildet, darunter auch massereiche Giganten. Die rätselhaften Einzelgänger scheinen aber zu weit entfernt zu sein, um ebenfalls aus diesen Starburst-Zentren zu stammen.

Doch das dürfte nur so scheinen: Laut den Forschern um Studienerstautorin Maryam Habibi haben die starken Gravitationskräfte in der Zentrumsregion an den Starburst-Zentren gezerrt und sie dadurch im Laufe der Zeit deutlich verformt. "In Computersimulationen sehen wir, dass die Starburst-Haufen durch die Gezeitenkräfte lange armähnliche Strukturen ausbilden", sagt Habibi. "Die Simulation postuliert, dass sich entlang dieser Arme massereiche Sterne von ihrer Geburtsstätte wegbewegen – und zwar genau dorthin, wo wir sie tatsächlich sehen."

Die durchs Teleskop beobachtete Isolation wäre damit nur eine vermeintliche: Die Sterne, massereiche ebenso wie kleinere, haben sich zwar in Gruppen in den Starburst-Zentren gebildet, danach aber in "Gezeitenarmen" weit von ihrem Ursprung entfernt. Ihre Nachbarsterne im Gezeitenarm sind so klein und leuchtschwach, dass sie von der Erde aus mit Teleskopen nicht auszumachen sind. (red, derStandard.at, 13. 4. 2014)