Foto: Lukas Friesenbichler

Pro
Von Ronald Pohl

Zuerst sei an dieser Stelle Bedauern ausgedrückt. Der Vatertag hat sich einfach nicht durchgesetzt. Zu teuer, letztlich auch zu abgeschmackt, sagen die Verfechter seiner Unterdrückung. Seine Wurzeln hat der Vatertag im amerikanischen Sezessionskrieg (1861-1865). Diesem unsäglichen Gemetzel fielen rund 550.000 Männer zum Opfer. Unter diesen waren bestimmt ein paar Hunderttausend Väter. Man kann sagen, dass es überzeugendere Arten gibt, die Liebe zu den Vätern auszudrücken.

Der Vorschlag zur Güte liegt auf der Hand. Nehmen wir den Muttertag. Machen wir das Beste daraus, bewirtschaften wir ihn gemeinschaftlich. Machen wir halbe-halbe! Seitdem ist vieles leichter geworden an diesem Ehrentag unter den Feiertagen, dieser Zierde im Schatzbüchlein der Daseinsbewältigung (vulgo Taschenkalender). Der Muttertag ist dunkelrot angestrichen. Kommen die Kinder in der Früh mit dem Tablett, schmiege ich mich eng an meine bessere Hälfte. Das Gedicht ist mir egal. Ich esse den Toast.

Kontra
Von Andrea Schurian

Auch wenn ich Mama P. von nebenan für das muttertägliche Full Service ans Bett herzinnig beneide: Meine feministischen Freundinnen verstehen beim Muttertag null Spaß. Diese gesellschaftspolitische Augenauswischerei gehöre abgeschafft. Eine ans Nachtlager servierte Morgenmahlzeit geht daher leider gar nicht. Genauer gesagt: Geht schon. Nur nicht an diesem zweiten Sonntag im Mai. Weil sonst gibt's Bröseln. Im Bett. Und mit den Freundinnen. Außerdem: Ein weiches Ei ist im Ehebett tatsächlich suboptimal. Und die Kombination aus ungeputzten Zähnen und Earl Grey ist auch kein köstelerregendes Geschmackserlebnis.

Allerdings, liebste Nachwüchse, ist eure Mutter bekanntlich hochdosiert inkonsequent. Blumen wären also schon ziemlich nett, mich mit Kaffeeduft an den gedeckten Frühstückstisch zu locken, ebenso. Und, ja, bitte diesmal nicht vergessen: Edelstahl in der Mikrowelle ist ein brandfunkengefährliches No-Go. Nicht so wie vorletztens am Muttertag. Als ich aufs Frühstück wartete. Im Bett. (Rondo, DER STANDARD, 9.5.2014)