Zur Person

Ernst Logar wurde 1965 in Klagenfurt geboren. Neben verschiedenen foto- und videotechnischen Ausbildungen studierte er von 1997-1999 "Experimentelle Visuelle Gestaltung" an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz und von 1999 bis 2004 in der Klasse für "Medienübergreifende Kunst" von Univ. Prof. Brigitte Kowanz an der Universität für angewandte Kunst.
Seit 1995 zahlreiche österreichische und internationalen Ausstellungen sowie Stipendien.

Foto: Anne Katrin Feßler

Logar richtete ergänzend zur Installation eine eigene Homepage ein: "Es war mir wichtig, dass auch nach der Ausstellung die Information der Öffentlichkeit zugänglich sind und sich dadurch auch eine Diskussion ergeben kann."

Foto: Univ. f. angewandte Kunst, Wien

Neben Ernst Logar stellen noch weitere 84 Diplomanden der Universität für angewandte Kunst Wien und 118 Diplomanden der Akademie der bildenden Künste Wien noch bis Mittwoch (30.6.) ihre künstlerischen Abschlussarbeiten in den Räumen der Universitäten aus. Mehr Info

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"Angewandte Bildfindungen"

"Jung, kritisch und medienbewusst"

Grafik: Ernst Logar

"Gezielt wurde auf Herz und Brust", brüllen uns große schwarze Lettern regelrecht ihre brutale Wahrheit ins Gesicht. Unmittelbar danach heftet sich der Blick auf die durch drei großkalibrige Einschüsse durchlöcherte Glasscheibe. Dahinter ein Gang, der ins Dunkle und Undefinierte führt. Beim instinktiven Blick über die Schulter, zurück auf die just passierte Türe, werden dort die aggressiven Spuren der selben drei Geschosse erkennbar, die sich durch den grünen Stahl gefressen haben: Der Betrachter dazwischen: im Schusskanal.

"'Er hat sich sein eigenes Grab schaufeln müssen"

In diese beklemmende Situation führt der Kärntner Ernst Logar die Besucher seiner Installation "Den Blick hinrichten", Diplomarbeit an der Universität für angewandte Kunst (Inst. für Medienkunst/ Medienübergreifende Kunst, Prof. Brigitte Kowanz). Die Arbeit sei, so Logar, auch Trauerarbeit: 31 Tage vor Kriegsende, in der Nacht des 7. April 1945, wurde sein Großvater Josef Logar als Kärntner Widerstandskämpfer erschossen. In Logars Familie wurde über den Großvater selbst und die Umstände seines Todes stets geschwiegen, erzählt der Künstler: "Es wurde immer nur gesagt: 'Er hat sich sein eigenes Grab schaufeln müssen und ist dann hineingeschossen worden.'"

Zwei Jahre lang recherchiert Logar bereits, um Dokumente und Fakten zu Gefängnisaufenthalt und Hinrichtung zusammenzutragen. Das Nachhaken in der eigenen Familie hat auch diesmal nicht gefruchtet, aber Logar ist optimistisch und sicher, dass "einige Familienangehörige noch etwas wissen." Es bräuchte wahrscheinlich noch etwas Zeit bis sie dies preisgeben.

Körperlich spürbar

In der stark zurückgenommenen Rauminstallation verzichtet Logar bewusst auf Fotografie- oder Videobilder, Medien mit denen er sonst bevorzugt arbeitet. Er wollte keine neuen Bilder vorgeben, sondern setzt bereits jene in den Köpfen der Menschen voraus. Diese ergänzt er mit Zitaten des Augenzeugen einer Hinrichtung, Dokumentationsmaterial, das er ihm Eingangsbereich zur Verfügung stellt und der Architektur des Raumes. Zusammen sollen diese Elemente eine Sprache formen, die die Situation im Moment der Hinrichtung körperlich spürbar macht: "Reproduzieren lässt sich die Situation der Erschießung ja nicht."

Ort der Bedrohung

Ein 30 Meter langer Gang im Keller der Universität, "dort wo umgangssprachlich immer die Leichen begraben sind" spaßt Logar, erhält durch minimale architektonische Eingriffe "eine gewisse Atmosphäre der Bedrohung". "Du blickst durch eine Glaswand in einem Raum, von dem du weißt, dass aus ihm in den Betrachterraum – gewissermaßen in den Zielraum in dem man sich selbst gerade befindet, Schüsse gefallen sind."

Verzicht auf die Augenbinde

Der Betrachter nimmt hier sozusagen den Platz des Delinquenten ein, der die Augenbinde abnimmt und die Füselierer – wenn diese auch im Dunklen verborgen sind – anblickt. Dieser Aspekt verweist auf die verschieden Leseebenen des Installationstitels "Den Blick hinrichten", der sich nicht zuletzt auch auf das wieder Hinschauen und die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus bezieht. Die Vergegenwärtigung der Hinrichtungssituation durch Ernst Logar erinnert zudem – wenn auch nicht dezidiert beabsichtigt – an die jüngsten Enthauptungen von Geiseln durch moslemische Extremisten im Irak. Wird in der Installation auf Bilder verzichtet, um mit anderen Mitteln der Sprache die Situation körperlich zu machen, so wird der Mord auf der anderen Seite durch eine Videoaufnahme und deren massenmediale Verbreitung zu einem Bild stilisiert. Ein Ikon das für das Erreichen einer neuen Variante an Grausamkeiten extremistischer Organisationen steht. (Anne Katrin Feßler, 7. 7. 2004)