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Harvard-Präsident Larry Summers wured am Dienstag von Reportern darüber befragt, wie er es denn mit den Frauen halte.
Foto: AP/Steven Senne
Nach einem Proteststurm musste Summers nun zurückkrebsen.

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Am 14. Jänner diesen Jahres nahm das Unheil seinen Lauf. Damals fühlte sich Lawrence Summers, der Präsident der prestigereichen Harvard-Universität, zur Einschätzung veranlasst, dass Frauen möglicherweise "speziell für Wissenschaft und Technik die immanente Eignung" fehle. Dazu käme, dass Frauen nicht bereit seien, die für solche Jobs erforderliche Arbeitszeit von bis zu 80 Wochenstunden zu investieren. Seither stehen Frauengruppen und Wissenschafterinnen Kopf.

Ihre Proteste haben sich in den letzten Wochen zu einem wahren Sturm ausgeweitet. Die Empörung über Summers' Bemerkung, die ihm auch als Begründung dafür dienen sollte, dass weniger Frauen in mathematischen oder technischen Berufen zu finden seien, ist enorm. Die New York Times kritisierte Bill Clintons Ex-Finanzminister scharf: "Summers ist Vorsitzender einer Institution, die einen schlechten Ruf hat, wenn es um die Förderung weiblicher Wissenschafter geht. Da fragt man sich, ob er öffentlich darüber spekulieren sollte, warum Frauen Probleme haben, feste Stellen an Universitäten zu bekommen."

Da die "Harvard Corporation" Summers in der vergangenen Woche das Vertrauen ausgesprochen hat und anscheinend nicht daran denkt, ihn zu feuern, würde selbst ein Misstrauensvotum der Fakultät nur eine leere Geste bleiben. Nach einer Sitzung am Dienstag, bei der sich etwa die Hälfte der Professoren für und die andere Hälfte gegen Summers aussprach, gelobte dieser, "besser zuzuhören" und bedachter zu sprechen.

Männer werden überbewertet

Die Kontroverse hat auch ein weiteres Thema aufgeworfen: jenes der Political Correctness. Andrew Sullivan, konservativer Blogger und prominenter Mitarbeiter der New Republic, bezeichnet KritikerInnen von Summers' als "akademische Stalinisten" und warnt davor, den Harvard-Präsidenten zu feuern: "Das ist es, was die extreme Linke will: die Universitäten in Propagandamaschinen verwandeln, anstatt sie als Zentren für eine echte intellektuelle Auseinandersetzung anzusehen." Auch Virginia Valian, Professorin am Hunter College in New York, hält die Diskussion für wichtig: "Worüber nicht debattiert wurde, ist der Umstand, dass Frauen wie auch Männer dazu tendieren, die Fähigkeiten von Männern zu über- und jene von Frauen zu unterschätzen."

Summers' Wunsch, Diskussionen zu provozieren, ist jedenfalls in Erfüllung gegangen: In Harvard wurden zwei Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit dem Thema "Frauen in den Naturwissenschaften" auseinander setzen sollen. Donna Nelson, Chemieprofessorin an der University of Oklahoma spricht Summers sogar verhaltenen Dank aus: "In den meisten Wissenszweigen gibt es große Unterschiede. Wir müssen das Nachdenken über diese Dinge beschleunigen. Vielleicht wird der jüngste Vorfall mit Summers das für uns tun." (DER STANDARD, Printausgabe 24.02.2005)