Jeder sechste Hodenkrebspatient erhält eine effektivere Therapie, wenn sein behandelnder Arzt nach der Diagnose eine Zweitmeinung einholt. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Uniklinik Ulm im Rahmen einer Studie. In vielen Fällen kann aufgrund der Zweitmeinung die Medikamentendosis verringert werden - die Betroffenen sind durch die Behandlung weniger belastet. Das Modell könnte zukünftig auch auf andere Krebsarten angewendet werden.

1.000 Fälle untersucht

Zwischen 2006 und 2011 untersuchten die Ulmer Wissenschaftler fast 1.000 Fälle, bei denen eine zweite Meinung eingeholt wurde. Bei fast 40 Prozent der Patienten ergaben sich Unterschiede zwischen Therapieplan des Anfragenden und Zweitmeinung eines Hodentumorexperten.

Das Konzept dahinter ist unmittelbar und effektiv: Der behandelnde Arzt entdeckt eine bösartige Geschwulst im Hoden seines Patienten und schickt seine Untersuchungsergebnisse und seinen Therapieplan mittels einer Internet-basierten Datenbank an Experten der Deutschen Hodentumorstudiengruppe. Innerhalb von 48 Stunden erhält er eine Antwort auf seine Therapieanfrage.

Geringere Dosis

Während bei jedem sechsten Betroffenen die ursprüngliche Therapieplanung aufgrund der Zweitmeinung verändert wurde, konnte bei jedem vierten Patienten die Medikamentendosis sogar verringert werden. "Weniger Medikamente bedeuten eine geringere Belastung für den Betroffenen und eine Steigerung der Lebensqualität", so Schrader weiter.

Die weiteren Vorteile liegen laut Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, auf der Hand: "Schnelle Bearbeitungszeiten, die behandelnden Ärzte müssen nicht darum fürchten, ihre Patienten an einen anderen Arzt zu verlieren und, am wichtigsten, Therapiesicherheit für die Betroffenen." Deshalb solle das Konzept künftig auch für andere Krebsarten angewendet werden. (red, derStandard.at, 13.6.2014)