Hauptsächlich unsere Atemluft führt Gelsen zu ihrem nächsten Opfer. Aber auch unsere Haut und unser Blut ziehen die Blutsauger an.

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Seit kurzem ist es wieder da: das lästige Surren am Ohr kurz vor dem Einschlafen, obwohl man die Decke bis zum Kinn gezogen hat. Als würde uns die Gelse in der Ecke unseres Schlafzimmers beobachten und abwarten, bis wir uns nicht mehr bewegen. Dabei ist es unser Atem, der uns verrät: "Gelsen haben winzige Sensoren an den Mundwerkzeugen, mit denen sie bereits geringste Anstiege an Kohlendioxid in der Luft wahrnehmen", weiß Bernhard Seidel, Gelsenforscher von der Universität Wien.

Süßes Blut

Es ist also hauptsächlich die Luft, die Menschen und Tiere ausatmen, die Gelsen zu ihrem nächsten Opfer führt. Aber auch unsere Haut und unser Blut locken die Insekten an. Zwar konnte der Mythos vom "süßen Blut" sprich dem Glukosegehalt im Blut, der Gelsen anlocken soll, wissenschaftlich widerlegt werden. Wohl aber hat unsere Blutgruppe einen Einfluss darauf, wie oft wir gestochen werden.

So ist die Blutgruppe 0 bei Stechmücken besonders begehrt. Und auch unser Schweiß kann – je nach Zusammensetzung – wie magnetisch auf Gelsen wirken. Abhängig davon, welche Bakterien in welcher Anzahl unsere Haut besiedeln, wird bei der Zersetzung von Schweiß eine Duftnote erzeugt, die Gelsen mehr oder weniger anzieht. Die Antwort liegt nahe: häufiges Duschen oder Waschen mit antibakterieller Seife kann Studien zufolge tatsächlich Gelsenstiche reduzieren.

Ätherische Öle

Lavendel, Citronella, Bergamotte oder Tagetes: All diese Pflanzen enthalten ätherische Öle, denen nachgesagt wird, Gelsen zu vertreiben. Laut Seidel ist die Wirkung aber eine Frage der Dosierung: "Ätherische Öle verwirren den Geruchssinn der Gelsen, sodass sie Kohlendioxid-Fährten nicht mehr aufnehmen können. Das funktioniert aber nur dann, wenn das Öl hoch konzentriert ist, was allein durch Pflanzen am Balkon oder im Garten nicht funktioniert."

Die in manchen Gelsen-Sprays enthaltenen ätherischen Öle sind höher konzentriert, müssen aber durch die Flüchtigkeit von ätherischen Ölen mehrmals in der Stunde aufgetragen werden, um länger wirksam zu sein. Und dann haben sie auch für den Menschen Nachteile: Sie verwirren nicht nur den Geruchssinn, sondern bewirken auch eine Reizung der Schleimhäute und die Austrocknung der Haut.

Attract-Strategie

Die Hausgelse legt ihre Eier in stehende Gewässer wie Regentonnen oder Blumentopfuntersetzer. Wer selbst kleinste Wasseransammlungen im Garten und am Balkon vermeidet, kann sich so auch Gelsen fernhalten. Die Überschwemmungsmücke, eine andere Lebensform der Gelsen, spürt mit ihrem Geruchssinn Erdreich auf, das regelmäßig überschwemmt wird, und legt dort ihre Eier ab. Beim nächsten Hochwasser kommt es dann zur massenhaften Vermehrung.

Die von Seidel entwickelte "Attract-Strategie" macht sich dies landschaftshygienisch zunutze, um Gelsenbestände großflächig zu dezimieren. Seidel: "Mit künstlichen Verrottungsprozessen werden etwa Stellen in ausgetrockneten Überschwemmungsgebieten so markiert, dass Gelsen annehmen, hier würde es bald wieder eine Überschwemmung geben. "Wenn das Hochwasser dann später diese Stelle nicht erreicht, können viele tausende Gelsen nicht aus den Eiern schlüpfen, und es braucht weniger Insektizideinsatz, um die Gelsenplage gering zu halten. (Silvia Hecher, derStandard.at, 7.7.2014)