Wissenschaftler der Charité Universitätsmedizin Berlin haben einen wichtigen Mechanismus des Immunsystems bei der Abwehr von Hantaviren entdeckt, der möglicherweise auch bei anderen Formen von infektiösen Fiebererkrankungen eine Rolle spielt. Sie zeigen, dass Hantaviren die Zellen des Immunsystems in eine besondere Form des Zelltodes treiben. Kurz vor ihrem Tod setzen die Immunzellen jedoch netzartige Molekülstrukturen frei, die die Erreger unschädlich machen sollen.

Zufällige Infektion 

Hantaviren sind die Erreger eines schwer verlaufenden und hämorrhagischen, das heißt Blutungen auslösenden Fiebers. Sie werden über den Kot von Nagetieren verbreitet. Der Mensch, der für Hantaviren eigentlich eine Sackgasse darstellt, wird nur zufällig infiziert, wenn er über die Atemluft Staub aufnimmt, der den Virus enthält. Während jedoch Nagetiere als natürliche Wirte lebenslang mit dem Virus infiziert bleiben ohne zu erkranken, können Menschen nach einer Infektion schwere Symptome zeigen und sogar versterben.

Die Forscher gingen der Frage nach, auf welche Art und Weise die Hantaviren mit dem Immunsystem des Menschen interagieren. Sie fanden heraus, dass die sogenannten neutrophilen Granulozyten, die am häufigsten vorkommenden weißen Blutkörperchen, ungewöhnlich heftig auf die Viren reagieren.

"Die Viruspartikel reagieren mit einem bestimmten Oberflächenmolekül auf den Immunzellen, wodurch diese sterben. Zuvor setzen sie jedoch netzartige, zu dreidimensionalen Strukturen verwobene Nukleinsäure-Moleküle frei, an denen antimikrobielle Substanzen kleben“, sagt Martin J. Raftery , der Erstautor der Studie. Die Netze wirken ähnlich wie Fallen (neutrophil extracelllular traps, NETs), mit denen die Erreger eingefangen und unschädlich gemacht werden.

Neue Therapieansätze

Die Wissenschaftler zeigten weiterhin, dass die Hantaviren diesen normalerweise sinnvollen Mechanismus allerdings so heftig auslösen, dass die netzstrukturartigen Moleküle auch im Blutkreislauf in großen Mengen nachweisbar sind. Dies wirkt sich schädlich auf die Funktion der Gefäßwände aus, so dass es zu schweren Lungen- und Nierenerkrankungen bis hin zum Versagen dieser lebensnotwendigen Organe kommen kann.

"Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse können jetzt neue Therapieansätze von schweren Hantavirus-assoziierten Erkrankungen konzipiert werden", sagt Schönrich. So wäre es beispielsweise denkbar, die im Körper zirkulierenden Nukleinsäure-Knäuel durch bestimmte Enzyme zu zerstören, um damit ihre schädigende Wirkung auf die Gefäße zu verhindern. (red, derStandard.at, 23.6.2014)