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Wahlsieger und Metallica-Fan: Joko "Jokowi" Widodo

Foto: reuters/BEAWIHARTA

Heavy-Metal-Fans sagt man gern lautes, oft rüpelhaftes und mitunter auch beängstigendes Verhalten nach. Nun: Indonesiens neuer Staatspräsident Joko Widodo liebt zwar Schwermetall, zumindest in der musikalischen Form, wie sie die US-Band Metallica zum Besten gibt; doch die Manieren von "Jokowi", wie er von allen genannt wird, sind tadellos. Genau so, wie man sie sich von einem Staatsoberhaupt erwartet.

Der Sieger der Präsidentenwahlen in Indonesien gilt trotz seiner musikalischen Präferenzen und seiner Schwäche für coole Lederjacken als ruhig und bescheiden. Als Bürgermeister der Millionenmetropole Jakarta bewegte er sich gern ohne Gefolge durch die Stadt, besuchte Slums im Schatten der hypermodernen Wolkenkratzer, inspizierte unangemeldet Baustellen und versuchte gegen die grassierende Korruption vorzugehen.

Die Wahlkampfberater ersannen folglich ein Wahlmotto für den 1961 in ärmlichen Verhältnissen geborenen und in einer Bambushütte aufgewachsenen Jokowi, das bei den Wählern gut ankam: "Ehrlich, sauber und mit Bodenhaftung."

In den USA träumt der Tellerwäscher davon, Millionär zu werden - in Indonesien schaffte es der Sohn eines Tischlers und einer Straßenhändlerin ins Präsidentenamt, freilich über Umwege. Jokowi studierte Forstwirtschaft und machte in jungen Jahren als Möbelexporteur richtig Geld, bevor er in die Politik ging. Schnell war er Bürgermeister seiner Heimatstadt Surakarta; der Sprung nach Jakarta folgte fast von selbst.

"Ich sehe vielleicht aus wie einer vom Land, aber ich habe einen internationalen Verstand", sagte Jokowi während seiner jüngsten Wahlkampagne immer wieder. Sein Englisch, so mauscheln seine Kritiker, entspreche noch nicht ganz den internationalen Ansprüchen des neuen Amtes.

Auch muss sich erst weisen, ob der verheiratete Vater dreier bereits erwachsener Kinder beim Führen des einwohnermäßig viertgrößten Landes der Erde (rund 240 Millionen Einwohner) den Wesensruck vom Lokalpolitiker zum Staatsoberhaupt schafft.

Jokowis Wähler sehen in ihm jedenfalls einen Mann des Volkes und einen Hoffnungsträger und vergleichen ihn gern mit Barack Obama. Dessen rapiden Popularitätsverlust blenden sie vorerst noch gern aus. Jetzt ist Jokowi erst einmal ihr Präsident. Nothing else matters, nichts anderes zählt, singt auch Metallica-Frontman James Hetfield. Gianluca Wallisch, DER STANDARD, 23.7.2014)