Exoplaneten der "Hot Jupiter"-Klasse umkreisen ihren Zentralstern in äußerst geringem Abstand. Eigentlich würden die bestehenden Modelle eine gewisse Wassermenge in den Atmosphären dieser fremden Welten vorhersehen. Die aktuellen Beobachtungen ergaben aber nur recht wenig Wasserdampf.

Illustration: Haven Giguere, Nikku Madhusudhan

Cambridge/Wien - Gut 1.800 Exoplaneten sind uns inzwischen bekannt. Was wir über die einzelnen Welten abseits ihrer jeweiligen Größe und Entfernung wissen, ist in den meisten Fällen herzlich wenig. Oft sind sich die Forscher nicht einmal über die ungefähre Planetenklasse im Klaren. Umso spannender wird es daher, wenn Astronomen einzelne chemische Substanzen in den Atmosphären der fernen Welten feststellen können.

Das ist nun einem internationalen Astronomenteam bei gleich drei Exoplaneten um sonnenähnliche Sterne geglückt. Mehr noch: Die Forscher haben mit Hilfe des "Hubble"-Weltraumteleskops so exakt wie nie zuvor Wasser in den Gashüllen dieser Planeten festgestellt. Die Ergebnisse ihrer Messungen - nun in den "Astrophysical Journal Letters" veröffentlicht - sahen allerdings völlig anders aus, als es die Wissenschafter erwartet hatten.

Überraschend trockene "Heiße Jupiter"

Bei den drei Exoplanetenen - HD 189733b, HD 209458b und WASP-12b - handelt es sich um "Hot Jupiter"-Welten in 60, 150 und 900 Lichtjahren Entfernung. Diese Gasriesen umkreisen ihre Muttergestirne in so geringem Abstand, dass ihre Atmosphären auf 900 bis 2.000 Grad Celsius aufgeheizt werden. Damit sind sie ideale Kandidaten, wenn es um die Suche nach Wasserdampf geht.

Zu ihrer großen Überraschung haben die Astronomen in den Gashüllen der drei "Heißen Jupiter" aber nur einen Bruchteil der Wassermenge vorgefunden, die das Standardmodell zur Planetenentstehung vorhersagen würde - und das bringt die Forscher in die Zwickmühle: Nachdem die präzisen Messwerte kaum Spielraum für Interpretationen lassen, dürfte die aktuelle Theorie zur Planetengenese nicht ganz korrekt sein.

Studienleiter Nikku Madhusudhan von der University of Cambridge, USA, und seine Kollegen untersuchten konkret den Infrarot-nahen Anteil des Lichtspektrums aus den Atmosphären der Exoplaneten, den sie mit dem Weltraumteleskop einfingen, während die Planeten an ihren Muttergestirnen vorüberzogen. Die Wasserspuren zeigten sich in dem Licht, das von dem Stern abgestrahlt wird und auf dem Weg zur Erde die Gashülle passiert.

"Büchse der Pandora" in der Exoplaneten-Forschung

"Unsere Messung zum Wassergehalt in der Atmosphäre von HD 209458b ist die bislang präziseste Beobachtung irgendeiner chemischen Substanz bei einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems", meint Madhusudhan. "Dass sich dort und bei den anderen beiden Exoplaneten so wenig Wasser fand, ist ziemlich verwunderlich. Genau genommen öffnen unsere Messungen die Büchse der Pandora. Es bleibt uns nun nichts anderes übrig, als die bestehenden Modelle zur Bildung von Gasriesen zu überdenken."

Die bislang weithin akzeptierte Theorie zur Entstehung großer Gasplaneten basiert auf der Idee, dass sich die Planeten in einem jungen Sternensystem in einer sogenannten protoplanetaren Scheibe bilden, und zwar in Regionen wo Wasser in größeren Mengen vorhanden sein sollte. Staubpartikel binden sich dabei zunächst aneinander und wachsen allmählich zu Körnern heran, die schließlich zu größeren Objekten verklumpen. Ist erst einmal eine gewisse Masse erreicht, wachsen die Protoplaneten immer schneller, mehr und mehr Eis, Gestein und Gas werden angezogen. Am Ende dieser Entwicklung steht ein Gasriese mit einem festen Kern und einer dichten Gashülle.

"Hot Jupiter"-Welten sollten der Theorie gemäß in der selben Art und Weise in wasserreichen Außenbezirken ihrer Sternensysteme heranwachsen und dann allmählich in Richtung ihrer Muttergestirne wandern. Dass bei HD 189733b, HD 209458b und WASP-12b nur ganz wenig Wasser gefunden wurde, passt also nicht zu dieser Annahme. Die Forscher setzen ihre Hoffnungen in zukünftige Teleskope wie etwas das "James Webb" Weltraumteleskop oder das "Extremely Large Telescope" in Chile. Diese modernen Instrumente können Messungen in weit höherer Auflösung durchführen und so dabei helfen, einige der Rätsel zu lösen. (tberg, DER STANDARD, 25.07.2014)